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Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs

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Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs Dietmar Kesten 11.2.04 16:47
Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs Kate 28.2.04 21:05

Antwort an Daniel!

Sich sachlich zu artikulieren, ist die eine Sache,
sich inhaltlich mit meinen Kritiken (davon gibt es
eine Reihe auf dieser Seite!)auseinanderzusetzen, die
andere. Deshalb verzichte ich darauf, mich auf
Ihre unsachlichen Kommentar "sie gehören...." einzulassen.
KinogängerInnen sind manchmal phänomenal. Wo sie Bücher und Zeitungsartikel hyperkritisch analysieren, sezieren und vernichtende Urteile fällen, erheben sie Filme zum Kultstatus, die bei nüchterner Betrachtung oft genug ausgesprochen reaktionär daher kommen. "Der Herr der Ringe" ist in der Beziehung wie die Buchvorlage: eine Märchenwelt, in der es nur Schwarz und Weiß gibt. Eine Geschichte, in der Gut und Böse in einem immer währenden Schicksalskampf um die Geschicke der Erde und der Menschheit verstrickt sind. Die Figuren sind klar stilisiert wie aus einem Karl May-Roman: Aragorn, der Königssohn und Anführer, klug, stark und schön gleichermaßen, der Old Shatterhand von Mittelerde. Legolas, der Elb, schweigsam, anmutig, der edle Wilde, Winnetou (in der Gestalt von Pierre Brice). Gimli der Zwerg, das herzige Raubein, Trottel und Spaßvogel, der Sam Hawkins der Truppe.

Wie das Buch auch ist der Film eine Geschichte männlicher Helden. Es gibt nur zwei nennenswerte eigenständige Frauengestalten: Arwen, die Geliebte Aragorns, deren Rolle sich im zweiten Teil aber auf die eines weichgezeichneten Traumbildes beschränkt, und Eowen, die Königstochter von Rohan, die so gerne zum Bund und in den Krieg will, aber nicht darf (und deswegen auch sterben wird). Ansonsten sind Frauen vor allem namenlose Mütter. Neben den sexistischen reproduziert der Film auch die rassistischen Klischees des Buches: Denn Mordor tut sich mit den "wilden Südländern" zusammen, die als eine Mischung von Tuaregs, Indern und Arabern auf Elefanten durch den Dschungel Mittelerdes toben, mordend und brandschatzend selbstverständlich. Noch übertriebener als das Buch streut der Film jede Menge Auferstehungs- und Erlösermystik ein, wenn der gute Zauberer Gandalf ein ums andere Mal von den Toten zurückkehrt und sich dabei zu "Gandalf dem Weißen" wandelt. So erscheint er seinen Jüngern als gleißende Lichtgestalt, vor der sie ehrfürchtig die Knie beugen und wissen: Alles wird gut. Lediglich der fischige Gollum durchbricht die klare binäre Konstruktion von Story und Figuren.

Was suchen Menschen im "Herrn der Ringe"? Was erklärt die Zurückhaltung gegenüber offenkundig reaktionärem Müll? Mehrere Antworten bieten sich an. Zum einen ist der Film einfach besser als vergleichbare Konstruktionen aus dem Fantasy-Bereich (etwa die "Star Wars"-Episoden). Die bisherigen Folgen der Ring-Trilogie sind sicher hervorragend fotografiert. cht). Die Schnitte und der letzte Schrei der Tricktechnik tun ein übriges, um dem "Herrn der Ringe" die Dynamik zu geben, die das Publikum will.

Es deutet einiges darauf hin, dass es das spezifische Medium Film ist, das hier seine Macht entfaltet: während Texte weitgehend einsam und nur intellektuell vermittelt rezipiert werden, bietet der Film das Faszinosum des bewegten Bildes, des bequemen Konsums und eben manchmal auch des kollektiven Erlebnisses. Kino-Abende sind in erster Linie sinnliche Erlebnisse, Filme wirken nicht nur über die Ansprache an die (kritische) Rationalität. Ansonsten ist es schwer zu erklären, wie zutiefst hierarchische und reaktionäre Bilder wie die eines erlösenden Heilsbringers auf so wenig kritische Distanz stoßen.

Die Popularität des "Herrn der Ringe", sowohl des Buches wie des Films, rührt aber wohl auch daher, dass er Sehnsüchte anspricht, die breit verankert zu sein scheinen; denn sonst häte er nicht diese Wirkung.
Jeder Mensch hätte seine eigene Welt, so wie er es
sich vorstellt. Da es nicht so ist, und auch niemals sein wird, bedient der "Herr der Ringe" all diese
Klischees mit klaren Fronten zwischen Freund und Feind, schwarz und weiß. Und kämpfen wir nicht auch seit Menschengedenken gegen das anonyme Böse? Ist nicht "das Kapital" unser Mordor? Ein Blick in die Geschichtsschreibung zeigt darüber hinaus nicht nur einen permanenten Titanenkampf um "Sozialismus oder Barbarei". Es wimmelt auch von strahlenden (oder tragischen) Heldinnen und Helden, die oft genug weniger Gegenstand kritischer Solidarität, sondern eher plumpe Identifikationsfläche waren und sind. Sicherlich wird der "Herr der Ringe" von kritischen Geistern niemals in den Status eines Kultfilms gehoben werden. Warum auch?
Er ist eben zu einem Markenartikel geworden, wonach
man giert. Hollywood hat bestens verstanden, dass
sich mit Mythen und Eschatologie Geld machen
kann. Es gilt, das zu begreifen, selbst dann, wenn
man gegen den Strom schwimmen muss.

Aber war da nicht so ein Zucken? So ein Griff zu einem imaginären Bogen, ähnlich wie damals, als wir jede Bonanza-Folge unmittelbar danach auf der Straße nachgespielt haben? Aber diesmal bin ich der Legolas.

Dietmar Kesten 11.2.04 16:47