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Der Wixxer

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Wir sind nicht Edgar Wallace Dietmar Kesten 20.5.04 16:40
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DER WIXXER

WIR SIND NICHT EDGAR WALLACE

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 20. MAI 2004.

Ein paar kurze Szenen, dann Schüsse, Schreie.
Blutspritzer verteilen sich auf der Leinwand (Bildschirm).
Die Lettern des Films verwandeln sich, und eine
metallne Stimme erklingt:
„Hallo, hier spricht Edgar Wallace!“
Auf diese Eingangsworte waren Krimifans fixiert.
In den 50er und 60er Jahren verhießen diese Worte, dass
Scotland Yard wieder einmal unterwegs war. Es ging raus
in die nassen, nebeligen und dunkeln Strassen
Londons.
Die Jagd auf einen Mörder wurde aufgenommen.
Millionen Menschen saßen gebannt vor den Geräten,
um „Den Frosch mit der Maske“ (1959) zu sehen.
Es folgten „Der grüne Bogenschütze“ (1960/61),
„Die toten Augen von London“ (1961),
„Das Gasthaus an der Themse“ (1962), „Der Zinker“ (1963),
„Der schwarze Abt“ (1963), „Das indische Tuch“ (1963),
„Der Hexer“ (1964), „Der unheimliche Mönch“ (1965),
„Der Mönch mit der Peitsche“(1967) und viele andere.

Die Schauspieler hießen: Eddi ARENT, Karin BAAL,
Dieter BORSCHE, Karin DOR, Heinz DRACHE,
Elisabeth FLICKENSCHILDT, Gert FRÖBE,
Joachim FUCHSBERGER, Klaus KINSKI.
ARENT, der trotteliger Spaßmacher, der später mit
Harald JUHNKE in der Comedy- Serie „Harald und Eddi“ (ab 1987)
zu sehen war, sorgte für die Lacher.

Nun kommt eine kaum sehenswerter Parodie auf diese
alten Streifen ins Kino.
Weniger erfolgversprechend ist dann gleich auch der
Titel „Der Wixxer“, angelehnt an den „Hexer“.
Mit von der Partie sind Deutschlands Comedy-Größen:
Oliver KALKOFE, Bastian PASTEWKA, Olli DITTRICH,
Anke ENGELKE, Oliver WELKE.
Und schon wird gekalauert, dass sich die Balken biegen,
oder doch nicht?
Diese Parodie, die mit Stereotypen und Klischees nur so
glänzt, und mit derzeitigen Comedy-Elementen durchsetzt
ist, ist überhöht und dreht sich selbst den Strick.

In einer Mischung aus infantilem und geschmacklosem Humor
entwickelt sich ein Abfallberg deutscher Kleinkunstfertigkeit,
die sich noch nicht einmal mit den Originalen ernsthaft
beschäftigt hat.
Die Wallace-Filme waren pure Unterhaltung. Sie entstanden
in Zeiten wirtschaftlicher Prosperität, in den das Fernsehen zum Run
auf das Publikum ansetzte, und in diesem Sinne klassische
Unterhaltung bot.
Das Nacht- und Nebel Ambiente Londons, die ‚brave’ Polizei,
Detektive, die an Sherlock HOLMES erinnerten, die Repräsentanten
der staatlichen Ordnung, die dem Bösen trotzten- all das wurde
in illusionäre Bilder gepackt, in Mythologien, in Hoffnungen und
Wünsche.
Man saß vor dem Gerät und erhoffte sich, dass das Gute obsiegt,
und dass vor dem Einschlafen nichts außergewöhnliches mehr
passiert.
Und wenn dazu noch Eddi ARENT blödelte, es verstand, vor sein
Publikum zu treten, dann war selbst die Edgar WALLACE Welt
in Ordnung. Doch die Comedy begann auch hier. Wenn auch der
damalige bescheidene Rahmen keine großen Sprünge
zuließ, so war doch der Weg für die Clowneristen und die
flächendeckenden Spaßmacher geebnet.

Heute meint nun jede/r auf diesen Zug aufspringen zu müssen.
Es vergeht kaum ein Monat, in dem sich nicht der Zwang niederschlägt,
irgendetwas in eine Komödie stecken zu müssen.
Hier ist es das Spiel mit dem Wallace Touch. Im Juli
wird „(T) Raumschiff Surprise“ (Regie: Michael ‚Bully’ HERBIG)
folgen, Helge SCHNEIDER liegt schon hinter uns, „Germanikus“
von Gerhart POLT ist kaum noch im Gespräch- und so werden
die Akteure, die uns beglücken, selbst im Kino zum Abklatsch des
Fernsehauges.
Das alles ist dermaßen abgenutzt, dass die Schattenspiele an der
Wand, die etwa den „Grünen Bogenschützen“ ankündigten,
hier wie kahles Gehölz erscheinen.

Wenn das neue Unterhaltungskino sein Spiel mit dem Publikum
treibt, dann ist zu fragen, ob dieser Gegenstand der Parodie nicht
ins Pubertäre abdriftet: die Hitler Darstellung ist geschmacklos und
ein Ärgernis. Selbst Klaus KINSKI würde sich hier mit seinem
Double kaum in Übereinstimmung befinden können.
Wer sich schon mit dem „Schuh des Manitu“
(Regie: Michael ‚Bully’ HERBIG, 2000), der Persiflage auf die
Karl-May und Winnetou-Filme, nicht anfreunden konnte,
der wird sich hier ebenfalls mehr als langweilen.
Ossi-Witze und Dieter BOHLEN Gags sind dermaßen abgegriffen,
dass dadurch der Eindruck entsteht, dass die Figuren
ihr Mienenspiel einfach nur aufsetzen.
Das ist so viel Ausdruck der Ausdruckslosigkeit, dass schon wieder
die Versteinerung sichtbar wird, die sich mit jedem Gag
in (furchtbare) Schmerzen verwandeln.

Doch der gesamte Ausdruck misslingt ihnen.
Wenn man vom Scheitern sprechen will, der einfachen
Übertragung der Fernsehcomedy auf das Kino, so wird hier
Chance um Chance vertan.
Die Nachdichtungen haben nur den Zweck, irgendwie den
Deutschen Comedyfilm zu retten.
Der Traum kann sich kaum erfüllen; denn wenn die Startebene
immer nur auf Handlungsklischees basiert, die mit Requisiten
und Inszenierungen angereichert sind, wenn das Kino der
Schwerkraft des Geldes und die Quantität der Produktionen
nur auf Nostalgie setzt, und wenn der Zauber der
Stand- up und der Slapsticks verblasst, dann kommt
hoffentlich bald jemand aus der Dunkelheit ins Licht und ruft:
„Der Vorhang klemmt!“

Fazit: Diese Produktion kann auch von den Altvorderen
Wolfgang Völz und Thomas Fritsch nicht gerettet werden.
Engelke, Dittrich und Pastewka agieren wie tausend
bunte Bilder, die im Klamauk untergehen.
Der Film ist tatsächlich ohne Worte.

Dietmar Kesten 20.5.04 16:40