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Führer Ex

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Ein guter Film Thomas 10.12.07 21:59

darum Tadeusz 29.5.07 08:15

Was seid Ihr denn für 20.3.07 19:59

toller film Fredi 9.2.07 23:39

Sehr guter Film! defi 10.7.06 00:25

Also mir hat der Film sehr gut Sarah-Jane 20.6.06 14:45

der film is der hammer schon allein elli 9.9.05 12:33

Kenne Hasselbach alias Pfanne noch Marko 25.2.05 12:46


FÜHRER EX

EINE GESCHEITERTE AUFARBEITUNG DER DDR VERGANGENHEIT

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, IM DEZEMBER 2002.

Der Film erzählt die Geschichte der beiden Freunde Heiko (Christian BLÜMEL)
und Tommy (Aaron HILDEBRAND), die Mitte der 80er Jahre in der DDR IHRE
Revolte planen, vor allem keine Lust mehr auf die DDR haben.
Nach einer durchzechten Nacht klettern sie in ein Fussballstadion und verbrennen
die DDR Flagge. Tommy wird geschnappt und kommt in den DDR Knast.
Heiko lernt Beate kennen, verliebt sich in sie. Als Tommy entlassen wird, betrügt
Beate ihn mit Tommy; schliesslich lassen sie den alten Plan aufleben und
beschliessen die Flucht. Beide werden geschnappt, verhaftet und landen
schliesslich in einer Vollzugsanstalt, wo beide dem grauen Knastalltag
begegnen: es wird gedealt, vergewaltigt und gemordet.
Heiko muss nach einer Attacke auf einen Vergewaltiger in Isolationshaft,
zerbricht fast daran, und schliesst sich Tommys Bekannten, einer Gruppe von
Altnazis an, während Tommy langsam das Interesse an diesen Radikalfaschisten
verliert. Ihm gelingt die Flucht, während Heiko zurückbleiben muss.

Kurz darauf fällt die Mauer, und einige Zeit später besucht Tommy Heiko, der
nun einer der Führer der Faschisten ist. Tommy beginnt sich gänzlich von dieser
Szene zu lösen, doch Heiko, der ‚gefährliche’ Agitator dieser Gruppe will ihn
ganz für deren Ziele einspannen, was ihm nicht gelingt. Er träumt noch immer
davon mit Heiko nach Australien zu gehen, um dort ein neues Leben zu beginnen.
Bei einem Überfall auf ein von Autonomen bewohntes Haus, kommt ein
Mädchen zu Tode.
Tommy ahnt wohl dass dieser Terror weiter eskalieren wird, und sucht das
Weite. Noch einmal kommt er mit Heiko zusammen, der erfahren hat, dass
Tommy ihn im Gefängnis bei der Staatssicherheit denunziert hat. Heiko,
jetzt total fanatisiert, trachtet ihm nach dem Leben, lässt aber letztlich davon
ab.
Als beide noch einmal ihre Pläne besprechen, wird Tommy als ‚Verräter’
von einer prügelnden Nazihorde erschlagen.

Der Film basiert auf einer wahren Begebenheit, die der Autor des Buches,
Ingo HASSELBACH (ehemaliger Parteivorsitzender der Nationalen Alternative)
in den autobiografischen Notizen: ‚Die Abrechnung - Ein Neonazi steigt aus’,
veröffentlicht hatte. BONENGEL, der Regie führte und durch den Film:
‚Beruf Neonazi’, den er mit HASSELBACH zusammen machte, bekannt
wurde, (1) fühlt sich nun verpflichtet, die Aufarbeitung der DDR Vergangenheit
in einer fiktiven Geschichte über Nazis, Wahrheit und Moral, Isolationshaft,
Fanatismus, Gewaltdarstellungen, Ausländerfeindlichkeit, Zucht und
Ordnung, Abrechnung, Demütigungen des Strafvollzuges, Denunziationen,
ja letztlich einen Beitrag über die Nazi-Szene in der ehemaligen DDR,
zu erzählen.

Herausgekommen ist dabei ein gescheiterter Versuch, zu erklären, warum
sich in der DDR eine rechtsradikale Szene entwickeln konnte, und heute
versucht, sich zu etablieren. Der ‚Links’radikalismus des Marxismus, so wie
er in der KPD aufgetreten war, konnte ebenso einen rechten Rad besitzen,
wie man es an der berühmten ‚SCHLAGETER’-Geschichte verfolgen konnte, als
Karl RADEK, Vertreter der Kommunistischen Internationale, den Faschisten
SCHLAGETER im Juni 1923 als ‚Märtyrer des deutschen Nationalismus’ und
‚mutigen Soldaten der Konterrevolution’ bezeichnet hatte.
Und in diesem politisch-ideologischen Spektrum von Organisation, Disziplin,
Ideologie und Phraseologie, waberte stets latent ein Stimmungs- und
Meinungsumschwung, der in der Geschichte des deutschen Marxismus
oftmals nur noch eines Anstosses bedurfte, um rassistisches und/oder
nationalsozialistisches Gedankengut auf einmal an die Oberfläche zu
bringen. Deutschland sei ein ‚klassisches Land der Sozialfaschisten’,
behauptete einst Heinz NEUMANN 1929, und schuf damit einen
nationalistischen Strategierahmen, der die KPD im Streit der rechten
und linken Gruppierungen selbst noch auch auf dem VII. Weltkongress
der Komintern (1935) theoretisch und ideologisch ins Abseits stellte.
Und in der Tat war das katastrophale Gesamtergebnis des Marxismus später
auch in der DDR ein modernisierter Nationalbegriff, der übernommen die
Auswechselbarkeit verdeutlichte. Diese, im Schosse des etablierten
Marxismus vorhandenen nationalen, nationalistischen und vielleicht sogar
chauvinistischen und rassistischen Elemente einer Lehre, faszinierte nicht
nur grosse Teile der Jugendbewegung des frühen KJVD, seiner
Unterorganisationen, Komitees, Sympathisanten und Mitläufer, sondern
ebenso die faschistische Jugendbewegung.

Die bürgerlichen Lebenspläne von Heiko und Tommy passen sich dann auch
den Stimmungslagen und der Lebensangst eines solchen
Entwicklungsprozesses an.
Dumpfe nationale und nationalistische Zurichtung, ökonomisches
Konkurrenzdenken, Ausgrenzungshass und Deklassierung, all das ist
Deformation im Denken und abstrakter Selbstbehauptungstrieb in einem
System, das einen sozialen Nährboden übernommen und aufgebaut hatte,
das nur die alten Verhältnisse reproduzierte.
So verwundert es nicht, dass Heiko und Tommy in einem nationalistischen
Vokabular sprechen, das zwar Sprache und Stimmung widerspiegelt, die
eigentlichen Ursachen der ‚nationalen Besinnung’ bleiben jedoch im Dunkeln.
BONENGELs Erklärungsmuster für die Herausbildung einer rechtsradikalen
Szene erscheint mir so mehr eine Mischung aus Tabu, Exotik und
drangsaliertem Einzelkämpfertum zu sein.
Die Gewaltexzesse der Nazis kommen als drapiertes Rowdytum daher,
nicht aber, was es eigentlich sein sollte, als ein politisches Weltbild, das
sich anschickt, die hässliche Fratze der Weimarer Zeit wiederholen zu
wollen.

Christian BLÜMEL(als Heiko) muss als totale Fehlbesetzung bezeichnet
werden.
Es mangelt ihm nicht nur an Gestik und Mimik, um jemanden darzustellen,
der die Fronten wechselt und auf einmal zum glühenden Naziideologen
mutiert, sondern auch an der Umsetzung dieser Rolle; weg von einer
Haudrauf-Mentalität zu einem ‚geläuterten’ Faschisten.
Gerade hier, und an seinen wenigen Dialogen, die er als Rechtsradikaler
führt (etwa mit seiner Freundin Beate), zeigt sich, dass seine Aussagen
furchtbar dumpf, gestanzt, runtergeleiert und simpel sind.
Überzeugend agitieren kann er ebenso wenig wie die Nazischergen, die
sich in Führer Ex ein Stelldichein geben.
Alle erscheinen irgendwie als ‚Hakenkreuzschmierer’ mit Gewaltpotential.
Diese Charaktere reproduziert der Film beständig. Und nur die
neurechten Ausgrenzungsinstinkte sind ein Beleg dafür, dass auch sie
sich in ihren politischen Schulungen mit theoretischen Erörterungen
beschäftigt haben.

Statt eine spannende Geschichte zu einem Fanal gegen das rechte
Ende der Politik zu machen, geht BONENGEL einen Weg der Findung und
der Identität. Heiko und Tommy wechseln die Rollen. Der eine, geläutert,
hasst noch immer alles, was nach Zwang und Kasernierung aussieht, der
andere geht in das nationale genuine Phänomen des neuen Rechtsradikalismus
auf.
Ein Wechselspiel der Provokation beginnt, unterlegt mit Dialogen aus dem
Lexikon einer Jugendsprache, den ‚stolzen’ Deutschen, die brav applaudieren,
wenn die selbsternannten Führer reden, einen türkischen Würstchenverkäufer
aus der Reserve locken und seinen Wagen in Brand stecken, Irritationen und
mit faschistischen Accessoires spielenden Glatzköpfen zeigen bestenfalls
gutgemeinte pädagogische Absichten, aber inhaltlich kaum gefüllte
tieferreichende Wurzeln über das nazistische Credo.
Der Film hat etwas Willkürliches und Zufälliges an sich. Er hätte ebenso
den ‚Blutmai 1929’ zur Vorlage haben können.
Der Form der unmittelbaren Annäherung an die Naziideologie gilt dann auch
meine hauptsächliche Kritik: BONENGEL produziert Trivialhelden, die zu
jeder Zeit in jedem Freizeitheim auftreten können. (Politische) Gleichgültig
und Rambomentalität entschleiern die Charaktermaske der Nazis nicht.
Warum setzte der ‚erste sozialistische Staat auf deutschem Boden’ nationale
und neonazistische Potentiale frei?
Hätte BONENGEL sich damit auseinandergesetzt, dann hätte der Film
ansatzweise den neuen ostdeutschen Neonazismus zumindest beschreiben
können.

So bleiben die Schattenseiten der deutschen Geschichte im wesentlichen
unberührt. Im Windschatten der SED gab es nicht nur Mitläufer und
Altnazis, sondern auch das reproduzierte reaktionäre und nationale
Bewusstsein, das durchaus zur ehemaligen Weimarer Zeit als kompatibel
bezeichnet werden kann.
Wenn beides sich zu einem reaktionärem Gebräu vermischt, dann ist
der Anachronismus nicht mehr fern. Und das realsozialistische System
ist dann die Installation der westlichen Variante.
Nach Australien wollten sie: der einzige Fluchtpunkt aus der östlichen
Modernisierungsdiktatur.
Die Selbstauflösung endet mit dem Tod Tommys: Kälte, Kriminalität,
Unordnung. Vom Regen in die Traufe.
Wenn das die westlich ausstaffierten Träume waren, dann haben sie sich
als Alpträume entpuppt.

Anmerkungen:

(1) BONENGEL drehte 1993 ‚Beruf Neonazi’.

Führer Ex läuft seit dem 5. 12. 2002 in den Kinos.
Regie: W. BONENGEL.
Drehbuch: BONENGEL/HASSELBACH.

Darsteller: Christian BLÜMEL als Heiko;
Aaron HILDEBRAND als Tommy;
Jule FLIERL als Beate; Jürgen LINGMANN als Hagen;
Harry BEAR als Friedhelm, Dieter LASER als Eduard.

Lesenswerte Literatur zu dem Thema:

Rosemaries Babies. Die Demokratie und ihre Rechtsradikalen,
Bad Honnef 1993.
Dietmar Kesten 28.3.04 14:20

(1/10)
Ich kann dem vorhergehenden Kommentator nur zustimmen. Wie von Bonengel nicht anders zu erwarten war, hat er einen handwerklich mittelmäßigen und inhaltlich eher kontraproduktiven Film abgeliefert, der genau so unglaubwürdig ist wie sein Ziehkind Ingo Hasselbach - der im Zusammenhang mit diesem Film seinen "Rückzug" als der "Aussteiger-Arbeit" angekündigt hat /siehe stern). Das hat er schon öfters gemacht. Also auch das ist nichts neues. Man kann nur hoffen, daß er es diesmal ernst meint und uns in Zukunft verschont - zumal es wesentlich glaubwürdigere und engagiertere als ausgerechnet ihn gibt.
Manu 22.12.02 01:47

(1/10)
Ein selten dämlicher Film! Wer so stumpf und überfüllt mit Klischees Filme macht, der vergreife sich bitte nicht an so bedeutenden Themen! Das tut der Sache nicht gut. Bonengel hält sich an Erklärungen zurück, aber er stolpert über seinen Versuch, hier trotzdem etwas behaupten zu wollen. Er weiß nicht, was er eigentlich erzählen will. Sich in der Zurückhaltung zu wiegen macht den Film so überflüssig wie provokant. Denn er nötigt dem Zuschauer eine Erzählweise auf, die sich in aggressiven Klischees von dummen Nazis, erbärmlich mißhandelten Ausländern und ewig witzig blöden DDR-Funktionären erstickt. Die Figuren um die Hauptdarsteller sind grob und ohne Charakter gezeichnet, die nichts als ihr eigenes Vorurteil wiederspiegeln. Die zwei symphatische Hauptdarsteller büßen all ihre Bedeutsamkeit ein, weil hier ein Regisseur nicht stringent einen Stoff sichtbar machen, erhellen und problematisieren will, sondern lieber Aufsehen erregt mit dick aufgetragenen Bildern, Farben und Brutalitäten. Aber sowas hat ja bekanntlich das Zeug zum Kassenschlager. Schade, dass Führer-Ex hineinplatzt in die gerade erwachende, noch vorsichtige Revitalisierung des deutschen Films.
Jörn 25.11.02 14:30

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