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Deep Blue

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Deep Blue 8.1.04 17:09

Der blaue Musterplanet?

Das ist schon imposant – das Großaufgebot der Meereslebewesen al la Art Wolfe in der TV-Doku „Der Blaue Planet“ in der ARD und im Film „Deep Blue“.

Doch wie beim Naturfotograph beschleicht dem Betrachter auch hier ein digitales Kopiergefühl: Denn

1) wenn es sechs Monate braucht für ein Filmteam überhaupt einen Blauwal zu filmen (von denen es einst Millionen gab) und
2) wenn die Massenansammlungen von Haien als Sensation abgetakelt werden - gegenüber jährlich Millionen getöteter Individuen, wobei man bedenken sollte, dass den Tieren die Fin-Flossen bei lebendigem !!! Leibe abgeschnitten werden als zweifelhafte Zutaten für Flossensuppe,
3) oder wenn die Wiederholung der Bilder von Thunfischschwärmen einen immensen Fischreichtum im Ozean vorgaukeln - wobei kürzlich in der Zeitschrift nature zu lesen war, dass 90 % aller Großfische unwiederbringlich aus dem Ozean verschwunden sind und der Fischereidruck der hungrigen Milliardenweltbevölkerung mittlerweile so immens ist, das es im Weltmeer wohl kaum einen ungenutzte und daher gnadenlos überfischte Fischpopulation mehr gibt,

wenn also kurz gesagt, der Anspruch des Bildungsfernsehens das „Wissen zu mehren“ auch heißt, auf die Veränderlichkeit der Ökosysteme und wohl ortsweise menschengemachten leergefischten Ozeane hinzuweisen, dann gilt für die BBC-Produktion: Fehlanzeige!

Der Kampf der Fotographen am Wasserloch (für die letzten Bilder der wenigen Restbestände an Wildtieren in den Savannen Afrikas) oder das „Spiel mir das Lied vom Tod“ als Drehbuch für Schildkrötenfilme findet hier nun sein Pendant. Die dreijährige Suche nach spektakulären Ozeanansichten mag dem Konsumenten gefallen, aber es wird heutzutage keinem Anspruch auf eine echte Wissenschaftsdokumentation mehr gerecht.

Der Verzicht auf Robbenbabytötende Eisbären mag dem Betrachter zuliebe in Ordnung sein – der Verzicht auf Hintergrundwissen ist es gewiss nicht!

Denn der fruchtbare Blaue Planet gleicht an zu vielen Plätzen schon jetzt leider einem plastikverschmutzten Mittelmeerstrand (geschätzte 300 Millionen Stück Plastik liegen allein am Boden des Mittelmeers). Und glaube ja keiner der Kalamaris stammt wirklich an den Tourismusmetropolen aus lokaler Produktion - er stammt aus leergefischten Südatlantikbeständen (Falkland & co...).

Zumal die erste Folge „Sonnen und Planeteneinfluss“ das genau zum Thema hatte. Nicht gegen einzuwenden, dass das faszinierende Nahrungsnetz im Meer plakativ veranschaulicht wird (Plankton, Krill, Wal...), aber warum bitte bleiben aktuelle wissenschaftliche Fragestellungen ausgeklammert ( z. B. die Rolle der zunehmende UV-Strahlung auf die marine Produktion, Klimaerwärmung, Meeresmüll, Überfischung etc..)

Hier wird unsere zu tiefst landgerichtete Sichtweise auf die Ozeane festgeschrieben, statt das Meer von der Wasserseite aus zu sehen, wie einst es schon Elisabeth Mann-Borgese forderte. Von hoheitlich überalterten nationalen Grenzen heraus werden wir nur die Ozeane weiter so behandeln, wie wir es derzeit überall gerade tun: als Mülleimer, Ölauffangbecken und profitabler Schatzkammer weniger Fischmulties.

Als Fazit bleibt: Mit Extrem Natur-TV Voyeurismus (zugegeben schön anzuschauen) gelingt noch kein Umdenken beim Zuschauer – genausowenig wenn jeder Kasten Bier dazu beiträgt 25 km 2 (also 5 + 5 km!) Wald zu retten. Dazu verlangt es neben der Änderung der Verhaltensweisen der Menschheit auch mal des mahnenden Aufrufs zum Schutz des Blauen Planeten. Eine große Chance der BBC wurde so vertan!

Mit freundlichen Gruessen
Dr. Onno Gross
1. Vorsitzender

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