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Elsa & Fred

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Eine Hymne auf das Leben
von Ansgar Thiele

Zentrales Genremerkmal der Seniorenkomödie: heitere Transgression im Schatten des Todes. Das funktioniert bei Elsa & Fred ziemlich charmant. Vor allem dank der wunderbaren China Zorrilla, die die aus Argentinien stammende Elsa in ihrer ganzen Lebenslust, ihrer Energie, ihrem Herumlavieren und vor allem ihren Schwindeleien grandios verkörpert. Elsas besonderes Kennzeichen: ein pinkes Mobiltelefon.

Gleich zu Anfang rasselt sie beim Ausparken ihres knallroten Kleinwagens in die Scheinwerfer eines hinter ihr stehenden Autos. Dieser Unfall, den sie vergeblich zu vertuschen versucht, steht am Beginn ihrer Beziehung zu Fred, dessen Tochter das Fahrzeug gehört. Fred ist das genaue Gegenteil der dynamischen alten Dame. Manuel Alexandre, einer der dienstältesten – und aktivsten – Schauspieler des spanischen Kinos, spielt ihn mit ewig hängenden Schultern, eigenbrötlerisch, pflichtbewusst und hypochondrisch.

Das Thema der Grenzüberschreitung, der Durchbrechung von Konventionen ergibt sich dann fast von allein. Die unzuverlässige Argentinierin und der alteingesessene Spanier, die aktive, energische Frau und der passive Mann, überhaupt: Lebenslust und Liebe in einem Alter, das sonst eher der Pflege einschlägiger Zipperlein gewidmet zu sein pflegt. Das Spiel mit den Stereotypen und Normen und ihrer Verletzung gelingt heiter.

Dabei mangelt es natürlich auch nicht an durchaus ernsten Themen, die mit leichter Hand angerissen werden. Die familiären Machtverhältnisse und wechselseitigen Abhängigkeiten, die die Beziehung der beiden alten Menschen zu ihren Kindern und Enkel bestimmen, sind ein solches Thema, das der Film ebenso differenziert wie komisch in Szene setzt. Die Eigenwilligkeit der beiden Protagonisten, ihre Verletzlichkeit, Annäherung und entstehende Liebe sind sensibel beobachtet.

Schließlich geht es um Illusionen – und auch um die illusionsbildende, emotionale Kraft des Kinos selbst. Der Regisseur Marcos Carnevale, dessen dritter Spielfilm Elsa & Fred ist, nennt seine eigene Begeisterung für Fellinis La dolce vita und deren berühmte Szene an der Fontana di Trevi als Ausgangspunkt des Films. Und so gehören Elsas (durchaus auch liebestaktisch eingesetzte) enthusiastische Identifikation mit Anita Ekberg und ihr Wunsch, so wie diese in den nächtlichen Trevibrunnen zu steigen, zu den wenigen sicheren Punkten ihrer ansonsten munter zusammengeflunkerten Biographie. Dass dabei die tragisch-existentielle Dimension des Fellini-Klassikers – und des ‘wirklichen Lebens’ – etwas aus dem Blick gerät, gehört zu den genretypischen Lügen der Komödie.