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Krieg der Welten

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Seid auf der Hut Nienna 3.7.05 11:40

Die Gefahr lauert im Boden! Seit Ewigkeiten sind dort monströse dreibeinige Metallkolosse vergraben, die nur auf ihre Stunde und ihre Lenker warten. Und eines Nachmittages kommen sie auch, in mächtigen Gewitterwolken ziehen sie übers Land und reiten auf Blitzen in die Gedärme der Erde...
Von da an hat das Rennen, Kreischen und Getöse kein Ende mehr: Spielberg gibt seine Visionssuchen (A.I., Terminal) auf, und kehrt zurück zu seinen Wurzeln mit der sich selbst auferlegten Verpflichtung zum Superlativ. Von der E.T oder Unheimliche Begegnung der dritten Art - haften Botschaften "Friede allen Völkern der Galaxis" ist hier nichts mehr zu sehen, es ist der nackte Überlebenskampf im Angesicht der drohenden Vernichtung. Gegenwehr ist unmöglich, unsere Waffen versagen und die einigende Kraft politischer Führungen - wie sie vor allem die Amerikaner so schätzen - ist versiegt, sie schweigt. Was bleibt sind apokalyptische Szenarien von Menschenmähdreschern im Hochhausformat, die durch famos gefilmte Abendstimmungen stelzen, sind Flammen und Schreie, die wir von der anderen Seite des Hügels wahrnehmen, ohnmächtig dem nahenden Untergang geweiht - und was bleibt ist die Verzweiflung und Bestialität des Fliehenden, der mit bloßen Händen eine Windschutzscheibe durchbricht und alles und jeden zertrampelt, der nicht Schritt halten kann. Hier hat der "Krieg der Welten" seine unbestreitbaren Stärken, das ist die ultimative Katastrophe, das schonungslose Entsetzen, dem kein heldenhafter Staatspräsident und kein lässiger Army-Pilot mit Zigarre hinterm Ohr Einhalt gebieten kann. Das ist die unverfälschte Panik und Todesangst vor dem übermächtigen Feind, den wir umso mehr zu fürchten haben, da er Äonen lang unter uns geschlafen hat - die latente, in eine Klammer von Kultur und Fortschritt gespannte Gewalt, die ausbricht und sich Gehör verschafft, der unbarmherzige Faschist, der in uns allen schlummert. Könnte man sich fortwährend in solch locker abgesteckten Interpretationsarealen bewegen, so würde Spielbergs neuester Streich durchgängig gefallen. Doch da kommt uns der Regisseur als Moraltheoretiker, als Familientherapeut in den Weg, so wie er es in harmloserer und selbstironischer Weise schon bei Jurassic Park getan hat: Im zweiten Handlungsstrang führt Spielberg nämlich ein "Rettet die Familie" Plädoyer, ein eingangs noch amüsantes Zueinanderfinden der wahren amerikanischen Kleinfamilie. Und es ist kaum faßbar, wie dadurch (ähnliches geschah ja schon bei "Day after Tomorrow") ein Plot in den Sand gesetzt wird. Die Vater-Sohn Geschichte trieft von trivialpsychologischen Erläuterungen und das kleine Töchterchen (virtuos: Dakota Fanning) kreischt und zittert recht anständig und ist ansonsten eine ganz gewiefte und liebe Assistentin bei Daddys Vorstoß zur wahren Mannbarkeit und Vaterschaft. Die geschiedene Frau wartet in zweifach guter Hoffnung derweil im Luxusappartement, das wundersamerweise ohne Schaden geblieben ist und hat eigentlích keine andere Aufgabe, als die geläuterten und gereiften Männer ihres Clans (denn auch der Sohn hat seinen eigenen kleinen Initiationsritus gut überstanden: die Loslösung vom Vater angesichts der Prüfung durch die Welt) in ihre Arme zu schließen - und die blasse Auflösung der Story (die von der literarischen Vorlage so vorgeschrieben ist) läßt den Verdacht zu, Spielberg hätte mit H.G. Wells Geschichte ein ideales Terrain gefunden, um vor diesem Hintergrund seinen entwicklungspsychologischen Exkurs abzuhalten...

Nienna 3.7.05 11:40