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Shanghai Knights

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Shanghai Knights Dietmar Kesten 28.12.03 09:53

SHANGHAI KNIGHTS

KITSCH MUSS MAN GENIEßEN?

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 27. DEZEMBER 2003.

Jackie CHAN („Rush Hour“, 1998, „Shanghai Noon“, 2000,
“Rush Hour 2”, 2001, “Gefahr im Anzug”, 2002) und
Owen WILSON („Armageddon“, 1998, „Das Geisterschloss“, 1999,
„Shang-High Noon“, 2000, „Im Fadenkreuz“, 2001) sind wieder da.
Diesmal machen sie einen Ausflug ins viktorianische England, ins
19. Jahrhundert.
London ist der Ort, den man nach Herzenslust zerlegen kann.
Der Film kann als Fortsetzung sämtlicher Jackie CHAN Filme
bezeichnet werden, weil er nahtlos an seine Vorgänger
anknüpft. Und in ihm schwappt das Kampfkunst-Genre fast
unwidersprochen von einer Pleite zur anderen über.
Kurz zum Inhalt: Chon Wang (Jackie CHAN) ist Sheriff von
Carson City.
Als sein Vater, der Bewahrer des kaiserlichen Siegels ist,
von einem englischen Lord (Aidan GILLEN) ermordet,
und das Sigel geraubt wird, begibt sich Chon Wang in
Begleitung seines Freundes Roy O’Bannon (Owen WILSON) nach
London, um den Mörder zu fassen.
Auch Chons Schwester Lin (Fann WONG) ist mit von der Partie,
die natürlich erst einmal gerettet werden muss.
Die Zurückeroberung des Siegels kann beginnen.

Die Kombination aus Action und Heiterkeit, Witz und Humor soll
in “Shanghai Knights” im Vordergrund stehen. Hier gleich im
Doppelpack; denn Regisseur David DOBKIN („Clay Pigeons“, 1998)
hat zwei ungleiche Weggefährten gefunden, die sich mit dummen
Sprüchen (Roy O’Bannon) und turbulenter Action (Chon Wang)
gegenseitig zu überbieten scheinen.
Das altmodische Abenteuer scheint wieder in seinem Element zu
sein, und die akrobatischen Slapstick-Actionen sollen helfen,
den komödiantischen Willen des Streifens zu unterstreichen.

Eines vorweg: wer sich mit diesen Filmen anfreunden kann,
wird in diesem Witzeklo nicht enttäuscht. Durchaus gut
choreografiert zeigt sich der Film von (s)einer rasanten Seite.
Doch es darf die Frage gestellt werden, ob er nicht gegenüber
seinem Publikum eine Zumutung ist?
Und zwar nicht nur aufgrund des stetigen Wiederholungszwangs
(Jackie CHAN hat in der Zwischenzeit ca. 90 ähnlicher Filme
abgeliefert), sondern auch deswegen, weil diese kassenträchtigen
Blockbuster den Abnutzungserscheinungen unterliegen, die
die Kung-Fu Revivals seit Jahren auslösen.
Die simple Filmsprache dieses Genres ist tausendfach erprobt
und erfreut sich beim Publikum auch einer gewissen Beliebtheit,
weil das ununterbrochene Spaßvergnügen der traditionellen Schwänke
und Klamotten im Kino entspricht.

Der ewige Ehrgeiz der Filmindustrie, Filme die zu Schnellgerichten
werden, abzuliefern, lastet schwer auf den Produzenten.
In Zeiten von „3 Engel für Charlie“ oder „Kill Bill“, kommen die
Jackie CHAN Filme mit Episoden. Denn eigentliche Geschichten sind
sie nicht, und auch nicht von großer Kreativität beseelt.
Im verknoteten Durcheinander werden sie zur Serie, und es ist
abzusehen, wann der nächste Effekt auf die Leinwand kommt.
Filme werden von Maschinen aufgenommen, entwickelt und projiziert.
Seit jeher hat diese Produktionsweise die Erzählform des Kinos
bestimmt.
Bei Regisseur DOBKIN werden die Zuschauer zum Rädchen in der
Maschine, und das hat Folgen, Folgen für die Zuschauer und Folgen
für den Film; denn die Mechanik kennt keine Grenzen. Und weil
man hier schnell mit jedem Thema fertig wird, ist es auch unerheblich,
dass eine ‚Kissenschlacht’ ohne erkennbaren Sinn den Film zum
Funktionieren bringt.

Und da es ihm sowieso an Story mangelt, und Cho Wang und
Roy O’Bannon von der Erkenntnis leben, wie sich am besten die
Feinde zerlegen lassen, interessiert sich der Film auch nicht
für sein überstrapaziertes Actionsangebot.
Das Chaos an der Themse mit seinen unwahrscheinlichen Geschichten
funktioniert hier als Herzschrittmacher, der waghalsige Projekte
austüftelt, um sie dann in Bilder zu verwandeln.
Anything goes, alles ist hier möglich.
Die Abenteuer der Haudrauf- Strategen ist aber nur peinlich. Und
weil auch der Versuch unternommen wird, die Genregrenzen der
Kung-Fu Filme zu überschreiten, und vielleicht sogar einem
TARANTINO das Terrain streitig zu machen, fährt die Kinomaschine
einfach zurück in die Zukunft.
Die, die Entzauberung und Glücksversprechen feil hält, ist jetzt nicht
mehr aufzuhalten.

Wenn beinahe nichts erzählt wird, und selbst ein ordinärer
Regenschirm zur Waffe wird, dann ist das nicht nur verschwenderischer
Reichtum der Bilder, sondern sie werden dazu benutzt,
ausschließlich die Verleihkassen zu füllen. Der so entstehende
Bilderbogen, ist wie eine Suche nach dem verlorenen Sohn.
Ganz dem Helge SCHNEIDER Spruch „A rose is a rose is a rose”
verpflichtet, ist das Hauen, das Stechen und das Schießen wie ein
Dutzend im Fieberwahn delirierender Bischöfe und Kardinäle,
die sich nicht entscheiden können, wer denn nun Papst wird.
Die tänzelnd- fechtenden Helden müssen noch nicht einmal ihr
Mienenspiel wechseln, wenn sie zur Tat schreiten.
Leider sehen sie aus wie ein Inbegriff aller bloßen Assistenten
der Filmgeschichte.

Fazit: „Shanghai Knights“ ist letztlich belanglos, weil beinahe alles
im Kung-Fu Stechschritt zerstückelt, zerschnitten und zerbrochen
wird.
Im Zweikampf mit den Gegnern böllern laut die Kracher.
Wenn sie auch wenig miteinander reden, und alles auch nur eine
Kino Posse ist, so ist die Langweiligkeit doch die gezeichnete
Figur des Films.
Merkwürdig: irgendwo gibt es Parallelen zu den Geschichten über
Don Quichotte, der auch in die Welt hinauszog. Allerdings um
Abenteuer zu erleben, von denen er in seinen Ritterromanen gelesen
hatte.
Hier irren beide Helden durchs Land, um Abenteuer zu erledigen.

Dietmar Kesten 28.12.03 09:53