filmz.de
Closed

Der goldene Kompass

[ Info ] [ Links ] [ Kommentare ]
Reise in den Norden nienna 8.12.07 21:57

Die Bücher sind im deutschsprachigen Raum ja wenig bekannt, und auch der Film wird - in Relation zu seinem Produktionsbudget - mit relativ zurückhaltendem Marketingaufwand angepriesen: Die "Herr der Ringe" Umsetzung war Jahre vor ihrem Debüt auf der Kinoleinwand bereits die Ankündigung, der Fantasy Liebhaber entgegenfieberten.

Die Odyssee, die das Projekt hinter sich gebracht hat (Mehrfacher Regisseur-Wechsel, Unstimmigkeiten bei der Drehbuchfassung) hat sich nunmehr bedingt ausgezahlt: Der Startschuß für "His Dark Materials" ist weniger belanglos ausgefallen als zu befürchten war, und präsentiert sich in einer Offenheit mit solchem Charme, dass ein vorsichtiger Prophet die Zeichen in Richtung Verbesserung deuten kann.
Neben der unsanften Beschneidung, was Kirchenkritik und Machtmißbrauch angeht, die Philip Pullmans Geschichte erdulden musste, überzeugt hingegen die Darstellung der Daemonen. Zwar sind sie wohl einen Hauch zu knudellig und naseweis, das irritierende Moment einer entäußerten Seele, die gestaltwandelnd mit der Pubertät zu einer endgültigen Form findet, bleibt dennoch deutlich erhalten.

Die Figuren sind gut besetzt; Dakota Blue Richards überzeugt mit ihrer trotzigen und gleichzeitig unsicheren Lyra-Darbietung und Nicole Kidman mimt ihre Mrs. Coulter, als sei sie ihr ebenbürtiger Daemon.
Das Problem, dem sich die Akteure zu stellen haben, ist vielmehr das atemlose Drehbuch, das durch die Geschichte hetzt und im unmöglichen Kraftakt einer Zweistunden-Performance alles erreichen will, was das Buch auf 400 Seiten entwickelt - ohne eine zügelnde Produktionsfirma im Nacken und ohne falscher Scheu vor Gruppierungen, die ihre Engstirnigkeit als "Verletzung religiöser Gefühle" verstanden haben wollen.
So bleibt die Handlung wenig gekürzt und verfremdet, was Abläufe und Szenarien betrifft, doch sie verwendet kaum Zeit darauf, Figuren zu profilieren, einzuführen und merk-würdig zu machen. Es entsteht ein Rummelplatz-Flair von Bunter, Höher, Weiter und Schneller; immer geht es voran, ein Event jagt das Nächste, die Tour de Force führt von elitären College Gefilden in die Adabei Schickeria der ränkeschmiedenden Mrs. Coulter, schickt uns ohne Verschnaufpause weiter zu den Alt-Hippie Kommunen der Gypter, wo postwendend der finale Trip nach Norden beginnt, in die digitalisierte Eisbären-Prunkhöhle bei Svalbard.

Wer den Roman kennt, wird (unter anderem) die Präzision und Besonnenheit der Erzählung vermissen, und der, dem der Hintergrund nicht vertraut ist, wird sich im Tempo und überbordenden Figuren-Portfolio allzu leicht verlieren. So bleibt eine gewisse Unzufriedenheit zurück, wenn der Abspann dem Cliffhanger und die Ernüchterung der Reizüberflutung folgt; die Lust auf mehr ist etwas gedämpft in Anbetracht der Tatsache, dass das Juwel zwar gewogen, geschliffen und poliert wurde, allein die stimmige Fassung ihm noch fehlt. Doch es stehen ja noch zwei weitere Büche zur Verfilmung an, und mit ihnen kann es auch keinen sterilen Gesinnungs-Grätschschlag mehr geben: es erwarten uns schwule Engel, der sterbende Allmächtige und, horribile dictu, am Ende, so New Line und Publikumsmassen es wollen, gar die "Republik des Himmels"...

nienna 8.12.07 21:57