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Ultranova

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Die Coolness des Authentischen
von Ansgar Thiele

In der weiten belgischen Landschaft liegt ein Auto auf seinem Dach. Ein junger Mann steigt aus, bleibt stehen. Dimitri verkauft schlüsselfertige Häuser. Szenen seines Alltags werden locker aneinander gefügt, seines Arbeitsalltags, einer Freundschaft, die sich zwischen ihm und Cathy, einer im gleichen Gewerbegebiet arbeitenden jungen Frau anbahnt. Diese Szenen werden kaum kausal verknüpft. Die Vergangenheit der Figuren scheint nur selten auf. Was in ihnen vorgeht, bleibt erfreulich vage. Ihre – meist eher unverbindlichen – Beziehungen sind genau beobachtet. Bindungsscheu und scheiternde Kommunikation sind zentrale Themen, auch die Verletzungen, die sozialer Umgang bedingt. Der Regisseur hat die Protagonisten seines Films mit Sternen verglichen, deren Wärme man erst lange, nachdem sie als Supernoven implodiert sind, wahrnimmt.

Der Film ist in der Region um Liège gedreht – Dardenne-country, wenn man so will. Und die Tradition des jüngeren belgo-französischen Sozialrealismus ist im ersten Langfilm des belgischen Regisseurs, Schauspielers, TV-Kabarettisten, Festivalleiters und Malers Bouli Lanners sehr präsent. Detaillierte Evokation banaler Realitäten geht dabei, wie in den Filmen Jean-Pierre und Luc Dardennes oder Bruno Dumonts, mit ausgefeilter Mise en scène einher. Jede der oft langen, statischen Einstellungen ist extrem sorgfältig komponiert (einer der Höhepunkte: das seitliche frühe Morgenlicht in der Szene, als Dimitri neben Cathy übernachtet). Dazu der feine Elektro-Soundtrack von Jarby McCoy. Wenn Ultranova weniger rau ausfällt als etwa der jüngst angelaufene L’enfant, weniger auf emotional unmittelbare Wirkung setzt, so gelingt es ihm statt dessen, Authentizität mit Coolness zu verbinden.