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Der Untergang

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Untergang Paolo 20.9.04 17:16
Untergang Dietmar Kesten 21.9.04 17:17

Untergang

Lange musste man warten, auf jenen Moment, in dem sich Deutschland bereit fühlen konnte, den Untergang des Dritten Reiches in angemessener Weise filmisch in Szene setzten zu können. Es ist unabdingbar, auch heute oder gerade heute immer wieder auf die Bedeutung historischen Bewusstseins hinzuweisen und die Schrecken der Vergangenheit immer wieder aufs Neue zu denunzieren. Denn die Entwicklung eines gewissenhaften kollektiven Lebens ist heute bei weitem nicht abgeschlossen, auch wenn technische Neuerung, wirtschaftlicher und wissenschaftlicher Fortschritt uns anderes, unter Umständen auch mit Gewalt, glauben machen wollen.
Geradezu berauscht von der ach so glitzernden Lebens- und Konsumwelt unserer zuletzt so eindringlich beschworenen „zivilisierten Welt“ ist doch ein dekadenter Verfall der Gesellschaft selbst in der kleinsten Nebensächlichkeit nicht zu übersehen.

So war ich kürzlich im Kino – um den bereits genannten Film über die letzten Tage Hitlers anzuschauen. Sicherlich wird im Angesichte der gezeigten und erahnbaren Ausmaße menschlicher Abgründe, die die meisten von uns mit dem Dritten Reich sehr wohl assoziieren können, niemand an der Fähigkeit zum Mitgefühl unserer Gesellschaft zweifeln wollen. Doch schließlich im Kino umrandet zu sein von ununterbrochen kichernden, vulgär kommentierenden Kindern und Jugendlichen, sowie regungslos beisitzenden Eltern, lässt mich ernsthaft daran zweifeln, ob unsere Gesellschaft und die Gesellschaft, die sich im werden befindet (die Generation der heutigen Jugend), in der Lage ist überhaupt begreifen zu wollen was „aus der Geschichte lernen“, bedeutet. Eine Gesellschaft, die in solch breitem Maße eine Jugend hervorbringt, die nicht fähig zu sein scheint Mitgefühl, Achtung und Würde zu empfinden, selbst gegenüber einem solch ausgesprochenen Verbrechen, wie dem des Nationalssotialismus – eine solche Gesellschaft ist(!) krank, auch wenn dies permanent und systematisch überblendet wird von selbstsüchtigem Streben nach vermeintlicher Selbstverwirklichung, während gleichzeitig das Verantwortungsgefühl auf einem unterentwickelten Niveau stehen bleibt. Sich prostituierende Medien, gewissenlose Eliten und unfähige, überforderte Eltern tragen unaufhörlich dazu bei, dass dies auch weiterhin so bleiben wird. In einer Welt, in der Religion, Werte und Ideale nur eine untergeordnete Rolle spielen, stattdessen Spaß und Selbstverwirklichung den Takt angeben, muss eine gewissenhafte Selbstprüfung des eigenen Lebens in der eigenen kleinen Welt stattfinden, will man wirklich dem Untergang (sofern ein Aufgang jemals stattgefunden hat) des Menschlichen trotzen. Und diese Auseinandersetzung, ist nicht im Irak, Afghanistan, oder irgendwo in der Ferne zu führen, sondern überall in dieser Welt im eigenen alltäglichen kleinen Haushalt – von jedem(!) einzelnen von uns, denn sie ist es, die schließlich Menschen aus uns macht indem sie unserer Identität einen Sinn gibt!

Paolo 20.9.04 17:16