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Troja

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Arg überschätzt, dieser Film Raimar Eberhard 13.5.04 22:34

Das war dann also mein erster Monumentalfilm seit "Gladiator". Und obwohl "Troja" durchaus Unterhaltungswert hat, war er doch enttäuschend. Um es gleich vorweg zu nehmen, ich gebe dem Film 2,5 / 5 Punkte.
Was der Zuschauer zu sehen bekommt, ist allesamt nichts Neues und man hat es so oder so ähnlich schon irgendwo mal gesehen, gehört oder erzählt bekommen ("Herr der Ringe" erkenne ich sogar, ohne den Film gesehen zu haben: z.B. der Botenjunge am Anfang sieht wie Frodo aus; die Landung der Griechen an der Küste sieht wie die Landung der Alliierten in der Normandie bei "James Ryan" aus). Kreativität scheint wohl nicht die Stärke der Filmmacher zu sein, nicht einmal, wenn man auf eine knapp 3.000 Jahre alte Story zurückgreifen kann und sich darum eigentlich nicht mehr sonderlich kümmern muss (und demzufolge Zeit und Muße für eigene Ideen haben müsste).

Inhalt: ordentlich
Im Großen und Ganzen dürfte das wohl dem guten alten Homer entsprechen, was man hier geboten bekommt. Nur leider vergisst man, dass es doch arg viele Personen sind, die hier auftauchen, und unterlässt es, sie näher vorzustellen oder ihre Charakterzüge darzustellen. Der Fokus des Films liegt auf Achilles (Brad Pitt), wie anders sollte man sich erklären, dass ihm die Eröffnungssequenz zusteht. Dabei hätte man meines Erachtens den Ursprung für den Raub (oder das freiwillige Weggehen) der Helena an den Anfang stellen sollen, um Paris' Entscheidung auf göttliches Schicksal basieren zu lassen (drei Göttinnen streiten, wer die schönste von ihnen sei, Paris soll entscheiden, seine Wahl fällt auf Aphrodite, weil die ihm nicht Macht oder Land, sondern die schönste Frau der Welt dafür verspricht, somit hat er göttliche Legitimation, sich Helena zu schnappen). Überhaupt fand ich den Aspekt der Gottheiten und deren Beziehungen zu den beiden Kriegsparteien zu schwach dargestellt (ein paar mal Apollo erwähnen oder Zeus zu rufen, ist etwas wenig). Und auch die politische Situation in Griechenland hätte man besser zeigen können als in kurzen Einblendungen vor dem Filmbeginn; aber gut, man muss hier irgendwo kürzen, das sehe ich ein.
Na, und wenn ein Punkt schön gewesen wäre, dann das Auftreten von Laokoon, der die Trojaner noch vor dem Pferd warnt (interessanterweise tritt im Film ein anonymer Priester auf, der ikonografisch vielleicht Laokoon sein könnte, aber er darf nur mal kurz was sagen; dabei ist erst sein durch göttliches Schicksal besiegeltes Ende der Grund für die Trojaner das Pferd doch noch in die Stadt zu ziehen). Aber nein, gerade in den letzten 20 Minuten wird gehetzt, gerade so als ob Petersen urplötzlich aufgefallen ist, dass er keine Zeit und kein Geld mehr für einen längeren Film hat.

Sound: katastrophal
Meinetwegen soll James Horner die Musik machen, meinetwegen. Aber hier ist der Film komplett überladen, die orchestralen Themen wiederholen sich permanent, drängen sich in den Kampfszenen (Ausnahme: am Schluss) in den Mittelpunkt, anstatt dass sie die Szenerie dezent unterstreichen. Und wenn mal nicht das Orchester zu hören ist, erwartet man, dass irgendwo an ner Ecke Enya auf einem Stein sitzt und singt. ;-)

Kulissen: mäßig
Immer und immer wieder dieselben Einstellungen, dazu stereotyp immer wieder dieselbe Kamerafahrt über die Stadtmauer vorneweg nach unten. Besonders übel fand ich den Apollontempel, der mit verwitterten (!) Statuen glänzte. (Einmal hatte ich auch das Gefühl, dass die Schauspieler vor einer eingestürzten Mauer standen, aber das war zu kurz zu sehen, als dass ich da sicher sein könnte.) Räumlichkeit vermisste ich stellenweise ebenso, da sah die Größe mehr nach Kulisse denn nach echter Stadt bzw. Tiefe aus.
Die Lage von Troja und ihre Größe hätte man eigentlich auch mal zeigen können (wenigstens einmal Vogelperspektive), denn so konnte man sich eigentlich gar nicht vorstellen, wie groß und umfassend diese doch gewesen sein muss.

Spezialeffekte: schwach
Aber hallo! Von der Logik bzw. Unlogik mal abgesehen (hunderte von Boote sind auf dem Meer zu sehen, am Strand liegt dann nur ein Bruchteil), erkennt man bei den Booten und den Soldaten recht deutlich den Kollegen Computer; die Bewegungen sind zu wenig abwechslungsreich und spielen sich vor meist monochromem Hintergrund ab.

Schauspieler: relativ gut
Brad Pitt versucht zwar einen einigermaßen menschlich rüberkommenden Achilles zu verkörpern, aber außer seinem Körper zeigt er nicht viel Einsatz. So war die einzige Person, die bei mir einen positiven Einruck hinterlassen hat, Eric Bana. Und das nicht nur, weil Hector der einzig sympathische Charakter zu sein scheint. Orlando Bloom als schöner Jüngling, na gut.

Synchronsprecher: gut
Was auffällt, ist aber die Stimme von Brad Pitt, die ihm einen arroganten Ausdruck verleiht. Meinetwegen. Weit auffälliger fand ich aber die Sprecherin von Diane Kruger (Helena), die stellenweise mit ihrer leidenschaftlichen Stimmlage und Aussprache gut passte, aber leider manchesmal so klang, als ob hier jemand mit Akzent spricht und einzelne Buchstaben im Wort weglässt oder nicht betont. Ganz so schlimm wars nun nicht, aber doch auffällig.

Die knapp drei Stunden waren recht schnell vorbei, das muss ich zugeben, nur was bleibt noch übrig, wenn ich mal die Kampfszenen außen vor lasse? Leider nicht viel, und ganz besonders wenig Abwechslungsreiches oder Kreatives, um von einem bleibenden, monumentalen Filmgenuss reden zu können. Für meinen Geschmack ist "Troja" absolut überschätzt, was aber nicht heißt, dass man ihn sich nicht trotzdem, ohne groß Bauchschmerzen zu bekommen, mal ansehen kann.

Raimar Eberhard 13.5.04 22:34