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The Fog of War

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DER MASTER OF DESASTER Dietmar Kesten 19.10.04 16:57
DER WIDERSPRUCH IN DEN DINGEN Dietmar Kesten 20.10.04 16:52

DER WIDERSPRUCH IST ALLEN DINGEN GEMEINSAM

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 20. OKTOBER 2004.

Es gibt einige Merkwürdigkeiten in
„The Fog of War“, die nicht unerwähnt bleiben sollten.

a:) McNAMARA berichtet aus der Perspektive eines
Expolitikers. In dieser Rolle fühlt er sich offensichtlich
wohl. Er kann drauf losschwadronieren, wie es ihm
gefällt. Man mag das gedankliche Rationalisierung
nennen. Im Grunde wirkt er gar nicht aufklärend,
sondern verschleiernd.
Die Beispiele dafür sind die Phosphorangriffe auf
japanische Städte während des Zweiten Weltkrieges,
die Atombombenabwürfe auf Hiroshima (6. August 1945)
und Nagasaki (9. August 1945) mit bis zu
400. 000 Toten, die Intervention 1954 in Guatemala,
Mexiko, die Scharfmacherei während der Kuba-Krise
im Oktober 1962, die Eindämmungspolitik in Vietnam
in den 70er Jahren.
McNAMARAs Äußerungen können nur
als Absichtserklärung interpretiert werden; denn
er begegnet
b.) Den interventionistischen Tendenzen der USA
nicht kritisch genug. Er stellte ja Blankoschecks
für militärische Verstrickungen aus. Das nicht nur
so, sondern aus ideologischer Besessenheit.
So empörte er sich in den späten fünfziger Jahren
über die scheinheiligen Moralismen von Dulles
während eines Interviews.
Jetzt tut er so, als ob ihm seine extreme Ideologie
leid tut. Ich vergleiche das mit dem sehr gerne
postulierten Ausspruch von Politikern, dass dieses
oder jenes nicht so gemeint war. Sie hatten es
aber gesagt und durchgeführt, was den Unterschied
charakterisiert.
c.) Man kann sich nicht hinstellen und in Mitleid
machen; denn der Krieg fegt alle Sitten und Gebräuche
hinweg. McNAMARA hatte ihn an vorderster Front
sanktioniert.
d.) Eine ernsthafte Selbstkritik müsste heißen: bis an
die Wurzeln zu gehen, also radikal die Amtszeit
seiner (!) Präsidenten zu hinterfragen und seine eigene
Rolle rigoros zu beleuchten. Das konnte ich leider
nicht erkennen.
e.) Am widerlichsten war mir seine Bigotterie und
seine Selbstgerechtigkeit. Man kann es auch Heuchelei
nennen.
Ich erinnere an eine seiner Formulierungen, die er
in Bezug auf Vietnam gebrauchte. Es sei „unmoralisch“
gewesen. Hört sich das etwa nach einer Kontrastierung an?
f.) Er war nun mal in der Machtstruktur der Vereinigten
Staaten. Das war nicht irgendwo!
In seiner dominierende Stellung als politischer
Repräsentant des Staates ging es ihm nur darum,
den Status quo zu erhalten. Insofern ist es Demagogie,
wenn er sich als fehlgeleiteten Moralisten bezeichnet.
Sinnvolle Programme zur Verhinderung der Armut
in Amerika, oder zur Ächtung der Rassenpolitik der
US-Administrationen sind von ihm nicht bekannt.
g.) Mich beängstigt, dass McNAMARA so auftritt,
dass der Eindruck erweckt wird, man könnte von
ihm lernen, von seinen Fehlern, und vor allem
der fälschlichen US-Politik. Für zukünftige Generationen
bietet er sich als Saubermann an.
Das ist so, als wenn man in eine Märklin-Eisenbahn
einen 2 Meter großen Lokführer hineinstellt.
Beides geht nicht!
f.) Das Interviews lässt z. B. weiteren wesentliche
Ereignisse einfach aus.
Nehmen wir die Dominikanische Republik, Nicaragua,
Argentinien, Chile zu Beginn der 70er Jahre mit dem
Sturz Allendes, Angola, Äthiopien.
Hatte McNAMARA hier etwa eine Denkschwäche?
Er will keine Bomben mehr, aber er wirft mit diesen,
wenn er die Betroffenen als Opfer eines falschen
Systems bezeichnet.
g.) Für künftige Generation funktioniert das
nicht (mehr).
Es sei denn, man ist bereit, sich selber politisch
ernsthaft zu hinterfragen. Ich vermag das bei ihm
nicht zu erkennen.

Fazit: Er führt in die Irre weil er an die
Gutmenschlichkeit glaubt.
Diese jedoch ist im 21. Jahrhundert Träumerei und
Illusion geworden.

Dietmar Kesten 20.10.04 16:52