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Requiem

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Hervorragend McJ 3.3.06 14:01

Schmid ist ein Regisseur mit einem eigenen ‚Ton’. Egal ob „Crazy“, „Lichter“ oder „23“, jeder dieser Filme ist genau beobachtet, eher sparsam erzählt, Stimmungen und Menschen ganz genau beschreibend.
Kein Wunder, daß „Requiem“ ein guter Film geworden ist – hier kann alles (wieder) zusammengebracht werden. Dabei erscheint diese Geschichte fast noch ‚sparsamer’: alles ist karg, in flachen Farben, die schwäbische Landschaft im frühen Frühling so trostlos und öde wie die Familie, in der Michaela lebt und an der sie leidet.

Dieses Leiden der Michaela ist ganz im Zentrum des Films. Schon zu Beginn konzentriert sich die Kamera immer wieder auf die hervorragend gespielte Hauptfigur, ihr Gesicht, ihr Erleben der Krankheit, ihr Zweifeln daran.
Das Beste an Requiem ist das Fehlen einfacher Erklärungen, Deutungen. Natürlich ist Michaela nicht ‚besessen’, aber sie ist überraschenderweise selbst diejenige, die sich aus ihrer Krankheit in die Besessenheit flüchtet, sie ausspielt. Dabei ist sie zerrissen zwischen dem Innen und dem Außen, Elternhaus und Dorf hier, Tübingen und Sexualität dort, Momente des Glaubens und solche, in denen sie an Gott und der Kirche zweifelt. Dieser Film ist überall Dualismus ohne sich jemals eine der Seiten zuzuordnen. Damit verhindert Schmid auch daß, was man vielleicht befürchten könnte: das Requiem eine Anklage gegen die (katholische) Kirche wird. In einer der schönsten Szenen fragt ein Sozialpädagogik-Dozent Michaela, die zu spät in die Vorlesung kommt, ob sie an die Kraft der Sozialpädagogik glaube. Die Antwort ist „nein“ – sie glaube an Gott. Als der gesamte Hörsaal lacht, fragt der Professor die anderen Studenten: „An was glauben Sie denn?“. Als er keine Antwort erhält sagt er: „Und das ist Ihr Problem.“ Glauben und Kirche ist nichts, was es abzulehnen gilt.

Ein kleiner Kritikpunkt am Rande: Auch in diesem Film ist die leicht verwackelte Digitalkamera allgegenwärtig. Das mag in manchen anderen Kontexten filmisch sinnvoll sein, hier stört es eher etwas. Eine ruhige, konventionelle Optik hätte dem Film etwas mehr Brillianz verliehen und damit die erzählerische Brillianz untersützt.

McJ 3.3.06 14:01