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Der Untergang

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Russische Massenvergewaltigungen... Thomas G. 1.10.04 21:07
Russische Massenvergewaltigungen... 16.10.04 12:36
Russische Massenvergewaltigungen... egal 2.10.04 15:29
Russische Massenvergewaltigungen... corinna 4.10.04 00:26
@ corinna Steven kram 9.10.04 13:27
@ corinna Joringel von Amulunc 18.10.04 08:53
@ corinna 20.10.04 22:41
Russische Massenvergewaltigungen... egal 8.10.04 20:52
Russische Massenvergewaltigungen... Dietmar Kesten 4.10.04 16:14
Russische Massenvergewaltigungen... Dietmar Kesten 2.10.04 10:35
Ihr seid schon seltsam a.p. 10.10.04 17:36
Ihr seid schon seltsam Dietmar Kesten 11.10.04 13:25
DER UNTERGANG - EINIGE MERKWÜRDIGKEITEN Dietmar Kesten 12.10.04 17:26
Selbstdarstellung katja 19.10.04 10:30
Selbstdarstellung Dietmar Kesten 21.10.04 17:14
Selbstdarstellung Dietmar Kesten 21.10.04 16:15
Selbstdarstellung steven kram 22.10.04 12:34
Selbstdarstellung Dietmar Kesten 23.10.04 10:48

Thomas G. schrieb:

» ....auch das gehörte zum Untergang Berlins !
»
» Was mich an diesem Film, welcher ja die letzten
» Tage Berlins im April|Mai 1945 darstellen soll,
» stört, ist folgendes: warum kommen die russischen
» Soldaten, so locker ungestraft davon ? Ist alles
» schon vergessen ? Die Massenvergewaltigungen
» Berliner Mädchen und Frauen - von der Schülerin (!)
» bis zur Greisin (!)durch sowjetische Soldaten,
» welche teils auf unmenschlichste Weise (Genickschuß
» nach der Schändung !), geradezu viehisch mißbraucht
» wurden ! Ermutigt wurden die russischen Soldaten
» (ganz offizell durch Flugblätter) durch die Parolen
» von Ilja Ehrenburg - (Zitat: |"Brecht den
» Rassehochmut der germanischen Frauen, nehmt sie
» euch als rechtmäßige Beute !|")! Davon wurde in
» diesem Film leider nichts erwähnt. Es waren für die
» betroffenen Frauen Tage namenlosen Grauens und
» Entsetzens !Ich kenne selbst eine alte Berlinerin,
» welche diese Schreckenstage erlebt hat, und noch
» heute hat sie Alpträume und sieht Rotarmisten,
» welche betrunken über sie herfallen.
» Leider hat Herr Eichinger "vergessen", dies in dem
» Film "Der Untergang" zu erwähnen...Warum ?


Natürlich lässt der Film viele Fragen offen.
Dazu habe ich mich bereits mit einigen Anmerkungen,
die gegen den Strich gebürstet sind, zu Worte gemeldet.
Es kann nicht bestritten werden, dass Teile der Rote Armee sich nicht gerade bolschewistische während der
letzten Kriegsmonate verhalten haben.
Das ist jedoch sehr vorsichtig zu formulieren, weil mam
sonst leicht in eine rechte Ecke gestellt werden kann.
Wenn Sie Jörg Friedrichs Buch "Der Brand. Deutschland
im Bomberkrieg 1940-1945" zur Hand nehmen, stellen Sie
fest, dass dort der Versuch unternommen wurde,
den Krieg als Bestie darzustellen, der niemanden und
keine Seite verschonte.
Das Buch hat unter Historikern deshalb für Aufsehen
gesorgt, weil man meinte die Deutschen als "Opfer"
darstellen zu müssen. Ob dem so ist, müssen Sie
selber nachlesen.
Die Angriffe der Alliierten auf Dresden und Berlin,
oder auf Teile der Großstädte des Ruhrgebietes, die
sich auch auf gegen die Zivilbevölkerung richteten,
müssen für Irritationen bei der Befreiung
Deutschlands sorgen. Auch das muss gewichtet werden,
weil gerade in linken Kreisen diese Termine als
revanchistische Positionen ausgelegt werden können.

Ernst Nolte hatte einst in seinem Werk
"Der europäische Bürgerkrieg 1917-1945. Nationalsozialismus und Bolschewismus" ausgeführt,
dass "mit der Machtübernahme der NSDAP auch die
antibolschewistische Bürgerkriegspartei 1933
auch in der Mitte Europas zur Herrschaft kam... Da die Feindschaft nicht als Schein verstanden wird, und dem Bolschewismus die Priorität zukommt, erhält das
Totalitarismuskonzept die historisch-genetische
Dimension, die ihm bisher fehlte. Es geht darum,
beide Phänomene so weit wie möglich verstehbar zu
machen und damit zu historisieren."
Noltes Werk erschien 1987. In diese Zeit fällt auch der
sog. "Historikerstreik", an dem sich eigentlich
alle nahmhaften deutschen Historiker beteiligt
hatten. Ein endgültiges Ergebnis ist schwer zu
formulieren, da viele Einzelergebnisse noch ausstehen.
Ausserdem würde es hier zu weit führen, "filmz.de"
zu einem Forum machen zu wollen, wo man sich im
Pro und Kontra übt.

Courtois, Werth und andere haben im "Schwarzbuch
Kommunismus" die "grausige Bilanz des Kommunismus",
wie sie schreiben, auf runden 900 Seiten untersucht.
Daraus könnte ich gleich den Artikel von
Nicolas Werth "Ein Staat gegen sein Volk"
empfehlen.
Die Kehrseite des Sieges wird man immer am besten
dadurch erfahren, wenn man die Dissidentenliteratur
liest, die voll von diesen Ungereimhtheiten
der angeblich bolschewistischen Freiheit ist.

Der Film "Der Untergang" ist auch aus diesem
Grunde äußerst plakativ.
Das Hitler-Bild ist subjektiv wie es nur subjektiv sein kann.
Er ist Action und romantischer Kitsch, wobei er stark in die Nähe einer Soap kommt, oder besser: Dikusoap.
Hier werden fein säuberlich Hitlergegner und
Hitlerbeführworter in Kategorien eingeteilt, an denen
sich auch filmisch die Geister scheiden sollen.
Das Grauen ist inszeniert, obwohl man es nicht
inszenieren kann. Man kann es nur problematisieren
(siehe etwa "Schindlers Liste" von Spielberg).

Nur die Wiederholung scheint erschüttern zu wirken
Harfouch als Frau Goebbels kommt groß ins Bild
als sie ihren Kindern die Giftkapseln gibt).
Hier z. B. wird die ganze Fragwürdigkeit eines
solchen Filmes deutlich.
Er spielt mit der Tränendrüse, was ich nur
als kalkuliert bezeichne.
Der Eindruck könnte erweckt werden, dass das Mitleid
auch Frau Goebbels gilt. Zur Wahrheit trägt keines
dieser Bilder bei. Man singt die "Blauen Dragoner,
sie reiten."
Mit der Giftkapsel-Szene ist das hier falsch verstandene Rührung. Und sie erweckt eine falsch verstandene Liebe, die es hier nicht gibt.

"Der Untergang" arbeitet eben mit den Tricks, die man aus diesem Geschäft kennt.
Die Authenzitität wird aus historischem Filmmaterial
und Fotos genommen.
Es wird also suggeriert, dass so ausgesehen haben
müsste.
Aber es gibt reihenweise dokumentarische Filmaufnahmen
aus den letzten Tagen Berlins.
Eichinger und Hirschbiegel haben darauf verzichtet.
Warum?
Während "draußen" die Rote-Armee vorrückt, feiert man
"drinnen" unter Leander "Ich weiß es wird einmal ein
Wunder geschehn" den "Untergang" mit Alkohol und
Tanz.
So sieht also ein Untergang aus. Hat er wirklich so
ausgesehen?
Die Filmmusik begleitet Hitler und Eva Braun in den
Tod. Unerträglich.

Unerträglich ist auch Traudl Junge.
Man erinnert sich gerne an den Spruch: "Ich war jung
und brauchte das Geld."
Sie ist aber wie Speer, Sympathieträgerin.
Auf sie schaut man, die zweifelnde, die unerkannt
der Roten Armee entkommt.
All das ist eine gefährliche Verharmlosung und eine
mehr alszu positive Darstellung der Kriegswirren und
der leltzten Kriegstage in Berlin.

Die Suggestion der Bilder beherrscht uns.
Da wir fast jedes Drama als einen Teil von uns
nachempfinden, stecken wir mit beiden Füßen
auch im "Untergang".
Denn was sollen unbedarfe, vor allem junge
Menschen aus diesem Film herauslesen können
Film herauslesen können. Vielleicht: es gab gute
und schlechte in der Nazizeit.
Dann hätten Eichinger und Hirschbiegel ihr Ziel
erreicht.
Sollte man aber die Gefährlichkeit der Bilder
untersuchen, dann bleiben auch die geputzten
Nazis im Gedächtnis haften.
Es bleibt auch im Gedächtnis, dass die Juden
nur in der Stenografie vorkommen (Filmszene:
Hitler diktiert Maria Lara sein Testament).
Hier könnte man vieles anmerken: den Schnitt,
als von den Juden gesprochen wird, Marias
Augenaufschlag, die Verfremdung, die hier
einsetzt, das unbekümmerte Weiterschreiben.
Sie scheinen hier nur imaginär vorzukommen.

Übel fällt auch auf, dass die dargestellten
Personen nicht in das historische Umfeld des
Dritten Reiches eingeordnet werden.
Der Filmbesucher muss sich mühsam, falls er sich
nach dem Kinogang noch dafür interessiert,
eine Biografie von Goebbels, Himmler, Speer,
Bormann, Göring, Eva Braun usw. mühsam
earbeiten.
Der Film ist glatt an der historischen
Wirklichkeit vorbei.
Dass Joachim C. Fest dem Film beste Noten
gegeben hat, ist umso betrüblicher, weil er nun
gerade in "Hitler" (Berlin 1973)den historischen
Bogen spann, der im Film auf die "kuchenverschlingende menschliche Ruine" (Anmerk. des Verfassers: damit ist Hitler gemeint, zitiert nach Fest: "Hitler")
reduziert wird.
Hier werden die Grenzen zwischen Warheit und Fiktion
verwischt.

Dietmar Kesten 2.10.04 10:35