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K-19 - Showdown in der Tiefe

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ENTTÄUSCHEND Dietmar Kesten 15.1.06 14:34

K - 19 - SHOWDOWN IN DER TIEFE

ENTTÄUSCHEND

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 15. JANUAR 2006.

Die Geschichte des U - Boots „K - 19“ von Kathryn BIGELOW (2002) erinnert an den Höhepunkt des Kalten Krieges 1961. Die Sowjetunion baut ihr erstes atomgetriebenes und mit Nuklearwaffen ausgestattetes Unterseeboot. Die USA hatten im Winter 1960 mit Erfolg ein hoch entwickeltes Unterseeboot, die USS George Washington, vor der sowjetischen Küste postiert, das in der Lage gewesen wäre, 16 Nuklear - Raketen auf den Gegner abzufeuern. Unter Zeitdruck stehend, läuft nicht alles nach Plan: die Konstruktion ist voller Mängel, der technische Rückstand gegenüber den Amerikaner ist kaum noch aufzuholen, an Bord gibt es Tote. Captain Alexei Vostrikov (Harrison FORD) löst den kommandieren Captain Mikhail Polenin (Liam NEESON) ab, der zum Ersten Offizier degradiert wird. Vostrikov versucht, alle Mängel abzustellen, die Mannschaft dazu zu bewegen, den Zeitplan einzuhalten, das Team durch flotte Sprüche zusammenzuschweißen. Mit Erfolg gelingt es ihm sie und das Material der höchsten Belastbarkeit auszusetzen. Das Durchstoßen der nordpolaren Eiskappe löst einen Schub aus. Und Vostrikov gibt den Befehl, Kurs auf einen Stützpunkt der NATO vor der amerikanischen Küste zu nehmen. Doch die Fahrt dorthin wird zum Trauma. Undichte Stellen im Reaktorraum zwingen dazu, dass sich die Besatzung daran macht, dieses Lecks abzudichten, da sonst eine Kernschmelze droht. Und damit scheint die Lage außer (politischer) Kontrolle zu geraten. Das Schiff darf den Amerikanern nicht in die Hände fallen, die sich dem Boot bereits genähert haben. Eine Fast - Meuterei wird so eben noch beendet. Vostrikov und Polenin bewältigen gemeinsam die Krise. Die atomare Strahlung, der sich ein Teil der Besatzung hat aussetzen müssen, fordert in den kommenden Jahren nach und nach Opfer. Vostrikov soll der Prozess gemacht werden. Polenin rehabilitiert ihn durch eine flammende Verteidigungsrede. Der Vorfall wird geheim gehalten. Später begegnet man den Resten der Crew auf einem Moskauer Friedhof bei einer Gedenkfeier.

Kathryn BIGELOW, die mit „Blue Steel“ (1989) und „Gefährliche Brandung“ (1991)
bekannt wurde, hat einen Männerfilm gemacht, einen Episodenfilm über die Zeit des Kalten Krieges, einen militaristischen Film über Pflichterfüllung mit hehren Idealen, soldatischen Gehorsam und Heldentod. Was für die Amerikaner und ihre Helden gilt, gilt ebenso für die Sowjetunion: harte Männer trinken Wodka, opfern sich fürs Vaterland und machen in Disziplin. Am Ende des Films wird klar, dass nicht alle überleben können. Dass mag auch die Disposition von „ K - 19“ sein: wer am Ende einen offenen Vernichtungskrieg in letzter Minute abwenden kann, der kann auch mit offenen Augen sein Leben opfern. Der Film ist chauvinistisch und militaristisch durch und durch. Alles wird dieser einen fiktionalen Notwendigkeit geopfert: eine militärische Eskalation zu verhindern. Dramen an Bord sind daher kaum interessant. Das U - Boot dient nur als Geber, hinter dem die Figuren und Kulissen verschwinden. Man kann sagen, dass das Boot Rohmaterial zur Inszenierung des Hauptmotivs ist:
sich mit dem Militär in brenzliger Situation zu arrangieren.

Kalter Krieg aus der Perspektive der Russen, das ist zwar etwas Neues im Film. Auch das Harrison FORD diesmal auf der ‚falschen’ Seite agiert, doch das macht aus „K - 19“ noch längst keinen Film, den man deshalb aufwerten müssen. Was an Information zu dieser Periode bisher zusammengetragen wurde, reicht aus, um mehrere abendfüllende Spielfilme darüber zu drehen. Im Film wurde das etwa durch „Thirteen Days“ (Regie: Roger DONALDSON, 2000) ausreichend problematisiert. Und es stellt sich die Frage, ob „K - 19“ nicht diese undifferenzierte Betrachtungsweise aus einer anderen, nämlich der russischen, wiederholt? „K 19“
ist ein Film mit Heroisierung in allen Facetten. Auch hier, wie schon in „Thirteen Days“ feilschen Männer um den Frieden. Wie geschmacklos das ist, wird daran klar, dass ein Teil der Besatzung für diesen einfach ‚geopfert’ wird. Das Menschenmaterial interessiert niemanden, Hauptsache ist, dass die Admirale und Offiziere die wahren Erben der Menschlichkeit sind.

Die politische Paranoia setzt sich unvermindert fort. Alles auf ‚Kursk’? „Showdown“ in der Tiefe ist inszeniertes Pathos inmitten von Reaktorblöcken, gesetzt, gestelzt, mit religiösen Ritualen und Zeichen versehen, mit Klischees überladen und blauäugig.
Wenn das politische Bewusstsein nur ein Stück Grusel - Historie ist, Leiden und Unglück der Mannschaft nur formal interessant ist und noch nicht einmal Ratlosigkeit hervorruft, dann ist dieser Film ein politischer Skandal ersten Ranges.

Fazit:

Enttäuschend und ärgerlich.

Dietmar Kesten 15.1.06 14:34