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Die Unbarmherzigen Schwestern

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Hier um zu büßen 10.4.05 00:54

Anhand ausgewählter Einzelschicksale weist dieser Film auf ein keineswegs Jahrhunderte zurückliegendes düsteres Kapitel in der Kirchengeschichte hin, das über bedeutungsschwangeren Versöhnungsgesten und eucharistischen Heilsriten wieder einmal gerne vergessen wird.
Der Regisseur erschöpft sich aber nicht in anklagender Polemik: Die Magdalena-Heime sind Orte der Perversion religiöser Heilsbotschaften, ebenso wie sie einen systemerhaltenden Posten einnehmen, der sie notgedrungermaßen ihrer gesellschaftlichen und ethischen Koordinaten beraubt. Hier soll man sich um jene sorgen, die an Mißstände erinnern, an Verfehlungen, an verdrängte Bedürfnisse und an das Erleben von Vielfalt im Schatten der klaren, schutzbietenden und keimfreien Konvention. "Ihr seid hier, damit die Männer vor sich selbst sicher sein können" betont die Schwester Oberin, und sie macht in einer Vielzahl unmenschlichster Gesten klar, dass im Namen der Ordnung niemals jemand anderes schuld sein könne als die internierten Frauen. Der Wahnsinn hat Methode, und er zeitigt Erfolge: Die Indoktrination mit Demut und Gehorsam korrumpiert die verunsicherten Seelen, Gemeinschaft, Vertrauen, Zusammenhalt wird gerade hier nicht möglich, wo sie alle "auf das Licht des Herrn" zu schauen meinen. Die Frauen zermürben im alltäglichen Kampf um ihre Würde, die Schwestern balancieren ständig die Macht aus und der klösterliche Nullraum wird unentrinnbar: Bezeichnend eine Schlüsselszene, in der Bernadette die greifbare Freiheit jenseits der Klostermauern ausschlägt, und wieder kehrt macht: selbst das grausamste Schicksal hat für den, der es kennt, einen Vorteil: die Gewißheit.
Die Bilder sind kalt fotografiert, aber ohne Härte, die Kamera ist vor Ort, sie begleitet die Gequälten und gibt doch nie ihren Beobachtungsstatus preis. Sie holt das Geschehen in klaren Nahaufnahmen heran und sie zieht eine schmerzhafte Grenze, denn sie verweigert zumeist den entrückten Blick auf die Gesamtstruktur.
Versöhnlicher dafür der Schluß, der in einer letzten Aufnahme die rebellischte der Hauptakteurinnen verabschiedet, wie sie aus der selbst eroberten Freiheit, mit offenem Haar, regennassem Geischt entschlossen zurückblickt: wild, wach, dem Leben zurückgegeben...

10.4.05 00:54