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The Score

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GANGSTERFILM MIT AUGENZWINKERN Dietmar Kesten 20.2.06 17:18

THE SCORE

GANGSTERFILM MIT AUGENZWINKERN

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 20. FEBRUAR 2006.

Wenige Gangsterfilme haben es geschafft, gewaltfrei zu sein. Die meisten von ihnen mussten, um dem Genre alle Ehre zu machen, gleich mit Wagenladungen von Toten aufwarten. Dies aus mehreren Gründen: zum einen, um ein Spannungsfeld aufrecht zu erhalten, zum anderen, um im Plot für immense Irritationen zu sorgen, und um sich, was keineswegs unterschätzt werden sollte, in die Tradition von Plagiaten zu stellen, die in Exposition und Disposition das Kino zu dem gemacht haben, was es
heute ist.

Der minutiös geplante Raub im Gangsterfilm hat seit „Rififi“ (Regie: Jules DASSIN, 1954) unter den Filmemachern immer wieder dazu geführt, zu adaptieren. Folgenschwer musste sich das auf die Produktionen auswirken, die kaum noch mit einer Story aufwarten konnten, die das Publikum wirklich überraschte. Wird etwa an „Verlockende Falle“ (Regie: Jon AMIEL, 1998) gedacht, dann fällt auf, dass sich diese Produktion von dem bekannten „Rififi“ Einbruch „nur“, wenn auch die Form der Ausführung anders ist, in Nuancen unterscheidet.

Womit man schon mitten in „The Score“ wäre; denn auch er lehnt sich an, kann aber durch seine Entmythologisierung der bekannten Gangsterfilms entscheidend punkten. Nick Wells (Robert DE NIRO), Safeknacker aus Leidenschaft und mit Hingabe, soll für seinen Auftraggeber Max Baron (Marlon BRANDO) einen Auftrag ausführen. Geplant ist, ein altes französisches Königszepter aus einem Hochsicherheitstrakt eines Zollhauses im kanadischen Montreal zu stehlen. Als Jackie Teller/Brian (Edward NORTON) von Max mit Nick bekannt gemacht wird, ist klar, dass von nun an das ungleiche Paar bis zum Ende auf Gedeih und Verderb zusammenarbeiten wird.

Nick, der zunächst Jackie nicht traut, muss feststellen, dass er ohne ihn das geplante Ding nicht zu Ende bringen kann; denn er will noch einmal all seine Energie in diesen geplanten Raub einbringen, um sich dann endlich zur Ruhe setzen zu können. Widerwillig erklärt Nick Jackie seine Pläne, entwickelt seine eigene Dynamik des Vorgehens, die in der Mechanik des Einbruchablaufs gipfelt. Nick, der Jackie erklärt, dass er „der Boss“ ist, will als Erfahrener die Zügel nicht aus der Hand geben, verlangt den Hauptanteil der Beute. Und hält im übrigen auch nichts davon, ihm die Freundschaft anzubieten. So ist in gewisser Weise der Film auch einer, der das Konkurrenzverhalten beleuchtet und möglicherweise auch auf den bekannten Vater - Sohn Konflikt insistiert. Oder sogar das Augenmerk auf den Gangster der „alten Schule“, lenkt, der sich mit seinem „modernen“ Ableger zu beschäftigen hat.

Das Geschehen des Films konzentriert sich ganz auf den Raub des Zepters. Jackie, der sich als Spastiker Brian Zugang zum High - tech System des Sicherheitstraktes verschaffen konnte, unternimmt alle Versuche, um als gleichberechtigter Partner anerkannt zu werden. Dies kristallisiert sich in zwei Szenen besonders deutlich heraus: als Nick ihm eine „Lektion“ erteilen will, schickt er seinen Bodyguard mit einem Baseballschläger zu ihm, der nach überstandener Attacke Nick ausrichten lässt, doch zukünftig hin „keine Stümper“ mehr zu schicken. Im Hochsicherheitstrakt lässt er Nick, der an einem Flaschenzug hängt, um die installierten Kameras zu umgehen, für Minuten dort im Schwebezustand, ohne ihm weitere Anweisungen zu geben.

Doch die angedachte „Gleichheit“ wird mit dem altmodischen Ende des Films aufgehoben. Nick erweist sich als Meister seines Faches, der täuscht, hintergeht, vorschiebt, bescheißt und realisiert. „The Score“ lebt von Robert DE NIRO, der den Altvorderen Marlon BRANDO glatt an die Wand spielt. Mit Edward NORTON hat er einen kongenialen Partner im Boot, der als High - tech Krimineller überraschen kann.
Der Film, der Nostalgie pur ist, ist trotz seiner Mängel ein Beweis dafür, dass die alten Kinomythen leben, dass sie sogar gewaltfrei sein können und ohne den Firlefanz von Techniküberzeichnungen und großer Action auskommen.

„The Score“ zieht seine Trümpfe aus der eleganten Inszenierung. Frank OZ (Regie) lässt die beiden Kontrahenten Nick und Jackie aufeinander los. Ohne sie der Gefahr auszusetzen, im Niemandsland der kriminellen Machtspiele abzudriften. Es zeigt sich, dass der alte Grundsatz, dass ein Film von seiner Ausstrahlung lebt, hier zutrifft. Der Film ist voll von der Konzentration auf Beobachtungen und Abläufe. Er ist ein ausbaldowertes und filigranes Gangsterstück.

Fazit:

Verbrechen lohnt sich nicht. Das stimmt uneingeschränkt. Hier jedoch scheint der Zuschauer Sympathien für Nick zu entwickeln, der sich mit seinem letzten Coup
verabschieden will, um als Rentner (s-)ein sorgenfreies Leben zu haben.

Dietmar Kesten 20.2.06 17:18