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Der Teufel trägt Prada

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Mittelmass McJ 20.10.06 10:52
Mittelmass Katharina Klages 1.11.06 03:10

So "häßlich" war das Entlein von Anfang an nicht, und gerade das fand ich gut: Da rutscht eine - vom normalen Alltag her gesehen - super attraktive und nun wirklich nicht schlampig gekleidete junge Frau in die Welt von schick und extrem teuer. Wo eine Frau mit Konfektionsgröße 36 dick ist. (Schöne Szene, wenn Chefin Miranda ihre neue Assistentin so nebenbei als "kluges, dickes Mädchen" bezeichnet - und man sieht das fassungslose Gesicht der nun wirklich schlanken, hübschen Mitarbeiterin.)Ihre Motivation zum Durchhalten ist für mich absolut plausibel: EIN Jahr diesen Job schaffen, und dann kann sie sich in jeder Redaktion, in jedem Verlag ihren Bereich aussuchen! Daß sie sich dafür ein Bein rausreißt und GUT sein will, ist völlig nachvollziehbar! Auch, daß diese Glitzerwelt denn doch nicht so ohne Faszination für sie ist.
Daß sie am Ende "hinwirft", ist konsequent: sie erkennt durch die Erfahrung des eben mal so aus intern-intriganten Überlebensmotiven ausgebooteten Kollegen, daß sie DIESE Form der Konkurrenz und des Karriereverteidigens nicht durchhält. Diese Modewelt ist bei aller Faszination eben nicht ihre (obwohl, wie so oft beteuert, zahllose andere Mädchen für diesen Job "sterben würden".) Konsequent auch, daß Chefin Miranda weiter macht, wie bisher: Einen knallharten, aber bewunderten und ausgezeichneten Job, der nun mal soziale Abstriche verlangt, wenn man als Frau in den höchsten Reihen bestehen will. Und dennoch dieser sensible Abschied: Ein kleines Lächeln aus dem Auto heraus, ein kleines, liebes Winken vom Straßenrand: Immerhin hat diese harte Chefin ja sofort per Fax die Bewerbung der Ex-Assistentin an einer großen Zeitung unterstützt.
Das Einzige, was mich echt störte, war die für mich ärgerliche und überflüssige Kleinigkeit, daß die Assistentin zum Ende hin stolz auf ihren 34er-Hintern verweist. Da biegt denn plötzlich doch wieder diese Magersucht-Schönheitswelle um die Ecke, die erwachsene Frauen in Kindermodengröße presst, wenn sie schön sein wollen. Und warum Andrea nun ihrer zickigen, hysterischen Kollegin Loyalität und schlechtes Gewissen entwickeln soll, nur weil Andrea einen besseren Job macht und die begehrte Paris-Reise erhält, habe ich auch nicht verstanden. DAS erlebt wohl jeder in seinem Berufsleben, daß viele gerne etwas WOLLEN, aber nur einer den Zuschlag bekommt. Da aus Menschlichkeitsgedusel Verzicht zu verlangen, ist lebensfremd. Es hätte Andreas Zukunftspläne extrem beeinflußt (sie hätte wohl kündigen müssen) - und all das, nur um einer selbst nicht allzu loyalen Kollegin einen Wunsch zu erfüllen, der nur fürs Ego und noch nicht mal für den JobINHALT wichtig gewesen wäre... Zumal diese Kollegin von der CHEFIN aus fachlichen Gründen nicht mehr gewollt wurde... Der ausgebootete Kollege, der nach 16 Jahren mal auf eine Anerkennung und wirkliches berufliches Neuland - berechtigt - hoffte, ist da nun ernstlich ein anderer Fall.
Daß Andreas Freunde angekotzt sind - ok, Veränderungen verwirren oft. Aber wenn sie ein junger Mann gewesen wäre, hätte man von einer PARTNERIN alles Verständnis abverlangt, auch bei karrierewirksamen Flirtereien und verpaßten Geburtstagen: Es ging doch nur um EIN JAHR, in dem Andrea Weichen stellen wollte. Bei einem Mann hätte man bei der Handy-Szene, wo Freunde einen Chefanruf flapsig abwenden wollten, sofort seine Karriere-Panik verstanden. Andrea wurde aus ihrem Ärger sofort ein "Moralischer" gedreht. Sie "wendet sich ab" von den Menschen, die ihr wichtig sind, und die schwarze Freundin wirft ihr vor, auf beruflichem Parkett nicht mehr die bekannte Sandkastenfreundin zu sein. Ein Kollege baggert sie an und sie reagiert nicht empört... die Welt geht unter...
DAS waren für mich die absonderlichen moralischen Klischees, denen eine Frau so ganz selbstverständlich ausgesetzt wird.
Aber die Grundaussage war dennoch für mich weniger der Vergleich zwischen bösen äußeren und guten innerlichen Werten, sondern die bewußte Entscheidung: WAS will ich? - Will ich in der Glamour-Welt WER sein, muß ich gewisse Kröten schlucken. Und eben schauen, daß meine Kinder, wenn sie schon kein warmes Heim (im emotionalen Sinne) haben, wenigstens den neuen Harry Potter eher lesen können als andere Kinder. - Ist mir die zwischenmenschliche Wärme und ein geistiger Anspruch wichtig, fallen eben manchen Glamour-Karrieren und Verdienste (materiell) flach. Dann trägt man eben nicht Prada, sondern Stange. Auch ok. Was kann ich aushalten, was kann ich bringen, was will ich - das war für mich die Story. - Ob der Freund nun wieder der Lebenspartner wird, war mir gar nicht so klar. Man geht halt seinen Weg. Andrea erschien mir nicht als "zurückgekehrt", sondern als weitergegangen. Genauso der Freund, der nun einen neuen, anspruchsvolleren Job gesucht hat. Vermutlich auch, weil er durch seine karrieresuchende Freundin eigenen Ehrgeiz entdeckt hat. Daß er nicht ewig Fastfood servieren, sondern was aus sich machen will.

Schöner Film, auf der Suche nach dem eigenen Ich. Ohne Verurteilungen. Man muß nur lernen, dazu zu stehen - wie Andreas Freund es sagte.

Katharina Klages 1.11.06 03:10