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The Fog of War

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DER MASTER OF DESASTER Dietmar Kesten 19.10.04 16:57
DER WIDERSPRUCH IN DEN DINGEN Dietmar Kesten 20.10.04 16:52

THE FOG OF WAR

DER MASTER OF DESASTER

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 19. OKTOBER 2004.

Robert McNAMARA war einer der entscheidendsten und
einflussreichsten Interpreten amerikanischer Innen- und Außenpolitik.
während des zweiten Weltkrieges, des kalten Krieges (Kuba-Krise)
und der Vietnamintervention.
Er führte als Verteidigungsminister sein Land fast in den Ruin.
Und er ließ es zu, dass die Wirtschaft zerfiel, die Führung
handlungsunfähig wurde.
Unter McNAMARA nahm das lebensbedrohende Wettrüsten
einen entscheidenden Anfang, die Militarisierung der amerikanischen
Wirtschaft hält bis heute unvermindert an, was er sich als
Verdienst (oder als Orden!) an die Brust heften mag.
Die Einmischung in die Belange fremder Staaten basierte auch
auf der Grundlage seiner katastrophalen Fehleinschätzungen.
Sie reichten von Vietnam, über den Mittleren Osten bis zu
den Mittelamerikanischen Staaten.

Umso sehr ist man verwundert, dass McNAMARA im Interview
einen rein parteipolitischen Eindruck hinterlässt.
Das System der gegenseitigen Kontrolle (Fragestellung und
Antwort) lässt ihn wie ein Hinterweltler aus Arkansas aussehen,
der soeben erfuhr, dass seine Rinder an einem Zaun verendeten.
Dass McNAMARA so tut, als sei die USA in alle Konflikte
hineingeschlittert, ist eine Verhöhnung aller Opfer, die auch auf
sein Konto gehen.
William FULBRIGHT, der dem USA Senat als Demokrat
(1945-1974) angehörte, schrieb über ihn:
„Ich dachte, man dürfe darauf vertrauen, von ihnen die Wahrheit
zu erfahren, wenn sie einem auch vielleicht nicht die ganze
Wahrheit sagten. Aber ich war naiv.
Durch die falsche Darstellung der Affäre im Golf von Tonkin
gelang es, nicht nur dem Auswärtigen Ausschuss und mich,
sondern das ganze Land zu täuschen.“ (William FULBRIGHT:
„Wahn der Macht. US-Politik seit 1945“).

Hier im Interview tritt er eigentlich nur als großer
Debattenredner auf, als durchaus begabter Repräsentant
einer Kunstform, die im Niedergang begriffen ist. Und er hält
am altmodischen Glauben fest, dass man durch eine
weinerliche Selbstkritik das Blut, was an ihm klebt, abwischen
kann.
Verbrechen, auch seine, kann man nicht ungeschehen machen.
McNAMARA war Kriegsfanatiker. Seine begangenen
Rechtsbrüche überwiegen. Seine Politik bestand darin,
den öffentlichen Widerstand gegen den Krieg in Amerika
mundtot zu machen.
Die Administrationen, für die er tätig war (John F. KENNEDY
und Lyndon B. JOHNSON) praktizierten stets
eine raffinierte Art von Manipulation, die er, um die
Öffentlichkeit zu erreichen, gekonnt umsetzte.

Kurz: McNAMARA war total loyal den Präsidenten gegenüber.
Das Streben nach Vorherrschaft gipfelte in seiner Eitelkeit,
die er als Überzeugung, dass seine eigenen
Wertevorstellungen allgemeingültig seien, vermitteln will.
Das Ergebnis: Es gibt keine größere politische Torheit
als den Versuch, die Geister der Vergangenheit zu
beschwören und sie der sich widerstrebenden Welt
aufzuzwängen.
Schuld verjährt nicht. Schuld bleibt. Sie lässt sich nicht
tilgen, oder wie Fremdwährung ablösen.
Sind die Opfer nicht tot, werden sie mundtot gemacht.
Seine Taten gleichen Hieroglyphen, die ihre Augen
aufschlagen, wenn sie in der Zeit zurückblicken.
Sie beginnen wie Gespenster um Mitternacht ihre Glieder
zu schütteln, zu bewegen. Inmitten seiner Heuchelei
findet immer eine Geisterstunde statt.
Es ist die Stunde jener Toten, die nicht zur Ruhe kommen,
weil das Unrecht, dass man an ihnen beging, niemals
eingelöst werden kann.

Fazit: Die Tendenz, in den Verhaltensmustern
der Vergangenheit zu verharren, ist jenseits
aller Vernunft. Schon reicht es nicht mehr,
Fehler als Fehler zu benennen.
Es käme darauf an, Perspektiven und Einsichten
zu gewinnen, wie man es besser machen kann.
Der Interviewheld nimmt jedoch nur das Recht
für sich in Anspruch, weiter zu lügen.

Dietmar Kesten 19.10.04 16:57