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The Day after Tomorrow

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Emmerich und die Wissenschaft Dietmar Kesten 30.5.04 14:16
Emmerich und die Wissenschaft Mauls von Hauls 31.5.04 13:46
Emmerich und die Wissenschaft Dietmar Kesten 31.5.04 14:50
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THE DAY AFTER TOMORROW

ROLAND EMMERICH UND DIE WISSENSCHAFT

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 30. MAI 2004.

Das Szenario von Roland EMMERICH in „The Day After Tomorrow“
stimmt nicht.
Das von ihm angenommene Inferno, seine Zeitskala, wird auf
einige Tage reduziert. Damit agiert er faktenwidrig, handelt
nur gemäß der Hollywoodkurve, der Kassenträchtigkeit.
In „The Day After Tomorrow“ lässt EMMERICH es heftig
krachen. Im übertragenen Sinn fällt die große Echse
aus „Godzilla“ auch diesmal über New York her:
Hagelkörner, Eiszapfen, Tornados, Flutwellen,
Taifune, Stürme, Kälte, Massenflucht,
Überschwemmungen sollen angeblich innerhalb von Tagen
die Welt (dramatisch) verändern.
Doch das Klima kippt nicht im Zeitraffer um.

Eine Eiszeit gab es zuletzt vor ca. 12.000 Jahren. Damals,
am Ende der Eiszeit schmolzen riesige Gletscher über der
Hudson Bay ab.
Nur, wenn im hohen Norden (zwischen Grönland und Norwegen)
kaltes, salzreiches (und damit schweres) Wasser in die
Tiefe sinkt, sodass warmes Oberflächenwasser aus dem Süden
nachströmt, könnte es Probleme geben.
Dieser Motor könnte ins Stottern geraten, wenn zu viel
Süßwasser in die Lager gerät.
Wann das geschehen könnte, und wann Europas
Zentralheizung ausfällt, darüber gibt es keine gesicherten
Erkenntnisse.
Zumindest derzeit gibt es die Gefahr, die EMMERICH
darstellt, den schlimmsten, anzunehmenden Super-Gau,
nicht.

Trotz der Tatsache, dass es eine Klimaveränderung gibt,
oder besser, geben wird (wenn die Temperaturen sinken,
der Golfstrom abreißt), wird die Eiszeit nicht erreicht
werden, denn damals war es ca. 20 Grad kälter als heute.
Zur Zeit federt die Erderwärmung Niederschlagsverteilung
und Sturmhäufigkeit ab.
Was bleibt ist eine gewisse Abkühlung mit Überschwemmungen,
Niederschlägen, verheerenden Stürmen, heißen Sommern,
kalten Wintern rund um den Globus.
Die gab es jedoch in den letzten hundert Jahren in
unregelmäßigen Abständen immer wieder.
Eine Eiszeit, meinte Toll KUHLBRODT vom Potsdamer
Institut für Klimaforschung, „ist in den nächsten
10.000 Jahren nicht zu erwarten“ („Die Zeit“, Online
23/2004).
Das vereiste Manhattan ist sozusagen Phantasie.

Vielleicht ist es möglich, dass in den nächsten 50 Jahren
Temperaturen wegbrechen, die in Nordwesteuropa
um 2, 3, vielleicht 4 oder 5 Grad fallen. Ob die
EMMERICH-Dramaturgie dann folgt, wäre abzuwarten.
Christoph SCHÄR (Zürich) meint zwar, dass „das
für Europa ein katastrophales Ereignis wäre“ und:
„Vom Mittelmeer bis Island liegen die Werte zum Teil
mehr als drei Grad über dem langjährigen Mittel.
Aufgrund der alten Klimareihe können wir ausrechnen,
dass der Sommer 2003 eigentlich nur alle 10.000 Jahre
auftreten sollte - ab 2100 könnten wir fast jedes zweite
Jahr einen solchen Sommer haben.“ (3sat Online,
30, Mai 2004), doch die Klimaforschung betrachtet
das nicht einheitlich.

„Selbst wenn der Golfstrom zusammenbricht, gibt es
keine Eiszeit“, meinte Mojib LATIF vom Hamburger
Max-Planck-Institut für Meteorologie.
Er geht davon aus, dass „es in den nächsten Jahren
und Jahrzehnten (zwar) noch schlimmer wird. Das Ende
der Fahnenstange ist nicht erreicht.
Wir hatten in den vergangenen hundert Jahren eine
Temperaturänderung im globalen Mittel von ungefähr 0,7 Grad.
In den nächsten hundert Jahren werden wir auf jeden Fall noch
mal eine Erwärmung um ein Grad haben, weil wir schon so
viele Treibhausgase in die Atmosphäre entlassen haben.
Alles, was über dieses eine Grad hinausgeht, haben wir
noch in der Hand. Falls wir so weitermachen wie bisher,
müssen wir in den nächsten hundert Jahren mit drei bis
vier Grad Temperaturerhöhung
rechnen.“(N-tv. de. Online, 30, Mai 2004).

Eine veränderte Meeresströmung, die die Pegel im
Nordatlantik steigen ließe, die das flache Holland
kaum schützen könnten (trotz Dämme, Deiche und
Polder) und New York in arge Bedrängnis brächte,
gäbe es nur dann, wenn die Nordhalbkugel vereisen
würde, sodass Schnee und Eis viel Sonnenenergie
ins Weltall zurückwirft.
Treibhausgase sind, wie LATIF erklärte, sehr gefährlich.
Die Gefahren sind bekannt.

Seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre hat sich die
ökologische Krise beständig verschärft.
Die sich voranfressende Weltmaschine verbraucht
zu viele fossile Brennstoffe, Metalle usw. auf Kosten
der zukünftigen Generationen.
Sie zerstört in erschreckendem Maße die elementaren
und natürlichen Grundlagen: Boden, Atmosphäre,
Wasser, das ökologische Binnensystem (tropische
Regenwälder, Alpen, Nordsee, Mittelmeer,
Atlantik etc.).
Ob Waldsterben, Ozonloch, heiße Sommer,
Überschwemmungskatastrophen mit verheerenden
Tornados und Taifunen- das alles ist planetarischer
Raubbau.

Es ist klar, dass das Fakten sind. Bei EMMERICH
dagegen ist die Kinoeiszeit das Chaos in Perfektion.
Wie viele Menschen wird es geben, die den
Kino-Gau für bare Münze nehmen werden?
Die von Menschen gemachten Treibhauseffekte
sind auch die Folgen der Gier des global agierenden
Kapitals, das ohne Rücksicht auf Verluste den Globus
in den ökologischen Zerstörungsprozess hineintreibt.
Auch das wird kaum beachtet.
Bei EMMERICH schon gar nicht.
Das Unbehagen an seinem Film ist der nachlässige
Umgang mit all diesen Fakten.
Da mag man staunen, wenn sein Co-Produzent
Mark GORDON unvermittelt erklärt:
„Wir wollen keine wissenschaftliche Vorlesung halten,
sondern die Leute unterhalten.“ („Die Zeit“ Nr. 23/2004).
Das ist dann die Wahrheit.

Fazit: Emmerich ist mit seinem Totalmobilmachungsfilm
auf die sonntägliche Fahrverbotsstraße geraten.
Sein ewiger Motorenlärm überdeckt die tatsächlichen
Fakten und die möglichen Gefahren.
Er verpackt ein zu ernstes Thema in einen reißerischen
Film a la Hollywood.
Seine Orgie der Zerstörung folgt der Themenverwurstung
Hollywoods.
Es gilt, ein Bewusstsein für Umwelt, Klima und
Klimaveränderung (Wetter) zu schaffen, sonst droht dem
Kopf tatsächlich eine Eiszeit.
Filme wie „The Day After Tomorrow“ sind allerdings dafür
völlig ungeeignet.

Dietmar Kesten 30.5.04 14:16