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Nicholas Nickleby

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Nicholas Nickleby
Charlie Hunnam, Tom Courtenay
USA / Großbritannien / Deutschland / Niederlande 2002 - Regie: Douglas McGrath - Darsteller: Charlie Hunnam, Jamie Bell, Christopher Plummer, Jim Broadbent, Juliet Stevenson, Nathan Lane, Anne Hathaway, Tom Courtenay - FSK: ab 12 - Länge: 132 min. - Start: 8.1.2004
Beschreibung

Die Lage nach dem Tod des Familienoberhauptes ist erbarmungswürdig. Und der einzige, an den sich der junge Nicholas Nickleby (Charlie Hunnam) in seiner finanziellen Not zu wenden weiß, ist Onkel Ralph (Christopher Plummer), der in London lebende Bruder seines verstorbenen Vaters. Von ihm hat es immer geheißen, er sei äußerst wohlhabend – und durchaus wohltätig gesinnt. Also machen sich Nicholas, seine Mutter und seine Schwester Kate vom ländlichen Devon auf den Weg in die große Hauptstadt. Doch der vermeintliche Retter entpuppt sich als herzloser Tyrann.

Denn der alte Herr hat sofort einen Plan: Seine unschuldige Nichte Kate will er, gegen entsprechende, dringend benötigte Geldzuwendungen, an einen widerwärtigen Geschäftsfreund verkuppeln. Und Neffe Nicholas wird im Eiltempo zurück aufs Land geschickt und damit als potentieller Störenfried aus dem Weg geräumt. Als Hilfslehrer soll er in dem düsteren Internat Dotheboys Hall arbeiten und mit dem mageren Gehalt seine Familie im fernen London unterstützen.

In Dotheboys Hall führen Wackford Squeers (Jim Broadbent) und seine Gattin (Juliet Stevenson) ein schreckliches Regiment: Ihre kleinen Schutzbefohlenen, die eigentlich sorgenfrei lernen sollten, führen in den trostlosen Hallen ein entbehrungsreiches Leben. Am schlimmsten hat es allerdings den jungen Smike (Jamie Bell) getroffen: Ihn behandelt das böse Ehepaar Squeers so gnadenlos ungerecht wie einen Sklaven.

Nicholas und Smike freunden sich an und fliehen, bei Nacht und Nebel vor ihren Peinigern. Das Abenteuer ihres Lebens kann beginnen...

Jedes Ding hat seine Zeit, aber manche Dinge sind zeitlos: In den vergangenen zehn Jahren hat allein der englische Verlag Penguin zwölf Millionen Exemplare der 14 Romane verkauft, die aus der Feder von Charles Dickens (gest. 1870) stammen.

So ist es nicht weiter verwunderlich, dass das Kino immer wieder auf seine literarischen Vorlagen zurückgreift; zuletzt wurde 1998 „Große Erwartungen“ in einer modernisierten Fassung mit Gwyneth Paltrow und Ethan Hawkes verfilmt. Selbst Kermit der Frosch, Miss Piggy & Co. zollten dem Engländer mit „Die Muppets-Weihnachtsgeschichte“ ihren Tribut.

Mit seiner Adaption von „Nicholas Nickleby“ hat sich US-Regisseur und Autor Douglas McGrath einem der weniger bekannten Romane von Charles Dickens angenommen. Erzählt wird darin der zeitlose Kampf zwischen Gut (in Gestalt des Titelhelden) und Böse (Nicholas‘ Onkel Ralph Nickleby), der als Mischung aus Tragödie, Komödie und Romanze gleichermaßen erschüttert, amüsiert und ans Herz rührt. Unter seiner sensiblen Anleitung entstand ein an Originalschauplätzen gedrehter, wunderbar poetischer Kostümfilm, in den man sich – wie schon bei McGraths Jane-Austen-Verfilmung „Emma“ – mit Genuss fallen lassen kann.

Unterstützt von einem großartigen Ensemble, darunter die Crème de la crème britischer Schauspieler, und der Komponistin Rachel Portman, die auch für diesen Film wieder einen wundervollen Soundtrack geschrieben hat, gelingt McGrath das Kunststück, aus einem viele hundert Seiten dicken Schmöker die Essenz zu destillieren. So dass selbst Kenner der Romanvorlage zugeben müssen: Diese ebenso zärtliche wie grausame Geschichte, die viel Elend zeigt und trotzdem tröstlich ist, vermag immer noch, mehr als 160 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung, das Publikum zu fesseln. Kein Wunder: Der Traum von einer besseren Welt hat heute mehr Gültigkeit denn je...
Text & Foto: Solo