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Anatomie 2

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ES LEBE DER HIPPOKRATISCHE EID Dietmar Kesten 31.1.06 13:15

ANATOMIE 2

ES LEBE DER HIPPOKRATISCHE EID

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 31. JANUAR 2006.

Die sittlichen Grundgesetze des Arztberufes mögen nach dem heutigen Kenntnisstand eines Arztes überholt erscheinen. Angehenden Medizinern wird er nicht abgenommen. Damit gibt es auch keinerlei rechtliche Verpflichtungen für ihn.
Ich will „zu Nutz und Frommen der Kranken eintreten, mich enthalten jedes willkürlichen Unrechtes und jeder anderen Schädigung... Was ich bei der Behandlung sehe oder höre, oder auch außerhalb der Behandlung im Leben der Menschen, werde ich, soweit man es nicht ausplaudern darf, verschweigen und solches als Geheimnis betrachten“, hieß es einst bei HIPPOKRATES (um 460 v. Chr.). Die ärztliche Schweigepflicht gebietet jedoch Stillschweigen über persönliche und medizinische Details eines Patienten. Der Verhaltenskodex ist in zahlreichen Paragraphen des BGB geregelt. Eine Verletzung kann entsprechend § 203 StGB mit Strafmaßnahmen bis hin zu Freiheitsstrafen sanktioniert werden.

War bereits „Anatomie“ (Regie: Stefan RUZOWITZKY, 1999) missverstandene Ethik und Schwurbruch, so ist „Anatomie 2“ (Regie: Derselbe, 2002) eindeutig ein Film, der mit der klaren Absicht antritt, den letzten Gedanken medizinischer Moral über Bord zu werfen. Nichts ist den Filmemachern mehr heilig. So ist der Trend auch in „Anatomie 2“ vorhersehbar: es muss ein Horrorthriller sein, der Behandlungszimmer, Instrumente und Diagnostik gegen skrupellose Mediziner und Slasher - Elemente eintauscht.

Fürwahr eine hanebüchene Geschichte. Ein naiver junger Mann macht in einem Berliner Krankenhaus sein Praktikum als Arzt. Dort gerät er in den Bann eines Mediziners und seiner Studenten, die an geheimen Forschungsprojekten arbeiten und dabei schnelle alle ethisch - moralischen Grundlagen des Arztstandes über Bord werfen. Und selbst vor Mord nicht zurückschrecken. Das Krankenhaus wird in „Anatomie 2“ zum eigentlichen Tatort umfunktioniert. Die Hilflosigkeit der Patienten
wird perfide ausgekostet, die Angst vor einem Eingriff schlägt sich in einem bizarren Durcheinander von Ausgeliefertsein und Bedrohung nieder. Drogen ersetzen den Heilungsprozess, Medikamente führen in die Abhängigkeit und Muskelimplantate werden zu kriminellen Machenschaften für eine Geheimloge missbraucht.

Allem Anschein nach wird die Ausweidung des menschlichen Körpers auf die Spitze getrieben. Und dass der Film nur kommerziellen Überlegungen geschuldet ist, zeigt sich auch daran, dass hier Mediziner einen mörderischen Ehrgeiz entwickeln, die medizinische Forschung in ihrem Sinne auf den Kopf zu stellen. Skrupel kennt der Film nicht wenn es darum geht, mit sadistischen Effekten aufzuwarten, die einem Frankenstein - Labor alle Ehre machen. Die Mediziner in Weiß gehen in ihren blutigen und ekligen Handlungen so weit, dass sie hier jedes Maß zu vergessen scheinen.

Fazit:

Anatomie 2 stirbt an seinen inneren Verletzungen. Der Selbstbetrug ist schnell zu durchschauen. Von Minute zu Minute wird der Film langweiliger. Diese Bilder und Geschichten sind nicht zu begreifen. Man muss ihnen misstrauen. Und reagiert darauf mit der Weigerung. Vermutlich deswegen, weil dieses abgetakelte medizinische Verständnis wahrlich kein Grund dafür sein kann, ihm irgendwo Aufmerksamkeit zu schenken. Potente und Makatsch wirken platt und plakativ.

Dietmar Kesten 31.1.06 13:15