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The Woodsman

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Viel Raum für Interpretationen Fran 14.5.05 00:03

Vorab sei gesagt, dass Kevin Bacon eine für mich beachtliche Leistung als Schauspieler erbracht hat. Die von ihm gespielten Szenen wirkten größtenteils authentisch auf mich und er dürfte für "Laien" (die sich weniger mit dem Thema Missbrauch beschäftigen) nachvollziehbare Gefühlswelten durchlebt haben, die er der Rolle verlieh.

Dies ist aber auch das einzig Positive, was ich dem Film abgewinnen konnte.

Das Fazit, welches ich bereits zu Anfang des Films erkannte, ist das große Klischee, dass ein Missbrauch ohne Vergewaltigung keine groß nennenswerte Gewalt darstellt.
Passend dazu der methaphorische Ausspruch eines Mädchens im Film, dass kleine Vögel es gern hätten, wenn man sie beobachtet - nur Gewalt dürfe man ihnen nicht antun.

Ebenfalls fragwürdig die Reaktion der Freundin des Täters, die als Kind von ihren 3 Brüdern missbraucht wurde und glaubhaft "verkaufen" will, dass sie ihre Brüder trotzdem liebe und diese "anständige" Menschen geworden seien mit Frau und Kind.
Sie erkennt im Täter die sensible und liebenswürdige Seite und bleibt bei ihm.

Bestimmte Sequenzen des Film wirken verwirrend.
Einige Szenen werden bereits vorab als Phantasien des Täters gezeigt (völlig zusammenhanglos) und tauchen erst später im Film (allerdings verändert) wieder auf.

Letztendlich noch der Polizist, der anfangs alles daran setzt, dem Täter zuzusetzen und dann doch viel Spielraum für Interpretationen lässt, als er den Täter zum letzten Mal aufsucht und ihm mitteilt, dass ein anderer Mann bei einer Überprüfung als Pädo entlarvt wurde, nachdem er zusammengeschlagen vor dem Haus des Täters gefunden wurde.
Das der Polizist weiß/vermutet, dass der Täter den anderen zusammengeschlagen hat, lässt er durch Mimik und Gestik durchblicken - nichts weiter geschieht.

Dem Zuschauer soll es wohl leicht gemacht werden, hinter dem Täter den Menschen zu erkennen, der so gern anders wäre aber nicht kann.
Der Film wertet nicht offen und lässt viele Freiräume für Interpretationen. Gleichzeitig vermeidet der Film jedoch auch, eindeutig Stellung zu beziehen und die Realität der Betroffenen bleibt völlig unerwähnt.

Zwei Szenen beschäftigen mich allerdings besonders.

1. Der Täter erzählt, dass er den Kindern nie Gewalt angetan hat. Er beobachtet jedoch einen anderen Pädo und führt auch darüber Tagebuch in welches er schreibt, dass der andere es irgendwann schaffen wird, einen Jungen in sein Auto zu locken - und dann folgt der Satz: "der Junge würde dies dann aber wollen (das Einsteigen) - alles andere wird wieder offengelassen.

2. Der Täter missbrauchte Mädchen so, dass er sie sich bekleidet auf den Schoß setzte.
Eine Schlusssequenz des Films zeigt, wie er sich seine Freundin in gleichem Maße auf den Schoß setzt und dabei nicht von ihr berührt werden will - sie soll einfach hinnehmen, was sie dann auch tut.
Darauf folgt keine Reaktion von ihr.
Der Zuschauer kann nun wieder frei interpretieren, ob der Täter es schafft, seinen Trieb so auszuleben - mittels der Simulation mit der erwachsenen Freundin, oder ob er erneut Täter wird.

Fran (Homepage) 14.5.05 00:03