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King Arthur

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SERVICE, REISEN, JOBS Dietmar Kesten 20.8.04 11:56

KING ARTHUR

SERVICE, REISEN, JOBS

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 20. AUGUST 2004.

Ein Werbebanner von ‚VisitBritain’, dem englischen
Fremdenverkehrsamt, einer „Non-Profit-Organisation,
deren Ziel die Förderung des Tourismus
nach Großbritannien ist“, eröffnet dem Kinogänger
den Zugang zu „King Arthur“.
Mit Lancelot, Arthur, Artus, Galahad, Bors,
Tristan und Gawain unterwegs zu sein, das
bringt es.
Wo sind die tapferen Ritter, oh Erwachsensein
ist bitter, Prinz Eisenherz ist tot!
Die Karte, die dem Banner beigefügt ist,
verweist auf die zahlreichen Orte der Schlachten
die Mythos sind, Mythos bleiben und Mythos waren.
Schottland, Wales, die Kanalinseln: die Legende
auf der Leinwand. Wiederum ein Kinoabenteuer
„voller Action und Spannung“. Mit Clive OWEN;
Kaira KNIGHLEY, Ray WINSTONE, IAN GRUFFOD.
Hier geben Schauspieler die „wahren Wurzeln“
einer Geschichte wieder, die Geschichte sein will
und von vielen als Geschichte betrachtet wird.

Die Saga von König Arthur: das sind die
stilisierten Heldengestalten in einem neuzeitlichen
Licht.
Sie lenken im verborgenen die Geschicke der
Zeit und setzen den König der Legenden auf den
Thron, geben ihm das heilige Schwert und
machen den Sachsen den Garaus.
Rituale, Magie, visionäre Einsichten und Größe.
Wer auf dem richtigen Weg des Glaubens ist,
der wird siegen. Eine einfache Botschaft, die
in all diesen Legenden, den Historienfilmen,
und den Schmachtfetzen durchs Kino rast.
In der Enthüllung des Mysteriums vom Heiligen Gral
erfüllt sich das Schicksal vom King und seinen
Rittern. Nach der Kinderstunde trifft sich die
Tafelrunde: das ist Höhepunkt und Abstieg zugleich;
denn auch Avalon versinkt, die Insel der
Apfelbäume, die alte Welt der Naturreligionen.
Alles verschwindet unwiederbringlich im Nebel der Zeit,
ist mit Blindheit und dem Wahn geschlagen, alles
verschreibt sich dem männlichen Gott, dem Kreuz und
dem Schwert.
Und auf seltsame Weise wird man in „King Arthur“
an Gandalf den Zauberer aus dem „Herrn der Ringe“
erinnert.
Jener Weise, der unzählige Male auferstand, zu
Reisen antrat und - man sehe und staune - wiederkam.

Hier bestimmen Haudegen das Geschehen.
Es geht nur um das Heraufbeschwören
vergessener Ideale, um ein unverständliches
märchenhafte Geschehen.
So entstehen unlösbare Konflikte, die nur im
paradiesischen Reich der Feen zur Auflösung gelangen
können.
Im Sog der Ereignisse bewähren sich wieder die
Starken, die auf der düsteren Burg Tintagel in
Cornwall hausen. Die Zerrissenheit und die
Unsicherheit, das Denken, Fühlen und Handeln
wird hier dem Sog der Ereignisse geopfert.
Metaphysischer kann ein Film nicht sein.

Mario ZIMMER BRADLEY hatte mit ihrem Buch
„Die Nebel von Avalon“ (Frankfurt/M. 1983)
sich bereits dieser Geschichte gewidmet.
Auch dort war überschwängliches Pathos
angesagt, eine geschriebene Schlachtenplatte, die
den filmischen Exzessen aus „Kill Bill“, „The Last Samurai“
oder „Troja“ im übrigen in nichts nach stand.
Der düstere Streifen will Anspruch auf historische
Wahrheit erheben.
Das mag bezüglich der Kostüme zutreffen; denn
zur Mitte des fünften Jahrhunderts wird man sich
wohl so ausgestattet haben.
Aber auch hier versucht Regisseur
Antoine FUQUA („Der Ersatzkiller“, 1997,
„Training Day“, 2001, „Tränen der Sonne“, 2002)
seine vulgären Schilderungen nur in ein Ritterkostüm
zu pressen; der die Schergen dem Gedanken
näher bringt, für ihre zweifelhafte Freiheit
(n-)rotgedrungen zu morden. Die Aufforderung dafür
erhalten sie per Entlassungsbrief aus der Armee.

Der Versuch der Vergeschichtlichung eines
Mythos muss mit Fug und Recht als gescheitertes
Unternehmen bezeichnet werden.
Die durch den Krieg dezimierte Gemeinschaft
wird nur durch die Bluttaten im Namen Roms
zusammengehalten.
„King Arthur“, die „Braveheart“ Variante
(Regie: Mel GIBSON, 1994) mit
„Excalibur“ Geschmack (Regie: John BOORMAN, 1981)
will in neuen Ansätzen einmünden, ist aber nur
die Geschichte Klischeeböser, Mörder, Plünderer,
Vergewaltiger und der Guinevere (Keira KNIGHTLEY),
einer modernen plaudernden Amazone, die im knappen
Leder-Outfit daherkommt, so als ob sie ein archäologischer
Fund im Urwald von Peru wäre.

Die Rolle von Arthur bekam im übrigen der Brite Clive OWEN;
der als neuer James Bond gehandelt wird.
Leider darf er in diesem Film keinen BMW fahren; denn mit
diesem ist er ja in „Der Croupier“ (Regie: Mike HODGES, 1998)
bekannt geworden.
Der Sachsen Anführer, der Schwede Stellan SKARSGARD,
wäre etwas für „Die drei Musketiere“ in Originalfassung
gewesen (Regie: Andre HUNEBELLE, 1953), die mit
kantigem Strich und warmer Fläche zu ihrer Zeit den
Zuschauer unterhalten konnten.
Hier scheint alles aber eher einem Selbstporträt zu
entsprechen.
So auch die Rolle des Galahads oder Bors. Ob hier
die berüchtigten englischen Fußballfans Pate gestanden
haben, oder die Pepsi Werbung mit Backham?

„King Arthur“ ist aus der Trickkiste. Alle nichtssagenden
Kampfszenen sind aus dem Computer. Gefährliche Waffen
sind nachträglich reingeklebt und/oder verlängert.
Aus dem Computer kamen auch Pfeile und in viele andere
Szenen, sogar die Narben im Gesicht der Darsteller.
Merkwürdig auch, dass in großen Kampfszenen (etwa
auf einem vereisten See) nie eine richtige (echte)
Schneeflocke zu sehen war.
Ja, die grünen englischen Wiesen, die sich auf einmal
in weiße Landschaften verwandeln können. Wie gut, dass
es Computer gibt, die alles schnell verändern.
Nur der Zuschauer ist wieder einmal geleimt.
Dass Till SCHWEIGER als Sachse mit langem Bart hier
das dunkle Zeitalter verkörpert, ist nur noch peinlich.
Irgendwann macht man sich Sorgen um seine
Gesichtsmuskulatur; denn bei den ständig hängenden
Mundwinkeln ist der Ruf nach einem
Schönheitschirurgen nicht unbegründet.

Zurück zum Reiseführer: man begebe sich nach
Fort William, von dort nach Stonehenge, besucht
Pendragon Castle und landet schlussendlich am
Hadrian’s Wall.
Toll wie hier der Eindruck erweckt wird, dass
ein Flug mit der Air-Berlin uns mitten ins Geschehen
bringt.

Fazit: Ohne Worte!
Ein Epos, in dem viel von Freiheit, Treue und Liebe
zum Vaterland geredet wird. Der Film ist nichts anderes
als eine aufwendige Rache-Story. Er flüchtet sich
in voyeuristische Grausamkeiten und üble Klischees.

Dietmar Kesten 20.8.04 11:56