filmz.de
Closed

Running Scared - Renn oder stirb

[ Info ] [ Links ] [ Kommentare ]
Das Böse sehen mandragorasonfudjiama 8.10.06 21:58

Spannend, kurzweilig. Dramaturgisch clever konstruiert, Action ohne Ende.

Und ebenso fragwürdig. Was Schußwaffen der unterschiedlichsten Kaliber mit dem menschlichen Körper anstellen können, wird in diesem Film in seltener Detailverliebtheit dargestellt; wohl mit ein Grund, weshalb sich Mr. Tarantino derart euphorisch über "Running Scared" äußerte. Im Showdown offenbaren sich denn auch die immer wieder angedeuteten Grundhaltungen des Regisseurs - der aufrechte Amerikaner flucht und schießt und nimmt sein Gott gegebenes Recht selbst in die Hand. So scheint es nur konsequent, dass eine der wenigen Szenen, in denen sich der schweigsame asthmatische Nachbarsjunge ein Lächeln abzuringen vermag, jene ist, in der ihm der unendlich hysterische Paul Walker einbläut, ein Angehöriger des erwähnten transatlantischen Volkes zu sein. Ein Guter. Ein Tapferer. So wie der Protagonist selbst, der seinen Sprüchen nach zu urteilen, gehörigen Mundgeruch haben müsste, und sich durch den straffen, atemlosen Plot metzelt. Da spritzen die Blutfontänen, krachen die Knochen, bersten die Scheiben, da donnert der Puck mit voller Wucht ins ganz nah an die Linse gezoomte Gesicht. Und die mißhandelte fügsame Nachbarin kann nur schief grinsen, als sie vom Frauenhaus hört, um sich bald darauf im vergasten Schuppen in die Luft zu sprengen.
Es ist ein archaisches, trivialdarwinistisches Verständnis von Sozietät, von Kommunikation, das hier sich den Actionfilmmantel umhängt. Weil jeder sich im Grunde nur selbst helfen kann, weil "keiner niemanden kennt", wie eine der Figuren selbstoffenbarend in die Nacht brüllt, und weil jedes System, das Vetrauen erfordert, bereits korrumpiert wurde, bleibt nur mehr das Recht des Stärkeren.
Die Wendung am Ende, wohl als Freispruch des Protagonisten konzipiert, wirkt unstimmig, wenig nachvollziehbar und wird auch nicht weiter erläutert. Der Rückzug in die "Wildnis", der auch die Abkehr von Zivilisation bedeuten will, bildet ein selbstverständliches Fazit, denn der Dreck, der zurückbleibt, hat im Grunde nichts mit denen zu tun, die wieder zusammenfinden. Es gibt keine Schuldigen, nur Überlebende, und sie sind die Guten. Denn es wird eine zutiefst konservative Geschichte erzählt.

"Ich habe das Böse gesehen", keucht die toughe Ehefrau des Helden in der Mitte des Films, nachdem sie in einem hehren Akt der Selbstjustiz ein kindermordendes Ehepaar erschossen hat.
Nein, das nicht gerade, aber man sieht in "Running Scared" eine seltsame Synthese von spannend-brutalem Unterhaltungskino und makabrem Don't talk just kill Plädoyer.

mandragorasonfudjiama 8.10.06 21:58