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Troja

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DAS KRIEGERISCHE IN TROJA Dietmar Kesten 26.5.04 17:15

TROJA

Zum PROBLEM DES KRIEGERISCHEN IN TROJA

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 26. MAI 2004.

Das Problem des „Kriegerischen“ reduziert sich im Film
auf die überraschende Rückkehr der alten Motive, von der nicht
zuletzt auch „Der Herr der Ringe“ profitierte.
Und das offenbar anstehende Comeback der Ritterfilme zeigt
das Bedürfnis der Orientierung in unsicheren Zeiten, in Zeiten
der Kriege, wobei der Westen durch permanente kriegerische
Auseinandersetzungen und Scharmützel an dieser
Unmittelbarkeit strickt.

Man ist erstaunt über die postmoderne Ironie, mit der die Bilder
und Erzählungen aus der vergangenen Zeit in die Populärkultur
drängen.
Wer heute diese Geschichten inszeniert, der sollte sich daran
erinnern, dass das Universum voller Kriege ist, voller Kämpfe und
Katastrophen.
Das sollte ernst genommen werden, anstatt sich einem
obsessiven Drang nach Authentizität im Kino hinzugeben.
Filme wie „Troja“ erzeugen ein unangenehmes Bauchgefühl.
Und er rangiert auf einer Ebene wie „Gladiator“ der
„Herrn der Ringe“ oder die „Passion Christi“.
Schwert und Dreizack sind nur die Weiterentwicklung von
Messern und Dolchen.

Und auf der Leinwand manifestiert sich die Sehnsucht nach der
vormodernen Urgewalt, die sich im Spektakulären
niederschlägt.
Hollywoods Schlachtenszenen und Massenaufmärsche verpassen
diesem Kino einen neuen technizistischen Glanz, aber mehr noch:
eine tatsächliche Schieflage; denn die Analogien zu aktuellen
Schlachtenfilmen z. B. sind unübersehbar (vgl. „Black Hawk Down“).
Der Monumentalfilm drängt mit Macht ins Kino.
Nach „Ben Hur“,“El Cid“ und „Spartacus“ fallen im antiken
Film momumental und männlich auf.
Die Schauwerte sind fast ausschließlich (vgl. Brad PITT) an die
Erscheinung des Mannes gebunden, an das Spektakel
des männlichen Körpers.

Insofern ist „Troja“ ein Film mit Männern, die in den Krieg
ziehen. Und da unterscheidet er sich im übrigen auch gar nicht
von aktuellen (politischen) Bezügen.
Denn das Schlimme ist der Zug zum Zwang: der Stoff, aus dem
die Helden sind.
Mord und Totschlag, das ist die Last ihres Handelns, Geschichte,
Verhängnis und Erlösung.
Der zornige Achill ist wie der nach innen gekehrte Gladiator
Russell CROW, und Aragorn könnte man für einen Zivi halten,
wenn er nicht so kriegerisch wäre.

Hollywood hat mit diesen neuen Mainstream-Produktionen
den Krieg zum Paradigma männlicher Existenz erklärt.
Ein Grund mehr, hier zu kritisieren.
Die Traumfabrik hat überraschend ein Genre gefunden,
dass ihr helfen wird, das zu machen, wovon man im
Film nicht gerne spricht: Politik.
Es wird Tote geben. An allen Fronten. Bereits bei der
ersten Schlachtenszene wird das deutlich.
Das Kino bereitet das Stück für Stück neue auf. Nur die
Fronten werden immer unklarer.

Wenn die Amerikaner sich täglich ihre Kontingente an Särgen
aus dem Irak abholen müssen, dann zeigt das auch die
aktuelle Beängstigung, die Filme wie „Troja“ nach sich
ziehen.
Hier gilt es, sich als Mann zu bewähren. Wenn dann
die Leichensäcke verschifft werden, dann gibt es nichts mehr,
um sich zu bewähren.

Dietmar Kesten 26.5.04 17:15