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Kurt Weill

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Kurt Weill
Kurt Weill, Lotte Lenya
Deutschland 2001 - Regie: Sven Düfer - Darsteller: Milva, Kathrin Angerer, Stefanie Wüst, Udo Lindenberg, Kaja Plessing, Gerhart Roscher, David Lefkowitz, Blixa Bargeld, Jocelyn B. Smith - FSK: ohne Altersbeschränkung - Länge: 97 min. - Start: 20.6.2002
Beschreibung

Kaum einer hat den Rhythmus der zwanziger Jahre, vielleicht des gesamten 20. Jahrhunderts so genau eingefangen, wie der 1900 in Dessau geborene Kurt Weill. Mit dem Weill-Kenner und Biographen Dr. Jürgen Schebera als Tour Guide macht sich Regisseur Sven Düfer auf die Suche nach den Lebensspuren des großen Komponisten. An den biographischen Stationen Weills in Dessau, Berlin, Paris und New York kommen sowohl heutige Musiker und Weill-Interpreten als auch Zeitzeugen zu Wort. Eine Collage aus historischen Dokumenten und heutiger Sicht, aus Vergangenem und Gegenwärtigem entsteht. Bisher nicht gehörte Freunde und Mitarbeiter Weills, wie die enge Pariser Freundin Madeleine Milhaud oder Gertrude Jeanette, das letzte noch lebende Ensemblemitglied der Uraufführung von LOST IN THE STARS, erzählen in Anekdoten und Geschichten über Leben und Sehnsüchte des Komponisten. Interpreten wie Milva, Blixa Bargeld, Kathrin Angerer, Udo Lindenberg, Stefanie Wüst, das Willem Breuker Kollektief und Jocelyn B. Smith liefern an den historischen Schauplätzen herausragende Interpretationen von Weill-Songs und thematisieren ihre Beziehung zu Weill und seinem Werk.

Milva räkelt sich lasziv auf dem Flügel in dem Haus in Dessau, wo Weill Musikunterricht gegeben hat und macht sich Gedanken über den frühen Weill. Die Liebe zwischen Weill und Lotte Lenya interpretiert Kathrin Angerer. Sie singt auf dem Weg zum Haus des Schriftstellers Georg Kaiser Surabaya Jonny – der Weg auf dem sich Weill und Lenya verliebten. Das Willem Breuker Kollektief spielt auf der Wiese vor Weills Haus in Louveciennes auf, Udo Lindenberg raunzt die Moritat des Macki Messer in gewohnt cooler Manier. Blixa Bargeld ist auf den Spuren Weills am Broadway unterwegs und singt zu einer instrumentalen Schellackaufnahme den Bilbao-Song.

Großes Gewicht legt der Film neben Weills Lebens-Odysse auf seinen religiösen Hintergrund. Seine in bisherigen Weill-Biographien vernachlässigten jüdischen Wurzeln erscheinen im Film als Schlüssel für das Verständnis Weills und seiner musikalischen Entwicklung. In seinem Elternhaus jüdisch erzogen, tritt die Religion nach seinem Umzug nach Berlin zunächst in den Hintergrund, um nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten und den ersten antisemitischen Erfahrungen immer stärker hervorzutreten und während der Emigration in New York wieder deutlichen Ausdruck in seiner Musik zu finden. Im Kiddush, einem jüdischen Gebetsgesang, vier Jahre vor seinem Tod in New York komponiert, verschmilzt Weill die Musik seines Elternhauses und seiner frühen Kompositionen mit dem Jazz New Yorks und schafft eine musikalische Quintessenz seines Lebens in einmaliger provozierender Qualität.

Die Aussagen der Zeitzeugen, Musiker, teilweise erstmalig gezeigtes Archivmaterial und Fotos nähern sich auf vielen Ebenen der Frage an, wie ein Komponist in drei Ländern erfolgreich komponierte und welchen persönlichen Preis er dafür zahlte.
Text & Foto: Salzgeber