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Mystic River

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ausgezeichnet! janeller 27.2.07 13:45

EASTWOOD FILME WERDEN IMMER BESSER, diego de la vega 29.10.04 15:52

Vor Jahren gab es da einen Film, Chocolate 21.9.04 15:18

(9/10)
Mystic River

Es waren die frühen 70 er Jahre. Eine Zeit die wie ein Unschuldslamm auf jeden unbescholtenen Bürger herabgesehen hat. Eine Zeit in der man alles lieber totgeschwiegen hat, was peinlich und unansehnlich war, anstatt dagegen zu reden. In so einer Zeit kamen JIMMY, SEAN und DAVE zusammen, die zu dicken Freunden heranwuchsen. Eines schönen Tages spielten die Kinder auf der Straße und DAVE kommt auf die Idee in den noch feuchten Beton der Straße, in einem verschrienen Bostoner Stadtteil, Ihre Namen reinzuschreiben und wird prompt von 2 Polizisten erwischt, die ihn mit aufs Revier nehmen wollen.
Und als die Freunde dann zu den Eltern laufen, diese ihn dann suchen, finden sie ihn nach 4 Tagen wieder.
4 Tage ein himmelschreiendes Erlebnis das er nie vergessen wird, so lange er lebt. Auf dieser Straße hat er seine Jugend verloren, da nahm ihn der Teufel mit, in der Gestalt von 2 Polizisten.

JIMMY MARKHAM ( Sean Penn ) ist erwachsen geworden, doch anstatt sich dem Gesetz zu widmen, ist er immer noch der gleiche Gauner wie in der Jugend geblieben, nur das seine Verbrechen jetzt eher gering sind, und so gut getarnt, das ihn bisher noch keiner erwischt hat. ANNABETH ( Laura Linney ) seine Frau, würde alles für ihn tun, ihn sogar decken wenn er was ausgefressen hat, und der Zeitpunkt wird noch kommen. Wieder? KEVIN und VAL SAVAGE, die 2 Brüder die ihm immer halfen, sind sozusagen sein Schutzschlägertrupp, doch als er erwachsen wurde, trat er zurück und hat ein Geschäft gegründet. Er verkauft in dem baptistischen Stadtteil den Menschen am Sonntag lieber Lebensmittel als sie auszurauben wie früher.

Eines Tages, als BRENDAN HARRIS, der heimliche Freund seiner Tochter KATIE ins Geschäft kommt, macht er so eine komische Andeutung als sei KATIE seit langer Zeit nicht zu sehen gewesen. An diese Begebenheit wird sich JIMMY auf immer zurückerinnern. Denn das ist einer der Gründe warum er BRENDAN hasst. Denn er macht ihn verantwortlich das seine 19 jährige Tochter tot ist. Zusammengeschlagen, mit einer Schusswunde wird sie im Zoo gefunden, im Bärenkäfig. JIMMY dreht fast durch. Sein Schmerz ist unbeschreiblich, sie war sein einziger Schatz der für ihn je gezählt hat, der wirklich was bedeutet hat, ihm den sonst immer so großmäuligem Verbrecher der er früher war. Und er schwört Rache, denn das ist das einzige wofür es sich zu leben lohnt, und der Hass projiziert sich auf BRENDAN, wo er mit den Brüdern SAVAGE und durch SEAN rausfindet, das sie mit ihm gegangen ist, nach Las Vegas abhauen wollte, heiraten, ohne den Eltern was zu sagen.

Die Darstellung von Penn ist schlichtweg grandios. Und ich habe mich echt fragen müssen, hat er das nur gespielt, oder ist das schon der perfekte Sprung zum Method Acting gewesen. Unglaublich seine Oscarmässige Leistung als er erfährt das seine Tochter tot ist, nicht einer im Kino hat sich zurückhalten können, jeder musste weinen, ich im Akkord Tränen abwischen, kam mir vor wie ein Gold Caddy. Die Vorstellung war mehr als Oscarreif, als er es raus schreit, die Ungerechtigkeit dieser Welt, den Schmerz sein einzig und liebstes zu verlieren, das wertvollste das ein Mensch besitzen kann, ein Kind. Auch seine Frau Laura ist eine sehr gute Schauspielerin, wie sie Ihrem Mann vergebungsbereit alles verzeihen will nur um bei ihm zu bleiben und ihn immer und jederzeit decken würde, egal was er tut. Wie er da auf der Veranda sitzt und zu DAVE meint das er nicht weinen kann. Die Gestalt die Penn darstellt ist eine von Ärger und Gram zerfressene Gestalt die erfährt, das sein ganzes Lebenswerk hinfällig ist, denn seine Tochter ist tot, und er schwört Rache, er will sie vor dem Bullen, seinem Exfreund SEAN finden, und den Mörder töten, und der Hass auf Brendan, seine Wut auf ihn, sein Hass weil sein Vater ihn mal verpfiffen hat, vor Jahren, 2 Jahre war er im Gefängnis. Die Erinnerungen, er kann sie nicht verstecken, ist ein Diplomat, doch lässt er im richtigen Moment den Hass raus, den er glaubt das der Gegner ihn verdient. Die eine Szene als er seine Handschuhe anhat, sich zu wem setzt, man spürt so richtig den Wahn, die Gefahr, die Endgültigkeit die von diesem Schauspieler ausgeht. Einfach oscarreif.

DAVE BOYLE ( Tim Robbins ). Er starb vor 25 Jahren, an dem Tag an dem ihm die Kidnapper mitnahmen. Sie sind tot, einer hat sich erhängt, einer starb natürlichen Todes, kein Augenblick für Rache, keine Möglichkeit es Ihnen heimzuzahlen, immer mit einem absichtlichem Gedächtnisschwund lebt er mit seiner Frau CELESTE
( Marcia Gay Harden ) zusammen. Er hat lange gebraucht bis er das alles überwunden hat. Er hat daran viel gelitten, ist halb wahnsinnig geworden, interessiert sich mehr für seinen Sohn MICHAEL der gerade die Schule macht, und seine Vorliebe für Vampire und Werwölfe. Es sind vielleicht doch reale Gestalten, Gestalten denen niemand was anhaben kann, nicht so wie ihm. Eines Tages um 3 Uhr Früh kommt er heim, blutverschmiert, und beichtet seiner Frau er habe wahrscheinlich wem umgebracht, ein Dieb den er erwischt hat, ein Krimineller. Sein Überlebensinstinkt ist zu stark gewesen, er hat ihn vorher getötet, hat eine große Schnittwunde am Bauch, weiß nicht was er tun soll, lässt sich verarzten, und verzichtet auf die Polizei, auch wenn SEAN sein Freund ist und bei der Polizei arbeitet. Nie und nimmer würde er die lang schon vernachlässigte Freundschaft wieder auffrischen, er ist einfach zu alt. Ist sein Freund JIMMY der Redneck der zu ihm kommt, sich ausweint, seine Hilfe braucht, da sie Nachbarn sind, ist DAVE der zurückhaltende. Lange hat er ihn nicht gesehen, und DAVE weiß gar nicht was er tun soll, wie kann er wem trösten der wem umgebracht hat. Als JIMMY ihn fragt woher er die Verletzungen auf der Hand hat, meinte er, das der Müllschlucker kaputt sei, und er sich verletzt hat.

Die Wahrheit ist lange schon für ihn kein Thema mehr, sie ist die Wirklichkeit die es nie gab, und nie geben wird, für ihn, für DAVE, wieso sollte er dann JIMMY vertrauen, ihm erzählen was war?
CELESTE wird langsam auch misstrauisch, überhaupt als die Polizei jeden befragt wer KATIE das letzte Mal gesehen hat, und er war doch in der Bar, das konnte er nicht verschweigen, SEAN findet alles raus, leider.
Und da kommt CELESTE ein fürchterlicher Verdacht, er ist gerade in der Nacht wo sie verschwand blutverschmiert heimgekommen.

Die Rolle die Tim spielt ist absolut oscarreif, und ich habe mir schon gedacht ihm einen Brief zu schreiben ob er wirklich verrückt ist oder nur Method Acting beherrscht wie andere Leute das schnäuzen. Sicher hat der Drehbuchautor Brian Helgeland ihm die Rolle sehr gut auf den Leib geschrieben, doch gespielt hat er die Rolle und das so bravourös, das man glaubt, ständig in einer Dokumentation zu sitzen. Die Rolle eines von Furcht, Zweifel und Wahn durchgerütteltem Familienvater, der nicht weiß wo der Sinn des ganzen besteht ist mehr als nur der Oscar 2004 für die Beste Hauptrolle. Die Szene die er spielt sind wie eine Welle die einen trifft, unvorbereitet, eine Welle voller Emotion und ein Sog voller Stärke. So spannend, fantasievoll, nie weiß man wann sagt er warum die Wahrheit und wann lügt er, auch er ist der Meinung das der Mörder hingerichtet gehört, und die Szene alleine wie er auf JIMMY trifft, der sauer ist, das ist alleine schon eine Offenbarung. Unglaublich diese Energie die er bereithält in seinem Repertoire, einfach gigantisch. Die Rollen die Erzählung, das alles erinnert mich an „ Sleepers „ oder an „ Hurricane „.Sicher gibt es einige Kritikpunkte, das er einfach zu ruhig ist, das er einfach zu wenig tut, aber das was er spielt ist perfekt, nur die Rolle die ihm der 1930 geborene Regisseur Clint Eastwood hier in seinem 24. Regiewerk auf den Leib schrieb ist in dieser 135 Min. langen Produktion einfach zu wenig. Und zu langweilig teilweise, aber das verschmerzt und vergisst man anhand der grandiosen Besetzung.

SEAN DEVINE ( Kevin Bacon ) hat den ganz großen Wurf gelandet, so glaubt er. Er ist alleine, hat kein Privatleben, seine Frau die er mal liebte ist leider weg, sie hat ihn verlassen, eine Tochter ist geboren, nie hat sie ihm gesagt wer sie ist. Die Freundschaft, sie ist zerbrochen an dem Zeitpunkt wo er als kleiner Junge am Fenster stand und dem Vater erklärte, DAVE ist leider weg, mitgenommen. SEAN hätte aufpassen müssen, können, und nun ist er Polizist, ein sehr guter nicht nur dank der Arbeit seines Partners WHITEY POWERS
( Laurence Fishburne ). Ständig auf dem Weg das Gute zu tun, auch wenn es ihm schwer fällt, und nun hat er mit Dämonen zu kämpfen, mit einem Familienvater der sein Exfreund war, den er Jahre lange nicht sah, er bei der Polizei, der andere ein Ex Gangster, jeder wusste davon keine Beweise, die Freundschaft brach, und auf der anderen Seite hat er noch 2 Brüder die versuchen ihm bei der Arbeit zu vor zu kommen und den zu töten, der eigentlich in das Gefängnis gehört. Er findet KATIE, muss sie DAVE zeigen im Leichenschauhaus, auch er hat ein Kind, weiß aber nicht was, und ist fix und fertig als er das erfährt, sein Job macht ihm keinen Spaß mehr.
Er muss noch dazu seinen anderen Freund DAVE verhören, der KATIE sah, in einem Nachtclub, tanzend, Geld verdienend, weil CELESTE ihm bald sagt, mit ihm stimmt was nicht. Und die Geschichte das sich DAVE bei einer Türe verletzt hat wie dieser ihm sagt glaubt er nicht, WHITEY sowieso nicht, der DAVE am liebsten gleich auf den Elektrischen Stuhl gesetzt hätte.

Wahnsinn, ein guter Kevin Bacon noch dazu, eine gute Geschichte, nur leider kein so superschauspielerisches Talent, seine Rolle hat es nicht zugelassen, sie war nicht so ganz ausgereift, der Film wäre sonst zu lange geworden. Hier wird ein Mann gezeigt, dessen zerrüttete Familie ihm mit in die Arbeit begleitet, der versucht das Privatleben zu vergessen, es leider nicht so ganz kann, viel zu schwierig. Jede Entscheidung birgt ein ganzes Leben, ein ganzes Land voller Möglichkeiten, jede Entscheidung, egal ob Gut oder Böse, kann in die Hölle oder in den Himmel führen, und er weiß es am besten. Bacon spielt die Rolle sehr ambitioniert, dieses Mal nicht der Bösewicht der ihm auf den Leib geschrieben ist, sondern einfach ein wohldurchdachter Mensch mit Schwächen, und Whitey genauso, der nur Rache will, hinter jedem Busch das Gemeine und Grausame vermutet, den Bacon immer wieder zurückziehen muss. Das Verhör das er führt, ganz und gar realistisch, gar nicht so ein Polizist, der mal dort und da hin geht, sondern eine Linie verfolgt, die realistisch ist, und gar nicht so viele Nebenwege hat, wie in anderen Filmen wo man schon weiß was passiert, sondern einfach gerade aus, er weiß was er will und gut, Bacon ist ein guter Schauspieler.

Der Film ist traurig, melancholisch und nachdenklich. Selbstjustiz und die Gefahr sich selbst zu verlieren, tiefe psychologische Einblicke, ja das bietet der Film und noch viel mehr, einfach ein Oscargarant, hoffentlich gewinnt aber trotzdem Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs alle 12 Oscars. Mystic River ist eigentlich der Cineastische gute Film den man gerne mit der ganzen Familie sieht oder mit einer weinenden nachdenklichen Freundin. Ein Film den man sogar versteht, der nicht zu kompliziert ist, da er zutiefst menschlich und verständlich ist deswegen.

91 von 100
Tuvok 18.1.04 00:14

(10/10)
MYSTIC RIVER

DIE UNERTRÄGLICHE LEICHTIGKEIT DES SEINS

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 4. DEZEMBER 2003.

Die Jugendfreundschaft dreier Männer zerbricht an einem Verbrechen.
Clint EASTWOOD („Erbarmungslos“, 1992, „Die Brücken am Fluss“, 1995,
„Absolut Power“, 1997, „Ein wahres Verbrechen“, 1999,
„Space Cowboys““, 2000) hat mit „Mystic River“ einen Film über die
Ohnmacht des Individuums gegenüber dem Schicksal gemacht.
Als Kinder waren Jimmy (Sean PENN), Sean (Kevin BACON),
und Dave (Tim ROBBINS) beste Freunde, bis Dave von
Pädophilen entführt und missbraucht wurde.
Danach war nichts mehr wie vorher.
30 Jahre später führt ein anderes Verbrechen die drei wieder zusammen.
Die Tochter von Jimmy (Katie) wird ermordet aufgefunden, Sean,
inzwischen Polizist leitet die Ermittlungen und Dave wird bald der
Hauptverdächtigte.

Niemand gibt einem Auskunft darüber, was sich am Grund eines
Flusses angesammelt hat, dem Fluss ohne Wiederkehr.
Wir gleichen dem alten Mann in einer Sage, der die Namensschilder
der abgelaufenen Lebensspulen in seinem weiten Mantel
einsammelt und zu einem Fluss trägt.
Unzählige Namensschilder werden ständig von der Flut davongetragen
oder versinken im Schlamm des Flusses, bis auf wenige, die
gerettet werden.

Alles was wir sind und tun wird vom Lebensfluss davongetragen:
die religiösen und philosophischen Dimensionen, die Begnadigung
des Herrschers, die Amnestie nach einem Krieg, die rechtlichen
und ethischen Dimensionen, Versprechen, Verbrechen, Treue, Schuld,
Sühne, Schulden, Gedächtnispathologien.
Das Vergessensmaterial ist unerschöpflich, es ist abgründig ambivalent.
Und überall auf der Welt zu beobachten.
Erst manches wird mit der Zeit an die Oberfläche gespült.
Der Strom als Spiegelbild der gemarterten Seele. Das ist
eine nahe beieinanderliegende Metapher.
Hier irgendwo vollziehen sich die Dramen der Menschen.

Der Grat ist so schmal, dass selbst die schlafwandelnde
Lady MACBETH, die allnächtlich durch die Jahrhunderte
eilt, vergeblich versucht, sich das Blut von den Händen zu waschen.
SHAKESPEARE jagte die Mörderin mit Furien des schlechten
Gewissens bis ans Ende der Geschichte.
Die Erinnerung des Dichters lässt sich nicht einschläfern, sie
bleibt hellwach wie im ersten Augenblick und für die Lady, die
Nacht für Nacht an den Ort der ungesühnten Verbrechen zurückkehrt.

Stand am Anfang die Unschuld?
Jimmy, Sean und Dave, drei Jungs aus dem Bostoner
Hafenviertel werden mit der gemeinsamen Vergangenheit
konfrontiert, der sie sich gegenübergestellt sehen.
Hierum kreist letztlich der Film. Wen es im Leben erwischt, wann
und wo, ist oftmals nicht zu begreifen. Da helfen keine
religiösen oder psychologischen Erklärungsansätze. Die erbarmungslose
Welt nimmt uns vom Schachbrett, wann immer es ihr gefällt.
Dieser Welt wird Sean als Polizist nicht gerecht, und während Dave mit
hängendem Kopf und fahrigen Gesten seine Unschuld beteuert, und sich
letztlich für einen Mord bekennt, den er nicht zu verantworten hat, wird
Jimmy zum seelischen Krüppel, der zwar manchmal zu sehr aufgesetzt
den Schmerz über den Tod seiner Tochter herausschreit, aber von unten
oder oben betrachtet, das Thema vom Leben und Sterben eindrucksvoll
darstellt.

EASTWOOD, der dieses Thema schon mit „Erbarmungslos“
bravourös darzustellen vermochte, zeigt sich auch in „Mystic River“
als Meister seines Faches: alles ist unabänderlich, nichts ändert sich.
Und so besteht das Innenleben der drei Männer aus den
wiederkehrenden Motiven von Gewalt und Trauer, der Unfähigkeit zur
Aussprache.
Das Leiden erscheint als Kreislauf. Selbst am Morgen nach der
Vergeltung als Jimmy gebrochen an der Schnapsflasche hängt,
gelingt es EASTWOOD diese Momente visionär von der Kamera
einfangen zu lassen. Ein unfassbarer perfider Moment im
abgedunkelten Schlafzimmer, der nur noch von der Schlusssequenz
überboten wird: im Sonnenschein zieht eine Parade mit Pauken
und Trompeten vorüber, Jimmy und Sean stehen sich auf der
jeweils anderen Straßenseite mit ihren Familien gegenüber
und blicken sich wissend an.

Fast scheint es so, als ob EASTWOOD zum Philosophen unserer
Tage wird: in unserem Gedächtnis werden aus Niederlagen Siege,
Missetaten werden zu Wohltaten, Angriffe bleiben Notwehraktionen.
Unsere Psyche besteht aus Labyrinthen und Katakomben, in denen
Verhüllen, Verdrehen und Verleumden zum alltäglichen Ritual
geworden ist.
Alles andere wäre eine Lüge.
Und man benötigt höchste Willenskraft und Raffinesse, einen
geradezu detektivistischen Spürsinn, um gegen die Strategien des
Vergessens und des Verdrängens anzukommen.
Wir sind voll von falsch überlieferten und auf den Kopf gestellten
Erinnerungen: dem Vergessen von Verbrechen, dem Verleugnen von
Niederlagen.

Nicht nur weil die Erinnerung versagt, sondern weil Aggressionen
unser Erbteil sind, und wir nach Kämpfen, nach Leid und Tod
in unserer unmittelbaren Umgebung, die unser Hasspotential
entleeren, langsam wieder zur alten Blüte heranwachsen, bis
wir wieder Kriege, Aggressionen, Unbeherrschtheit und Egomanie
brauchen.
Weil der Mensch den Hass, den er kriminell nicht ausleben darf,
in einem kollektiven Entleerungsprozess namens Aggression
verschütten muss und weil auf sie die Versöhnung folgt, wie der
Durchhänger auf den Alkoholrausch.
Das Vergessen gehört zum Verbrechen wie das Abwaschen des
Blutes zur Mordtat.
EASTWOOD, vielleicht ein Meister der Verdrängung, schält diesen
radikalen Kern heraus.
Jeder ist sich selbst der Nächste. Auf Vergebung kann niemand
hoffen.

Aber wer lebt damit, wer kann damit leben?
Wir würden, wenn wir nicht vergessen würden, unter dem Wust der
Erinnerungen ersticken, wenn wir uns an all das Schlimme, was uns
angetan wird, und vor allem, was wir anderen angetan haben,
erinnern müssten.
Das bleibt der blinde Fleck in unserer Erinnerung und der Geschichte.
Wir Menschen sind uns selber blind.
Wir halten uns für besser, für schlechter, als wir sind.
Für intelligenter als andere, dümmer, jünger oder ärmer.
Wir haben kein abgewogenes Urteil über uns. Wir sind eben so
hoffnungslos monadologisch konstruiert: so klein von außen, so
riesig von innen.
Wir sind Opfer im Netz. Die Bosheit der Welt erschlägt uns.
Sind wir gut und wahrhaftig?

Die drei Jungs aus Boston leben von und mit der Erinnerung.
Sie bringen sie irgendwann in einem Punkt zusammen.
Die Ereignisse, die sie umgeben, geben auch zu erkennen: wir
leben mit Illusionen. Wenn wir jung sind, gleicht die Zukunft einem
Füllhorn, das lauter herrliche Geschenke über uns verschüttet,
und wenn wir alt sind, liegt milder Sonnenschein auf unserer
Kindheit.
Da in Wirklichkeit ein Leben aus wenigen paradiesischen
Augenblicken besteht, so vielen höllischen Jahren, ist es
manchmal trostreich, in der Illusion zu verharren, in der fernen
Zukunft oder in einem anderen Leben.
Und immer wieder kommt der Gedanke hoch, dass es möglich
ist, diese haarstäubende Realität zwischen Glück und Unglück
zugunsten des Glücks zu verbessern.

Wir bleiben süchtig. Aber das Leben bietet wenig Stoff.
„Mystic River“ ist die Rückwendung des Lebensblicks die
Sanduhr hinab, dieser Schlüsseldrehung des Denkens, die
dazu führt, dass wir unserer Zukunft den Rücken kehren,
verherrlichen, was war, und verteufeln, was kommen mag.
Wir sind wie wandelnde Sanduhren. Erst waren die Füße leicht,
und der Kopf war voller Ideen, dann werden die Beine schwer und
der Kopf wird langsam leer.
Und doch zeigt EASTWOOD auf, das inmitten von Trauer, Zorn,
Rachegelüsten, Gewissenkonflikten und Schuldgefühlen, die
Sekunden des Augenblicks im Leben zählen.
Fürwahr ein grandioser Film mit einer mehr als nachdenklich
machenden Botschaft:

„Hätten die Menschen doch im Leben gesiegt, ehe sie im Tod
den Sieg davontragen.“ (Cicero)
Dietmar Kesten 5.12.03 10:13

(9/10)
der film ist echt cool......am anfang sieht alles so ganz normal aus und dann passiert es: dave wird enfuehrt,scheinbar von kinderschaender.die ermittlung zum tod von katie sind langwierig und zu detailliert am anfang aber dann wird sehr es interessant und wer denken mag und voraussagen moechte......na machen sie's!
patrick 21.11.03 15:28

Mystic River Thomas 21.11.03 17:28

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