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Das Mädchen mit dem Perlenohrring

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Ein wahres Meisterwerk Raimar Eberhard 3.7.05 12:57

Delft, 1665. Die junge Griet kommt als Hausmädchen zur Familie von Jan Vermeer, die nicht nur zahlreiche Kinder haben, sondern auch noch die despotische Schwiegermutter des berühmten Malers beherbergt. Obgleich aus sozialer, bildungstechnischer und religiöser Sicht Welten zwischen dem Mädchen und ihrem Arbeitgeber liegen, kommen diese sich doch näher. Ihre Gegenwart inspiriert Vermeer zu einem seiner berühmtesten Gemälde, das Titelgeber für den Film war.
Freilich ist die Geschichte hinter diesem Bild erfunden und das Modell völlig anonym, dennoch zeichnet Regisseur Peter Webber ein eindrucksvoller Porträt über die damalige Zeit und den Künstler Vermeer. Die Beziehung zum Hausmädchen wird zu keinem Zeitpunkt offen angesprochen, sondern immer nur ansatzweise angedeutet. Ähnlich dezent und zurückhaltend auch die übrige Erzählweise: Der Film bewegt sich in ruhigen Tönen, lässt Dialoge nur dann zu, wenn es wirklich nötig ist und gibt stattdessen einer imposanten Bildsprache Raum, sich zu entfalten. Die Farben sind sehr ansprechend und klar, zeigen Wärme, Kälte, Härte, Liebe - alle Gegensätze, und unterstreichen auf diese einfache, aber effektive Weise die Handlung. Dazu wurde der Film mit einem liebevollen Soundtrack untermalt, dessen Thema sich immer wieder durch die 95 Minuten zieht. Ein klein wenig fühlt man sich dabei an "Chocolat" erinnert; allerdings ist "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" ruhiger und ernster. Wer intelligente Geschichten und ruhige Töne mag, sich voll auf einen Film konzentrieren kann und will, der ist mit dieser britisch-luxemburgischen Produktion aus dem Jahr 2004 gut bedient. Die Schauspielriege trägt das Übrige zum Gelingen bei, Collin Forth als frustrierter Maler, der nicht aus der Haut kann und von seiner despotischen Schwiegermutter dominiert wird, sowie Scarlett Johansson als einfaches Hausmädchen, das tut wie ihm geheißen, sind hervorragende Besetzungen. Auf technischer Seite verwundern den Zuschauer leider kleine Bildschwächen wie leichtes Rauschen oder gelegentliche Verschmutzungen, die für einen aktuellen Film nicht sein dürften. Die Geräuschkulisse ist dafür - was für einen Film dieses Genres nicht normal ist - liebevoll plastisch und kommt immer wieder aus den Surroundboxen.
"Das Mädchen mit dem Perlenohrring" - ein wahres Meisterwerk.

Raimar Eberhard 3.7.05 12:57