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[ Archiv ] [ 2006-09 ]
Die Prädikate der Woche 26.9.06 23:55

Die  Filmbewertungsstelle hat die "Prädikate der Woche" bekanntgegeben (dazu die  Berliner Zeitung). Hier die Bewertungen mit Begründungen:

FBW - Filmbewertungsstelle Wiesbaden- besonders wertvoll -

 World Trade Center (Drama)
Bewegend, spannend, sehr ergreifend: Indem Oliver Stone sich auf die Perspektive zweier verschütteter Polizisten konzentriert, öffnet er den Blick auf die Verunsicherung, die der 11. September 2001 hinterlassen hat. Stone vermeidet alle katastrophengierigen und sensationellen Mätzchen. Fast dokumentarisch zeigt er, wie der Terror in den Alltag bricht. Als Propagandafilm ungeeignet, wird hier das Politische privat und das Private politisch. Ein sehr menschlicher Film gegen die Abwesenheit der Männer im Felde.

 TKKG - Das Geheimnis um die rätselhafte Mind-Machine (Kinderfilm)
Ein kurzweiliger Abenteuerfilm für Jugendliche, der an Spannung, Tiefe und Komik nichts zu wünschen übrig lässt. Der mit viel Liebe ausgestattete und gestaltete Fantasykrimi führt die Jugendclique Tim, Klößchen, Karl und Gabi (kurz TKKG) in die Welt der Wissenschaft und stellt auch ernsthafte moralische Fragen. Regisseur Tomy Wiegand und Produzentin Uschi Reich bieten lupenrein perfektes, anspruchsvolles Unterhaltungskino, das die Kids ernst- und mitnimmt und auch Erwachsenen „Doping fürs Gehirn“ bietet.

 Zaïna - Königin der Pferde (Kinderfilm)
Breit müssen bei den besten Pferden drei Dinge sein (Stirn, Bug, Nüstern) und bei einem guten Film die Leinwand. Der farbenfrohe, überragend geschnittene und fotografierte Scope-Film vermag mehr als nur die Spezial-Zielgruppe pferdevernarrter Mädchen zu erreichen. Jenseits von Folklore-Kitsch und Klischees wird hier eine archaische Geschichte erzählt, modern im Behauptungswillen der weiblichen Hauptfigur, souverän und schnörkellos in den filmischen Mitteln, geradezu vorbildlich im Einsatz der Filmmusik.

 Shortbus (Beziehungsfilm)
Wild und radikal, ein ganz und gar nicht prüder Film aus New York. Direkt und natürlich leben die Charaktere ihre Lebensfreude und ihre Sexualität aus. Die Suche nach dem Sinn des Lebens ist auch eine Suche nach Nähe und scharfem Sex. Die Darsteller geben dabei oft wahrhaft ihr Letztes, spielen mit Haut und Haar, riskieren viel. Gerade auch diese Nacktheit der Gefühle macht den Film künstlerisch beeindruckend. Kamera, Schnitt und Musik überzeugen. Die FBW-Jury votierte einstimmig für das höchste Prädikat.

 Snow Cake (Beziehungsfilm)
Als Berlinale-Eröffnungsfilm ungerecht behandelt, kann die anrührende Geschichte aus der kanadischen Provinz jetzt im Kino ihre Kraft entfalten. Allan Rickman und Sigourney Weaver gehen Oscar-reif in ihren Rollen auf. Alles andere als ein Starvehikel, ist dies ein Film der leisen Töne, der behutsamen Annäherungen, der genauen Inszenierung. Ganz normale, besondere Menschen in einer ganz normalen, besonderen Situation – dieser wundervoll genaue, humane Film hat einen Blick für die kleinen Dinge des Lebens.

 Warchild - Stille Sehnsucht (Beziehungsfilm)
Ganz wunderbar in der Schwebe hält Regisseur Christian Wagner den Grundkonflikt seines – auch international sehr beachteten - Films. Eine junge, starke Mutter sucht verzweifelt die in den Wirren des Bosnienkriegs verlorene Tochter. Und sie findet sie. In Deutschland. Bei Adoptiveltern. Dies ist kein beliebiger Stoff, hier scheiden sich die Geister. Das ist Kino für Herz und Kopf, elegant erzählt, mit hervorragenden Darstellern und der sensiblen Kamera von Thomas Mauch. Ein Film, der noch lange nachhallt.

 Scoop - Der Knüller (Komödie)
Eine gute Nachricht: Woody Allen ist wieder in alter Hochform. Hier wandelt er auf den Spuren von Miss Marple, lässt dabei oft Scarlett Johansson den Vortritt, beide wirken wie ein prächtig eingespieltes Paar. Miss Johansson entpuppt sich zudem als begnadete Komödiantin. Wie locker aus dem Ärmel geschüttelt wirkt die vergnüglich leichtfüßige Krimikomödie. Dialogwitz und Situationskomik lassen schmunzeln, nebenbei hagelt es Seitenhiebe auf Sensationsjournalismus und Revolverblätter.

 Alien Autopsy - Das All zu Gast bei Freunden (Sciene-Fiction-Groteske)
Auch wenn der Titel irreführen und sogar abschrecken mag: Dies ist eine hochvergnügliche Mediensatire, die humoristische Rekonstruktion einer gefälschten (?) Dokumentation über die Autopsie an einem Außerirdischen. In Humor und Look kommt das sehr kurzweilig und „very british“ daher, die Produktionsstandards der alten Ealing Studios werden hier wiederbelebt. Manche Szenen wie das Labor im Wohnzimmer sind zum Schreien komisch, nebenbei gibt es viele kleine Lektionen über die Tricks des Filmemachens.

FBW - Filmbewertungsstelle Wiesbaden- wertvoll -

 Ich, du und der Andere (Komödie)
Eine temporeiche Beziehungskomödie mit Owen Wilson als Spießerschreck, der ein junges Paar aufmischt und vor zuviel an bürgerlicher Anpassung zu bewahren sucht. Es gibt viele schöne Pointen, über die man teils herzhaft lachen kann, ohne dass es sich um krachlederne Witze handelt. Der oft geradezu subversive Humor – und das ist der Charme des Films - entspringt einer fast anarchistischen Lebensphilosophie, die Owen Wilson mit viel Spielfreude aufs trefflichste verkörpert. Auch Matt Dillon überzeugt, Michael Douglas imponiert mit einer Selbstparodie.

 The Black Dahlia (Film Noir)
Sogar ein Treppenhaussturz fehlt nicht in Brian De Palmas handwerklich und technisch perfektem „period piece“, einem aufwendigen farbigen „Film Noir“ nach einem Roman von James Ellroy. Wie Feuer und Eis sind die zwei Polizisten, die 1947 in Hollywood im Mordfall einer jungen Schauspielerin und in einem Morast von Korruption und Verstrickungen ermitteln. Das Krimi-Genre wird gekonnt variiert, wie eine Zwiebel schälen sich die Lösungen des verzwickten Falls. Ausstattung und Musik sind wie auch die Kamerafahrten exzellent.

 Lucas der Ameisenschreck (Animations-/Kinderfilm)
„Ameisen gähnen nicht“, heißt es in diesem Ausflug in eine andere Welt. Die Reise in das Reich der Krabbeltiere ist spannend – und auf eine sanfte Weise lehrreich. Der plötzlich auf Ameisengröße geschrumpfte Lucas erfährt zusammen mit dem jungen Kinopublikum viel Anschauliches über die Machtverhältnisse zwischen Groß und Klein. Der wimmelnde Ameisenhaufen entpuppt sich zudem als ein bewundernswertes Modell von Gemeinschaft und sozialem Miteinander. Das hat viel Witz und Spaß und staunenswerte Situationen.

26.9.06 23:55, aktualisiert: 29.9.06 01:54