Die Regisseurin über ihren Film

(aus dem Presseheft zu "Love/Juice")

 Kaze Shindo
K. Shindo
Für meine erste Regiearbeit LOVE/JUICE hatte ich gerade einmal zwei Monate Zeit, März und April 2000, vom Drehbuchschreiben bis zur Herstellung der ersten Kopie. Ich wurde nach einem Vorsprechen beim japanischen Fernsehprogramm "Tsunku Town", das junge Talente unterstützt und ihnen eine Filmproduktion ermöglicht, ausgewählt. Zwei Monate lang stand ich unter enormem Druck: Auf der einen Seite hatte ich die Chance, einen Film zu drehen, auf der anderen Seite erhielt ich sehr viel Aufmerksamkeit und wußte, das ich nie wieder eine Chance bekommen würde, wenn ich jetzt versagen würde.

Ich stand auch unter finanziellem Druck, da ich mit dem kleinen Budget von zehn Millionen Yen (ca. 177 000 DM) auskommen mußte und nur wenige Drehtage hatte. Aber der Druck hatte den Effekt, das diese Zeit zur glücklichsten meines Lebens wurde, weil ich mich ganz aufs Filmemachen konzentrieren konnte.

Der Film erzählt eine Geschichte, die jeder von uns bereits erfahren hat. Es geht um zwei Menschen, deren Beziehung sich verändert, weil sich einer in den anderen verliebt.

Ich dachte, ich könnte die Geschichte besser vermitteln, wenn eine der Frauen lesbisch ist, und hoffe, daß der Film die Zuschauer dazu anregt, über die eigene Sexualität, die man nicht beeinflussen kann, nachzudenken. Außerdem wollte ich in meinem ersten Film etwas beschreiben, was mir vertraut ist; deshalb wählte ich die einzigartige Atmosphäre, die nur zwischen zwei Frauen entstehen kann.

Der Titel des Films LOVE/JUICE hat eine sexuelle Bedeutung. Immer wenn ich an die beiden Frauen - die Hauptfiguren in meinem Film - dachte, hatte ich ein Bild von Zwillingen vor Augen und assozierte 'Liebe' und 'Fruchtwasser'.

Immer wieder wird mir vom Publikum nach der Vorführung die gleiche Frage gestellt. Sie betrifft die Interpretation der letzten Szene. Meine Absicht war es, dem Publikum zwei Deutungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Ich denke, daß ein Film dem Regisseur und dem Team gehört, die den Film gemacht haben. Zugleich gehört der Film aber auch den Zuschauern, denen es überlassen bleibt, wie sie den Film deuten. Eine Interpretationsmöglichkeit ist, 'sie hat die Kraft, weiterzuleben', die andere, 'sie hat sie aufgegessen'. Ich bevorzuge eher die letzte Interpretation. Sie konnte dieses andere Gefuhl nur akzeptieren, indem sie sie aufaß. Aber es ist ein glückliches Ende für die beiden.

Diese Idee scheint absolut außergewöhnlich, weit entfernt von jeder üblichen Moralvorstellung, doch entspricht die zweite Deutungsmöglichkeit besser dem Anspruch der Hauptfiguren, sich treu zu bleiben.

Ich war mir darüber im klaren, daß das Publikum geschockt sein würde, deshalb schnitt ich alle Szenen, in denen Blut oder Gespräche über Kannibalismus vorkamen, wieder heraus, weil ich mochte, daß so viele Menschen wie möglich den Film ansehen.

Biofilmographie
Kaze Shindo wurde 1978 geboren. Sie studierte an der japanischen Filmschule, dem sogenannten Visual Shooting and Lighting Course of Nihon Eiga Gakko. Wahrend ihres Studiums drehte sie einen Film über ihren Großvater, den berühmten Regisseur Kaneto Shindo (Hadaka no shimal - Die nackte Insel, 1962). Sie arbeitete u.a. als Regieassistentin fur Nabbie's Love (Forum 2000) und den neuesten Film ihres Großvaters Sanmon Yakusha. LOVE/JUICE ist ihr erster abendfüllender Film.

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