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15 Minuten Ruhm

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MEDIENSCHELTE - FEHLANZEIGE Dietmar Kesten 14.1.06 18:13

15 MINUTEN RUHM

MEDIENSCHELTE - FEHLANZEIGE

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, JANUAR 2006.

Jeder will einmal für 15 Minuten berühmt werden, Ruhm für jeden, koste es, was es wolle. Das 68er Orakel von Andy WARHOL dürfte bekannt sein. Weniger dagegen das, was man in einer solchen Zeitspanne nicht alles dafür tut, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Formel scheint abgelutscht. Und offenbar dient sie nur noch dazu, mit ihr über den Erfolg von Talk - Shows und generell über das Medium Fernsehen zu reflektieren.

Emil Slovak (Karl RODEN) und Oleg Razgul (Oleg TAKTAROV), zwei Killer aus Tschechien wollen in Amerika berühmt werden. In Manhattan hinterlassen sie eine Blutspur, nehmen ihre Taten auf Video auf und bieten es den meistbietenden Fernsehstationen zum Verkauf an. Die Ermittler Jordy Warsaw (Edward BURNS) und Eddie Flemming (Robert DeNIRO) kommen ihnen auf die Spur. Trotz der
unterschiedlichen Meinungsauffassungen arbeiten sie zusammen. Emil und Oleg, durch TV - Sendungen beeinflusst, fassen den Plan, einen weiteren Mord zu verüben und das Filmmaterial an den TV-Journalisten Robert Hawkins (Kelsey GRAMMER) zu verkaufen. Doch wer ist das Opfer?

Erwähnenswert ist eigentlich nur Robert DeNIRO als einer der Chefermittler. DeNIRO mit seinem unaufhörlichen sarkastischen Grinsen hilft über die Dauer der langatmigen Geschichte hinweg, die ansonsten das was sie vorgibt zu sein, nicht hält. Es soll um Medienkritik gehen, um Sensationsreporter, um die Gier, mit immer neuen Geschichten in der Welt der Medien Aufmerksamkeit zu erregen, um die mediale Verrohung der Sitten, um die Todsünde des Journalismus Eitelkeit und
Zynismus als Geißel zu brandmarken.

Von all dem hat der Film nichts. Es sei denn, man nimmt Talkshows und Reality-Fernsehen der amerikanischen Sender zum Anlass, sich staunend über diese
schlechten Sitten zu mokieren. Das wäre allerdings auch schon alles, was erwähnenswert wäre. Doch diese Seitenhiebe verpuffen schnell. Die Medienschelte ist simpel, aufgesetzt, lässt keine Klischees aus, und das, was vorgegeben wird, anzuprangern, blutrünstig - brutale Szenen aus Entmündigung und Untermalung
herauszunehmen, tritt doch hier nur mit Vehemenz wieder zu Tage.

John HERZFELD („Teenager Lolita“, 1993, „Zwei Tage in L.A.“, 1996) kann dem Grundübel seines sich gesteckten Zieles, die Präsenz der Medien in jeder Situation herauszuarbeiten und sie mit Kritik zu überziehen, nicht gerecht werden. Die Mechanismen, die er anprangern will, sind genau, die er kritisieren will. Ruhm für jedermann ist hier Ruhm für niemand, weil der Film sich nur über einige beklemmenden Tendenzen definiert.

Die hölzern wirkenden Killer sind überdies auch nicht dazu geeignet, zu karikieren.
„15 Minuten Ruhm“ hätte ein hochmoralischer Film werden können. Über das Publikum und die Medien, Medien und Killer, Killer und Opfer. Doch der Film über Gewalt und Abbilder (vgl. auch „Natural Born Killers“, Regie: Oliver STONE, 1994) ist selbst nur eine Gewalttat. Ein Bild zerfetzt das andere, jede Szene wird durch neue
massakriert. Und jeder shot vermehrt das Gemetzel auf der Leinwand bis alles vom optischen Auswurf hinweggespült wird.

Fazit:

Der polternde Zeigefinger funktioniert nicht. Die audiovisuelle Schlacht dieses Restekinos ist jeden Morgen ab 10. 00 Uhr im Fernsehen zu bewundern. So versinkt selbst dieser Film im Malstrom der Medien. Und taucht an irgendeiner Stelle gejagt und verschlungen wieder auf. Diese fresssüchtigen Bilder tummeln sich eine Zeitlang in der Öffentlichkeit. Bis ein pompös - poppiges Drehbuch auf dem Schneidetisch für die Öffentlichkeit zurechtgestutzt wird. Und ewig bluten die Bilder.

Dietmar Kesten 14.1.06 18:13