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Dawn of the Dead

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Dawn of the Dead Martin 23.7.06 22:23

Das "Director's Cut" von "Dawn of the Dead" ist zweifelsohne der deprimiere, tiefgehendste, schönste, anregendste und faszinierendste (Horror-)Film, den ich je gesehen habe. Selten hat mich etwas vergleichbares so sehr in den Bann gezogen wie jener Endzeitthriller. Das Produkt thematisiert die Frage nach dem Leben nach dem Tod, die Erforschung und der Umgang einer unerklärlichen Erfahrung.

Alles beginnt an einem schönen Sommernachmittag.
Der Himmel ist blau, die Sonne strahlt, es riecht nach Hotdogs und Wasserstrahler sorgen für die kühle Abwechslung. Ana, die Krankenschwester, lebt den amerikanischen Traum - bis die Welt untergeht. Binnen weniger Stunden hat der Ausbruch einer Seuche die gesamte Bevölkerung fast ausgerottet. Doch die Toten finden einfach keine Ruhe. Um ihren Hunger nach Fleisch und Blut zu stillen erwachen sie und machen Jagd auf die Überlebenden. Die ersten 10 Minuten lassen den Zuschauer den Wahnsinn erleben, der in einem entvölkerten Amerika der Zukunft stattfindet. Es stellt sich die Frage, wie alles so kommen konnte und warum die Welt so wurde wie sie ist? Was geschieht wenn ich von dieser tödlichen Plage heimgesucht werde und mein Leben lang gebunden bin an die Folgen meiner Handlung ? Was habe ich aus meinem Leben gemacht? In der Tat sind die Untoten das Symbol für die Hölle. Instinktgeleitete Kreaturen (die wie Katastrophenopfer aussehen) besuchen den Ort an dem sie früher einmal glücklich waren - das Einkaufszentrum, die Inkarnation der modernen Welt. Eine Gruppe hilflos Verzweifelter (unter ihnen Ana) findet dort Zuflucht, doch die vermeintliche Festung entpuppt sich binnen weniger Stunden zum klaustrophoben Alptraum. An dieser Stelle lässt sich erkennen, dass es zu einfach ist, dieses Produkt als primitiv und trivial abzustempeln, denn das wird nicht dem Zweck und der Bestimmung gerecht. Auf der einen Seite ist sicher ein gewisses Maß an Unterhaltung gegeben, aber unterschwellig enthält "Dawn of the Dead" Kritik gegenüber dem dümmlich-kulturarmen Leben in den USA, dass von Menschen beherscht wird, die versuchen mit Prestigesymbolen wie Autos ihre anderweitigen Defizite zu kompensieren, gegenüber den menschenfeindlichen Systemen, die kategorisch Außenseiter entstehen lässt und gegenüber der Neudifferenzierung von Werten wie der Liebe zu Mitmenschen (Ana und Michael), Produkten (Konsumgüter im Kaufhaus) und höheren Prinzipien (der TV-Priester in seiner Rede am Abend nach Ausbruch der Epidemie).

Die letzte Bastion der Menschheit muss nicht nur versuchen, sich aus dem Würgegriff der Untoten zu befreien, sondern vor allem auch lernen mit sich selbst auszukommen. Abgeschottet von der Außenwelt - oder dem was einmal die Außenwelt war - bestreiten sie einen gnadenlosen Kampf ums Überleben und einen noch aussichtsloseren Kampf um die letzen Überreste Menschlichkeit. Die Konsequenz während des Films und sicher erst recht danach, ist die Frage was Menschen tun können wenn sie alleine sind. Immer wieder kommt die Frage auf den Zuschauer an sich zurück, der sich gut mit den vielen unterschiedlichen Charakteren identifizieren kann. In einer Welt ohne Sicherheit, ohne Familie, ohne Ordnung - wie kann da die Zukunft aussehen? Der Fluchtversuch von Ana, Michael, CJ, etc. ist ja nur kurzfristig, denn auch "in einer anderen Welt" wird nichts mehr sein wie früher. Das sind dann auch die Passagen die den Film so ungeheuer traurig machen. Beispielsweise als Ana, Terry und Kenneth auf dem Dach stehen und sich fragen was die Verpesteten anzieht und Kenneth andeutet, dass dies Menschen sind, die wieder zu ihren Wurzeln zurückgelangt sind und jetzt ihren Hunger an menschlichem Fleisch stillen wollen. Oder der farbige Priester der verkündet, dass Gott die Menschen dafür bestraft, dass sie Leben im Mutterleib zerstückeln und die Weltordnung des Herrn verletzt haben. Hier bedient sich der Movie sogar thematisch der Bibel, denn dort ist im alten Testament und in der Offenabrung des Johannes davon die Rede, dass die Toten auferstehen und umherwandeln werden.

Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist -
Kommen die Toten zurück auf die Erde.

Die wissenschaftliche Analyse kommt sicher etwas zu kurz und auch die actionreichen Schießereien lassen "Dawn of the Dead" gegen Ende etwas zäh werden. Optimierter ist im Gegenzug der Einsatz von Gewaltszenen, denn diese dienen nicht der Erschreckung (dafür sind sie aufgrund videoclipartiger Vernetzung zu unspektakulär), sondern der Untermalung der Handlung. Gerade einmal vier Gewaltszenen in 105 Minuten verdeutlichen, dass es hier nicht der oft betonte "Splatter/Gore" ist, den man erwarten könnte, sondern ein vielseitiger und ergreifender und musikalisch phantastisch unterstrichener Spielfilm, in dem eine Handvoll Menschen versucht, im letzten Gefecht zwischen Gut und Böse, die Zivilisation zu retten.

Martin 23.7.06 22:23