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Das Leben der Anderen

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Die Stasi-Pest Dietmar Fritze / frizztext 21.4.06 14:05
Die Stasi-Pest 30.4.06 10:09
Die Stasi-Pest 30.4.06 10:37

Man sollte sich den Film ansehen "Das Leben der anderen": Um bloß nicht zu vergessen, worüber Deutsche ernsthaft nachzudenken hätten: Über Bespitzelung und Verrat an die Polizei, was des Verratens nicht wert wäre, hätte man denn Achtung vor Meinungsfreiheit und dem Mut des Selbstdenkens. Was die Gestapo in der Hitlerzeit trieb, lebte als Stasi weiter in der DDR. Als deutsche Mentalität, mit nicht so ganz ausgefeilter Pedanterie und Technik, gab es dergleichen übrigens auch in Westdeutschland: Berufsverbote und die dazugehörigen Behördenflure und Einschüchterungen, endlose pedantische Beobachtungen und höhnisch-hämische Schriftsätze.

"Das Leben der anderen", das Leben der Intellektuellen und Künstler, wurde von den Nazis gehasst und den Kommunisten - und soziale Schichtungen mit den üblichen Hass-Reaktionen gibt es auch in der BRD (und der ganzen restlichen Welt). Ein Film also nicht nur für "Ossis", sondern über anthropologische Grundtatbestände. Die Uniformen mögen von Land zu Land anders aussehen.

"Die Sonate vom Guten Menschen", Songtitel und wesentlicher Kern der Message dieses Filmes, könnte einen glatt wütend werden lassen: Wahrscheinlich gab es keinen einzigen IM, der seinen Opfern wirklich aus der Patsche geholfen hätte. Das ist das ärgerlich Illusionäre an diesem Film, der Gesten des Verzeihens ans "Happy" End stellt, wo eigentlich Wut und Rache hingehören. Beim Songtitel "IM Martha" (Christa-Maria Sieland, im Film dargestellt von Martina Gedeck, der Hauptdarstellerin unlängst im fröhlichen Kinowerk "Bella Martha") - für sie stülpt sich zwar sicherlich das Herz um, für die anderen aber, die "tausend Augen" der "unsichtbaren Front", für sie bricht dieser Film herein wie ein Justizverfahren, das es in Deutschland leider nie gegeben hat. Weder nach dem Ende der Nazi-Diktatur noch nach dem Abgesang des Honecker-Staates - noch nach dem Ausklingen der Berufsverbote in Westdeutschland. Der Staat klagt seine Helfershelfer und Paladine niemals an.

Dieses wichtige Film-Dokument hilft uns dabei, uns erneut auseinanderzusetzen mit Typen wie Stasi-Hauptmann Gerd Wiesler (Ulrich Mühe) oder dessen direkten Vorgesetzten, dem Leiter der Abteilung Kultur bei der Staatssicherheit Oberstleutnant Anton Grubitz (Ulrich Tukur) oder gar dem "hohen Tier" Minister Bruno Hempf (Thomas Thieme).

Das schleimige Verzeihen, das Schauspieler Sebastian Koch schon im Albert-Speer-Film zu mimen hatte, das praktiziert er auch als bespitzelter DDR-Künstler Georg Dreyman.

Die bedrohlich kriechende Hintergrund-Musik ist die passende Mayonnaise zu dieser Welt, die man so weit zurückdrängen sollte wie möglich: Denn ihre Überreste bedrohen immer noch unsere geistige Freiheit, wenn auch nicht mehr in diesem perfekten, durchschlagenden Maße.

Dietmar Fritze / frizztext (Homepage) 21.4.06 14:05