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The Cremaster Cycle

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The Cremaster Cycle
Marti Domination in Cremaster 1
USA 2002 - Regie: Matthew Barney - Darsteller: Marti Domination, Norman Mailer, Matthew Barney, Richard Serra, Aimee Mullins, Ursula Andress - Länge: 396 min. - Start: 6.10.2005
Beschreibung

Mit dem CREMASTER CYCLE hat Matthew Barney, einer der herausragendsten Künstler unserer Zeit, den wohl unkonventionellsten Filmzyklus des modernen Kinos geschaffen. Für die Fertigstellung seines insgesamt 400 Minuten umfassenden Gesamtwerkes benötigte der Künstler nahezu zehn Jahre (1994-2002). Nicht in chronologischer Reihe entstanden, bilden die fünf Teile des CREMASTER CYCLE ein in sich geschlossenes, ästhetisches Ganzes.

Entworfen als gefilmte Performance-Serie, in denen der Künstler Matthew Barney selbst, außer in CREMASTER 1, immer eine zentrale Rolle spielt, wurden die Filme zunächst einzeln in Museen präsentiert. Mit seiner überwältigenden Bildersprache und seiner höchst eigenwilligen Verquickung von unterschiedlichsten Stoffen, die etwa dem Musical, dem Western oder der keltischen Sagenwelt entlehnt sind, ist der CREMASTER CYCLE tatsächlich, wie Michael Kimmelman in der New York Times meinte, “sowohl vom Ehrgeiz und vom Umfang des Projektes her, wie auch aufgrund seiner provozierenden Direktheit, ein Meilenstein für die Kunst des neuen Jahrhunderts.”

Hervorgegangen aus künstlerischen Darbietungen, die den menschlichen Körper in all seiner Abhängigkeit von psychischen Impulsen, in all seiner physischen Begrenztheit als Symbol schöpferischer Kraft erscheinen lassen, zerlegt der Film-Zyklus den menschlichen Körper in die Einzelteile eines zeitgenössischen Schöpfungsmythos. Das Grundkonzept des Zyklus ist der Biologie entlehnt. Barney beschäftigt sich besonders mit dem Prozess der geschlechtlichen Differenzierung während der embryonalen Phase des Menschen. Von CREMASTER 1, dem femininsten Stadium des embryonalen Prozesses, in dem der Fötus noch geschlechtlich unbestimmt ist, bis CREMASTER 5, der seinen differenziertesten Zustand darstellt. Kremaster bezeichnet einen willkürlichen Muskel, der die Hoden je nach Temperatur oder Angstzustand hebt und senkt.

Namhafte Persönlichkeiten wie Norman Mailer, Ursula Andress und Aimee Mullins haben als Schauspieler mitgewirkt. Matthew Barney lebt mit seiner Frau Björk in New York.

CREMASTER 1 | 1995, 40min
Drehbuch und Regie: Matthew Barney
Produktion: Barbara Gladstone und Matthew Barney
Kamera: Peter Strietmann
Original-Musik: Jonathan Bepler
Still-Photographie: Michael James O’Brien
Darsteller: Marti Domination


Im Inneren von zwei Goodyear-Zeppelinen, die über einem Stadion schweben, ordnet eine platinblonde Frau grüne und blaue Weintrauben zu geometrischen Mustern an. Diese Figuren werden auf dem blauen Rasen des Stadions von Tänzerinnen nachgebildet, die direkt einer Musicalkomödie von Busby Berkeley zu entstammen scheinen.

CREMASTER 2 | 1999, 1h 16min
Drehbuch und Regie: Matthew Barney
Produktion: Barbara Gladstone und Matthew Barney
Kamera: Peter Strietmann
Original-Musik: Jonathan Bepler
Associate Producer: Chelsea Romersa
Set Design: Matthew D. Ryle
Still-Photographie: Michael James O’Brien und Chris Winget
Darsteller: Norman Mailer und Matthew Barney


Zwei scheinbar unzusammenhängende Geschichten überlagern einander. Erstere ist durch Norman Mailers Roman „Gnadenlos“ („The Executioner’s Song“) inspiriert, der seinerseits auf einer wahren Begebenheit basiert: Es geht um den Fall Gary Gilmore (gespielt von Matthew Barney), ein Sohn einer Mormonenfamilie aus Utah, der einen jungen Tankstellenbesitzer ermordet hat und zum Tode verurteilt wurde. Die Hinrichtung selbst erhält im Film die Gestalt eines ritualisierten Rodeos auf einem Salzfeld. Der zweite Handlungsstrang, dem der Columbia-Gletscher in Kanada als Kulisse dient, kreist um Harry Houdini (Norman Mailer), einen Zauberkünstler ungarischer Herkunft, der besonders für seine Verwandlungskünste berühmt war. Das bindende Glied zwischen den beiden Geschichten ist genealogischer Natur: In der Tat soll nämlich Harry Houdini der Großvater von Gary Gilmore gewesen sein.

CREMASTER 3 | 2002, 3h 02min
Drehbuch und Regie: Matthew Barney
Produktion: Barbara Gladstone und Matthew Barney
Kamera: Peter Strietmann
Original-Musik: Jonathan Bepler
Associate Producer: Chelsea Romersa
Licht und Still-Photographie: Chris Winget
Darsteller: Richard Serra, Aimee Mullins und Matthew Barney


Ehrgeiz und Macht stehen im Zentrum von CREMASTER 3. Die Haupthandlung spielt im New Yorker Chrysler Building während dessen Errichtung in den Jahren 1929-1930. Matthew Barney verbindet die Architektur des Gebäudes mit den Übergangsriten der Freimaurer, welche auf einer hierarchischen Rangordnung beruhen. Diese gliedert sich im Wesentlichen in drei große Etappen (Lehrling / Geselle / Meister), die jeweils mit einer Reihe von Prüfungen einhergehen. Nur mit eisernem Willen ist es möglich, von der untersten Stufe bis zum höchsten Rang aufzusteigen und jene Perfektion zu erreichen, durch die man schließlich Gott näher kommt. Am Anfang und am Ende von CREMASTER 3 wird auf die keltische Sage über die Entstehung der Inseln in der Irischen See Bezug genommen. Zwei irische und ein schottischer Riese tragen einen Kampf miteinander aus. Der kleinste unter ihnen greift auf eine List zurück, wodurch es ihm gelingt, die Auseinandersetzung für sich zu entscheiden.

CREMASTER 4 | 1994, 42min
Drehbuch und Regie: Matthew Barney
Produktion: Artangel London, Cartier Foundation for Contemporary Art Paris und Barbara Gladstone New York
Kamera: Peter Strietmann
Still-Photographie: Michael James O’Brien
Darsteller: Matthew Barney


Schauplatz dieser Folge ist die Isle of Man, die zum einen für das alljährlich hier stattfindende Motorradrennen, zum anderen für eine seltene Widderrasse, den "Loughton Ram", bekannt ist. Der Film kreist um drei verschiedene Handlungsstränge, die sich alle gleichzeitig ereignen: Während zwei miteinander wetteifernde Motorradteams in entgegengesetzter Richtung die Insel umrunden, kämpft sich der "Loughton Candidate" (Matthew Barney) durch einen morastigen Untergrund; allesamt werden sie dabei von einer Triade muskelbepackter und geschlechtsloser "Feen" begleitet, die ihnen das Vorwärtskommen abwechselnd erleichtern oder sie aufzuhalten versuchen.

CREMASTER 5 | 1997, 54min
Drehbuch und Regie: Matthew Barney
Produktion: Barbara Gladstone and Matthew Barney
Kamera: Peter Strietmann
Original-Musik: Jonathan Bepler
Still-Photographie: Michael James O’Brien
Darsteller: Ursula Andress und Matthew Barney


Die letzte Episode des Zyklus spielt vor der romantischen Kulisse von Budapest. Allein durch ihren Gesang vermag es die Königin der Ketten (Ursula Andress) die anderen Protagonisten herbeizurufen, nämlich "ihre Diva", "ihren Zauberer" und den "Riesen" (gespielt von Matthew Barney). Die Königin wohnt als einzige Zuschauerin einer Darbietung ihrer Diva bei, einer asexuellen, mit rosafarbenen Bändern bekleideten Figur, die hoch über der Bühne balanciert, am Ende jedoch das Gleichgewicht verliert und brutal zu Boden stürzt. Angesichts dieser Vorführung gibt sich die Königin nostalgischen Erinnerungen an ihren Liebhaber hin, den Zauberer nämlich, dessen Tod sie beklagt.
Text & Foto: Alamode, © 1995 Matthew Barney, Photo Michael James O'Brien, Courtesy of Barbara Gladstone