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Pans Labyrinth

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OSCAR!!Einige Auflösungen. SPOILER! Spoiler! Kleo 24.2.07 02:58

Da hier den Gewaltszenen so eine übermäßige Bedeutung zu gemessen wird - ein kurzer Kommentar dazu: Ich fand sie auch erst überflüssig. Dass Vidal das Grauenhafte und Bösartige verkörpern soll, hätte man vielleicht auch subtiler darstellen können. Ich bin mir da nicht mehr so sicher, da sie erst im Zusammenhang mit den Fantasieszenen Sinn machen, die ich übrigens viel schlimmer fand.
Die Darstellung der realen Welt ist plakativ, wie man es aus Spanienkriegsfilmen kennt: Die spanische Bevölkerung unterstützt heimlich die Partisanen, während die Franco-Symphatisanten die Verkörperung des Bösen sind. Diese Rollen wurden auf die Haushälterin Mercedes und den Stiefvater Vidal verteilt. Ofelias Mutter ist die schwache Frauenrolle, die nur auf dem Anwesen weilt, weil sie den zukünftigen Sohn von Vidal im Leib trägt. Und zwischen diesen fast holzschnitt- bzw. comicartig vereinfachten Charakteren steht Ofelia, die das Ganze mit ihrer Fantasie verarbeitet. Und diese Fantasieszenen sind richtig gut gelungen und teilweise grauenerregender als die hier heiß diskutierten Gewaltszenen. Ich glaube sogar, dass die Fantasieszenen, der eigentliche Schlüssel zum Film sind. Ich versuch das mal spontan darzustellen.

Am gruseligsten und gelungsten ist die "Tafelszene" mit dem blinden "Hautmenschen".
Die Phantasieszenen haben ganze viele Verweise zum realen Geschehen und lassen sich nicht 1:1 auflösen, aber trotzdem eine teilweise fast eindeutige Interpretation zu.

ACHTUNG!!!+++++Spoiler++++++

Hier ein paar übereinstimmende Symbole:
1. Schlüssel zum "verbotenenen" Lebensmittellager = Schlüssel Kröte; 2. Tropfen Schlaf-, Schmerzmittel aus Pipette = Tropfen Blut, den Ofelia auf die Wurzel gibt; Tropfen Blut, der im Brunnen geopfert werden soll. 3. Messer, die Mercedes von der Küchenarbeit für die Partisanen mitgehen lässt = Messer, das Ofelia mit dem Schlüssel aus dem Verbrennungsofen (KZ-Verweis in "Tafel-Hautmenschen-Szene") holt. Es gibt da auch noch den Berg von Schuhen (KZ), der neben der Tafel ("Tafelszene mit Hautmenschen") liegt.
Ofelia träumt teilweise die Ängste von Mercedes bzw. um sie, da die sterbende Mutter, für sie nicht mehr die starke, sie zu beschützende Erwachsene verkörpert. Sie projeziert sozusagen ihre Mutter in Mercedes, teilweise ihren leiblichen Vater in Pan.
Der "blinde Hautmensch" ist Vidal, der erst blind ist, doch dann sehend wird. Er entdeckt die Verschwörung. Ofelia hat von den verbotenen Tafelfrüchten (Weintrauben) gegessen (vielleicht: Toro ist Katholik --> eventuell "Altes Testament"). Die Tafel ist ebenfalls ein Verweis, zu der von Ofelia verpassten Tafelgesellschaft (Szene kurz davor). Vidal saß räumlich an der gleichen Stelle wie der "blinde Hautmensch".
Ofelia hat extreme Angst davor, dass Vidal das Geheimnis entdeckt. Sie träumt vorweg, dass dies geschehen wird.

Pan selbst aber ist m.E. nicht eindeutig auf eine Figur, Gut oder Böse projezierbar. Er verkörpert mal diesen mal jenen. Das entspricht der griech. Mythologie. Dort ist er eine ambivalente Gestalt.
In unserer Realität ist es eher umgekehrt: In der Phantasie, im Märchen, im Film wird in Gut/Böse schematisiert. In der Realität ist es aber ambivalent. Dort gibt es kein wirklich Gut und Böse (na ja, außer im Boulevard). In "Pans Labyrinth" wird hingegen die Realität schematisch dargestellt: Die gute Mercedes, die gute, arme Mutter, der abgrundtiefeböse Vidal (extreme Gewaltszenen), der arme, tote Vater (Ideal an sich) - ein Märchen wie es im Buche steht. Pan aber ist ambivalent. Wir wissen nicht, wer er wirklich ist: Er verkörpert das Andere, Furcht, Trost, Lösung, Enttäuschung, Verlust, Frust, Freude, Strafe. Pan ist sozusagen die Realität, wie wir sie kennen bzw. Ofelias Realität in einer nicht mehr lebbaren Welt.

+++Spoilerende+++

Dass ein oscarnominierter Film solche Gedankengedänke zulässt, ist schon ziemlich erstaunlich. (Sorry nichts gegen den Oscar!).
Bezüglich bisheriger Kommentare:
Tatsächlich stecken hier ein paar sehr intelligente Knobeleien drin, auf die man sich einfach einlassen muss, ansonsten macht der Film wenig Sinn. Es ist einfach kein Unterhaltungsfilm, sondern etwas zum nachdenken. Allerdings finde ich "Pans Labyrinth" auch vom rein Visuellen extrem gut. Fazit: Kein Oscar für "Das Leben der Anderen" sondern für "Pans Labyrinth".

Kleo 24.2.07 02:58