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Fluch der Karibik

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Fluch der Karibik Dietmar Kesten 7.9.03 10:48
Fluch der Karibik J. 12.9.03 13:21

FLUCH DER KARIBIK

PIRATENABENTEUER MIT SCHAUWERTEN

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 4. SEPTEMBER 2003.

Ein Pirat (Johnny DEPP), der nach einer Meuterei sein Schiff verliert,
nutzt die Befreiung einer entführten Gouverneurs-Tochter, um wieder
in dessen Besitz zu gelangen.
Die Story rankt sich um diese Geschehnisse, und es ist eine Wohltat,
nach den Gruselschockern in diesem Filmjahr, einen intelligenten
Mantel- und Degenfilm zu Gesichte zu bekommen.
Der Film besticht durch seine humorvolle Atmosphäre und
Erzählhaltung, der seinen Hauptdarsteller mit einer gehörigen Portion
Humor-Slapstick ausstattet, den man bei DEPP bisher vergeblich
gesucht hatte.

Manchmal reicht es, mit einer einzigen gelungenen Figur aufzuwarten,
um einen Film sehenswert zu machen.
Johnny DEPP (1) beherrscht durch eine Mischung aus Charme, Witz
vorwitzigem Mundwerk und Schlitzohrigkeit die Geschehnisse ganz
nach Belieben. Auch dann, wenn er nun mal gerade nicht im
Mittelpunkt steht.
Überhaupt ist dieser DEPP seit „Sleepy Hollow“ (1999),
„Chocolat“ (2000) und „From Hell“ (2001) eine Augenweide im Kino.
Er spielt auf eine beruhigende Weise perfekt. Er verschenkt keine
Szene, wirkt nie ausgelassen oder aufgeblasen.
Er kennt die Tricks, jene geheimen Mittel, mit denen er Filme vor
dem Absturz bewahren kann.
Er braucht nur kurz zu pfeifen, oder sich auf Wortduelle einzulassen,
und schon erinnert man sich an die geborgene Kinowelt der
Kindheit.

Dort waren die Abenteurer in Gestalt von „Tom Sawer&Huckleberry Finn“,
(nach dem Roman von Mark TWAIN), Jon Silver (Die Schatzinsel von
Louis STEVENSON), oder auch Klaus Störtebecker diejenigen, die
eine kühle Sicherheit ausstrahlten und mit einer fast lässigen
Selbstgewissheit aufs Meer hinausruderten und nie mehr gesehen wurden.
Eine Landschaft, Gegenwart, Erinnerung, ferne Länder, langsames
Taumeln in den Untergang- hier spürte man den Reichtum der
Phantasie und die unauslöschlichen Bilder, die hängen blieben.
Ein Blick durch die Zeit, ein Weg in die wirkliche Welt, die Stimmung,
die bleibt, die Pracht des vergänglichen Augenblicks ohne Chiffre- Bilder
gegen den Strom der Zeit.
Am Ende stand die Reise durch die Tiefen der Ozeane auf einem
Piratenschiff und das urplötzliche auslöschen dieses Traumbildes beim
Erwachen.

Der Mantel- und Degenfilm hat sicherlich seit jeher mit diesen
Kindheitsträumen kokettiert, mit den unkonventionellen ‚Helden’, die
er auf die Leinwand brachte.
Einige sind in Erinnerung geblieben. Etwa „Der schwarze Pirat“
von 1926 mit Douglas FAIRBANKS, „Unter Piratenflagge“ mit
Errol FLYNN, der als Capitain Blood ab 1935 über die Meere segelte,
„Sindbad der Seefahrer“ (1947) und „Der rote Korsar“ (1952) mit dem
unvergessenen Burt LANCASTER, oder auch
„Der scharlachrote Pirat“ (1976) mit Robert SHAW.
Andere kann man getrost vergessen. Etwa „Hook“ (1991) mit
Robin WILLIAMS, oder auch „Die Piratenbraut“ (1995) mit
Geena DAVIS.
Seit Mitte der 70er Jahren dümpelte der Piratenfilm vor sich
hin. Bis wieder jener unkonventionelle ‚Held’ auf die Leinwand
gebracht wurde, der diesem Genre die Aura verleiht, der man sich
nicht mehr entziehen kann.

Natürlich erinnert „Fluch der Karibik“ an die ‚Monkey-Island’ Serie
oder etwa an jene ‚Indiana Jones’ Computerspiele, die das
vorwegnahmen, was jetzt im Kino zu bestaunen ist:
starke Charaktere mit Charisma, die die Handlungsknoten
geschickt auflösen und am Ende im siegreichen Plot mit der
Geliebten die schnöde Welt hinter sich lassen.
„Fluch der Karibik“ hat das Zeug dazu, hier anzuknüpfen, vor
allem aber eine neue Generation von Piratenfilmen einzuläuten.
‚Land in Sicht’ könnte dann zu dem Weckruf werden, der die
Versöhnung einleitet. Denn nicht jeder Pirat muss am
Mast baumeln. Manche kommen auch ans Ziel!!

Anmerkungen:

Filme mit Johnny Depp

- Edward mit den Scherenhänden (1990),
- Gilbert Grape (1993),
- Ed Wood (1994),
- Dead Man (1995),
- Donnie Brasco (1996),
- Neun Pforten (1999),
- Sleepy Hollow (1999),
- Chocolat (2000),
- From Hell (2001).

Dietmar Kesten 7.9.03 10:48