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Napola - Elite für den Führer

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DAs Unfassbare fassbar machen StefanS 20.8.05 00:59

Sicherlich fehlt dem Film das Schockierende der Holocaustfilme der 80er-Jahre. Er nimmt damit geradezu dem Nationalsozialismus den Schrecken, denn im Vergleich zu "Holocaust", "Schindlers Liste" und einer ganzen Reihe von Filmen, die sich vor allem mit den Opfern und nicht mit den Tätern beschäftigen, ist Napola ein recht sachte vor sich hinplätscherndes Schülerdrama.

Dafür fehlt dem Film aber auch jede Betroffenheitslyrik. Er ist damit ein Film, der mitunter gerade Jugendlichen viel näher steht, die Frage "wie hätte ich gehandelt" steht im Vordergrund, nicht die Belehrung und der lähmende Schock angesichts des ohnehin nicht adäquat auf der Leinwand darstellbaren Schreckens der Judenvernichtung. Vielleicht ist die "Reduzierung" auf solche hautnahen, an der Lebenswirklichkeit der heutigen Jugend orientierten Wertefragen angesichts der ungleich barbarischeren Realität des Holocaust verwerflich, vielleicht ist es aber auch die einzige Möglichkeit, die Schrecken nicht in die völlige Abstraktion abgleiten zu lassen.

Die moralischen Fragen, die der Film aufwirft, rekurrieren nicht auf die großen Fragen von Schuld und Sühne angesichts des Unfassbaren, sondern werden heruntergebrochen auf Zwischenmenschliches, auch mit viel historischem Abstand und wenig historischem Wissen sehr Fassbares. Ein Wenig erinnert NAPOLA damit an Wicki`s "Brücke", wenngleich Wicki die "Brücke" - seiner Zeit entsprechend - nicht mit dem Schimmer einer Hoffnung enden lässt und eigentlich dort aufhört, wo die Entwicklung der Jungen in NAPOLA anfängt.

NAPOLA belehrt nicht, er beschuldigt nicht, sondern er regt ohne Vorwurfsduktus zum Nachdenken an. Hierzu passt auch das sehr offene Ende. Mehr kann man von einem guten Film wohl nicht verlangen.

StefanS 20.8.05 00:59