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Ken Park

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Ken Park
Jasso, Limos, Bullard
USA / Niederlande / Frankreich 2002 - Regie: Larry Clark, Edward Lachman - Darsteller: James Ransone, Tiffany Limos, Stephen Jasso, James Bullard, Mike Apaletegui, Adam Chubbuck - FSK: keine Jugendfreigabe - Länge: 95 min. - Start: 22.7.2004
Beschreibung

Hip Hop, Skateboards, das wärmende Licht eines kalifornischen Sommernachmittags. Dann ein Schuss in den Kopf. So beendet Ken Park sein junges Leben und so beginnt der neue Film von „Kids“-Regisseur Larry Clark. Der Selbstmord des Teenagers ist Ausgangspunkt für die nun folgenden Geschichten von vier befreundeten Jugendlichen und deren Familien.

Die Geschehnisse ereignen sich in Visalia, einer kleinen Stadt, die isoliert zwischen Los Angeles und Fresno liegt. Der Skatepark der Stadt ist zum Rückzugsgebiet für die Kids geworden. Freiheit und Unbeschwertheit haben hier ihr wahres Zuhause gefunden. Doch sobald die Teenager in ihre Elternhäuser zurückkehren, haben jene Ideale eines jugendlichen Lebens keinen Bestand mehr, sie werden vielmehr in ihr Gegenteil verkehrt.

Shawn schläft mit der Mutter seiner Freundin und verliebt sich in sie, ohne auf eine reale Basis dieser Liebe hoffen zu können. Die Mutter profitiert bedenkenlos von der sexuellen Unerfahrenheit des Jungen, während Shawn nichts anderes übrig bleibt, als die Situation so zu akzeptieren wie sie ist.

Tate lebt bei seinen Großeltern wie in einer fremden Welt. Die Distanz zwischen den Generationen macht das Gespräch miteinander unmöglich. Aber auch das Zusammenleben an sich wird immer wieder von Tates radikaler Aggressivität attackiert, bis die Situation schließlich außer Kontrolle gerät und der Junge die schlafenden Großeltern umbringt.

Unvereinbare Vorstellungen von Männlichkeit trennen Claude von seinem Vater und führen in ihrem Gegensatz immer wieder zu brutalen Auseinandersetzungen. Unfähig, für die eigenständige Identität seines Sohnes Interesse zu empfinden, weigert sich der Vater stur, dessen Leidenschaft für Skateboards zu tolerieren. Er zerbricht das Board seines Sohnes mit der Ankündigung, jedes weitere würde in gleicher Weise behandelt werden. Was folgt, sind jedoch keine weiteren Zerstörungsakte, sondern der Versuch, sich seinem Sohn sexuell zu nähern.

Nach dem Tod seiner Frau beschränkt sich das Denken von Peaches` Vater ausschließlich auf jene Leerstelle, die die Verstorbene hinterlassen hat. Vater und Tochter leben allein, jedoch gelingt dem Vater nicht mehr die klare Trennung zwischen den eigenen Bedürfnissen und denen seiner Tochter. Durch sein Beharren auf aberwitzigen religiösen Dogmen raubt er dem Teenager-Leben des Mädchens seine kindliche Naivität: Als er sie und ihren Freund beim Sex erwischt, verliert er die Beherrschung und schlägt brutal auf den Jungen ein. Anschließend zwingt er Peaches, den Platz seiner verstorbenen Frau einzunehmen.

Der grausame Alltag hinter der Gartenzaun-Idylle amerikanischer Reihenhauskolonien ist längst kein Geheimnis mehr. Nur die Dimensionen familiärer Zerstörungsmechanismen können noch erschrecken. Aus Betrug, Hass, Verständnislosigkeit und religiösem Wahn sind Verrat, Mord, Missbrauch, Gewalt und Irrsinn geworden. Schauen wir uns die Tatsachen an. „Das alles ist wirklich passiert.“ (Larry Clark).

Einen „Familien-Film“ hat Larry Clark „Ken Park“ einmal genannt. Die Offenheit, mit der Larry Clark und sein als Kameramann von Filmen wie „Erin Brockovich“ berühmt gewordener Co-Regisseur Ed Lachman hier sämtliche Formen familiären Missbrauchs porträtieren, hat fast etwas Revolutionäres. Sie brechen mit den Tabus des Kinos und zwingen uns hinzusehen. Man muss sich nur auf die brutale Ehrlichkeit des Films einlassen, dann wirkt sie am Ende sogar befreiend. Das Entsetzen weicht schließlich der Gewissheit, dass die Kids es trotz allem schaffen werden und der Zyklus der Zerstörung durchbrochen werden kann. Mit „Ken Park“ knüpft Larry Clark nahtlos an sein Debüt „Kids“ an – ein harter, verstörender und gerade darum wichtiger Film.
Text & Foto: Independent Partners