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[ Archiv ] [ 2006-11 ]
Die Prädikate der Woche 8.11.06 16:01

Die  Filmbewertungsstelle hat die "Prädikate der Woche" bekanntgegeben. Hier die Bewertungen mit Begründungen:

FBW - Filmbewertungsstelle Wiesbaden- besonders wertvoll -

 Morgen, Findus, wird's was geben (Kinderfilm)
Eine vorweihnachtliche Überraschung ist diese liebevoll umgesetzte Zeichentrickversion eines Kinderbuchs des schwedischen Erfolgsautors Sven Nordqvist. Es gibt viel skurrile Alltagskomik und die Frage, ob der Weihnachtsmann denn wirklich kommt? All das wird gänzlich gewaltlos und kindgerecht inszeniert, ist gleichzeitig für Erwachsene interessant, dazu humorvoll und warmherzig.

 Children of Men (Spielfilm)
Wild, lyrisch, brutal, heftig und intensiv. Ein spannender Endzeit-Thriller mit Tiefgang, der viele Actionfilme blass aussehen lässt. Die langen, ungeschnittenen Plansequenzen sind auch filmisch ein wahrer Leckerbissen. Großbritannien im Jahr 2027, eine Welt ohne Kinder und ohne Zukunft - auch dies eine Vorweihnachts-Geschichte, die erschreckend nah und wahrscheinlich scheint.

 Der letzte Kuss (Spielfilm)
Jede Generation muss es neu erleiden und erfahren: Zu wissen, ob man angekommen ist, ob man zusammengehört und zusammen bleiben will und kann. Drehbuchautor Paul Haggis (L.A. Crash) gewinnt dem altbekannten Stoff neue, kluge und interessante Varianten ab. Inszenierung, Darsteller und ein vielfältiger Musiktrack machen den kunstvoll verzahnten Film zu einem Vergnügen - auch für über Dreißigjährige.

 Urmel aus dem Eis (Familienfilm)
Das Herzblut der Macher pocht in dieser kongenialen und munteren computer-animierten Umsetzung des Kinderbuch-Klassikers aus der Augsburger Puppenkiste. Tempo und Rhythmus entsprechen stets auch dem Bedürfnis sehr junger Zuschauer. Nichts wirkt aufgesetzt pädagogisch oder effekthascherisch. Und das Schönste daran: Auch erwachsene Begleiter können sich gut amüsiert an ihre eigenen Puppenkisten-Abenteuer erinnert fühlen. Urmeli, öff, öff...

 Paulas Geheimnis (Jugendfilm)
Dies ist wirklich ein Film für Kinder und Jugendliche. Er nimmt seine Zielgruppe ernst, unterhält bestens und ist für Mädchen wie Jungs interessant. Der elfjährigen Paula wird ihr Tagebuch gestohlen, der eher pummelige Mitschüler Toby hilft ihr bei der abenteuerlichen Suche. Weiße Ritter und Selbstbehauptung, Herkunftsunterschiede und Freundschaft sind die Themen des geschickt gebauten und absolut altersgerechten Films. Glänzend besetzt und inszeniert. (noch kein Verleih)

 Flags of Our Fathers (Spielfilm)
Heldendämmerung: Tief bewegt blieb die FBW-Jury den ganzen Abspann über sitzen. Clint Eastwood hat keinen gewöhnlichen Kriegsfilm gedreht. Die Rekonstruktion jenes berühmten Fotos der Flaggenhissung auf der Pazifikinsel Iwo Jima aus dem 2. Weltkrieg wird zu einer faszinierenden, erschütternden Auseinandersetzung mit Heldenkult und Legendenbildung und dem, was der Krieg in den Menschen anrichtet. Ein flammender Appell gegen alle Allüren, mit Krieg und Patriotismus Politik zu machen. George Bush wird das nicht gefallen.

 Der weiße Planet (Dokumentarfilm)
Eine Welt ohne Menschen, wild und groß, nur drei Monate hell und dann die Farben des Winters. In gewaltigen Bildern, perfekt und spannend montiert, sparsam im Kommentar und ganz ohne "menscheln" schweift der kühne Blick dieses monumentalen Films durch die Arktis. Tiere aller Lebensformen, Landschaften, Wetter, Jahreszeiten - unsere Welt ist schön und schützenswert.

 Die Queen (Spielfilm)
Ein Kronjuwel von Film mit dem Zeug zum Klassiker, der noch in 20 Jahren mit Witz und Geist funkeln wird, fesselnd, locker, ganz unangestrengt. Stephen Frears ist ein großer Wurf gelungen, ein wahrhaft königliches Meisterwerk, vergnüglich und spannend, scharfzüngig und leichtfüssig, berührend und emotional, traurig und lustig. Helen Mirren spielt die Rolle ihres Lebens als Queen Elisabeth II. Die Königin von England und der frischgebackene Premierminister Tony Blair in den Tagen des Unfalltodes von Lady Di, der "Königin der Herzen". Ein Film für Monarchisten und ebenso für alle, die immer schon die Königshäuser abschaffen wollten.

FBW - Filmbewertungsstelle Wiesbaden- wertvoll -

 Peer Gynt (Spielfilm)
Aktuelle Kraft und Wucht und Schönheit entfaltet das Bühnenstück von Henrik Ibsen aus dem Jahr 1867 in der filmisch wirkungsvollen Umsetzung von Uwe Janson. Ein hervorragendes, ja aufregend brillantes Darstellerensemble, eine sorgsame und phantasievolle Ausstattung, schönes Licht und eine sichere Inszenierung fesseln. Auch die Natur spielt sozusagen mit beim "Faust des Nordens", in dem der anklopfende Tod fragt: "Was steht auf dem Spiel, wenn es mit dir zu Ende geht?"

 Ludwigsburg - ein SchlossTRAUM
Was hat ein dreihundertjähriges Barockschloss denn zu erzählen? Verblüffend viel, das zeigt dieser originelle, kurzweilige, witzige Dokumentarfilm, der mit viel Elan und Esprit das Genre des Image-Filmes von Spinnweben und Glattlack befreit. Erfrischend respektlos und ironisch, gewagt und menschlich, einfühlsam und melancholisch sind Gestus und Ton. Gut gewählt sind die Interviewpartner. Dieses Schloss lebt. Es hat Geschichte und es hat Zukunft.

- Kurzfilme des Monats November 2006 - „besonders wertvoll“ -

 Calcutta Calling von André Hörmann.
16 Minuten Anschauungsunterricht über Globalisierung. Ein junger Inder mit Ambitionen, der Sportübertragungen im Fernsehen zappt, um seine Kunden in England oder USA "kennenzulernen", macht in einem Callcenter in Kalkutta weltweite Telefonakquise. "Schade, dass man sie nicht näher sieht, die Zuschauer", sagt er. Der Filmemacher André Hörmann schaut genau hin in seiner pointierten, interessant gestalteten Dokumentation.

"Funglasses" von Matthias Daenschel
Zweieinhalb Jahre Arbeit stecken in dieser rasant-vergnüglichen Reise durch die Welt des Sehens. Mit rosa Brillen sieht man besser, aber auch andere Brillenformen und Gläserfarben haben verblüffende Sichtweisen zur Folge. Mit Witz und Tempo werden Filmgrenres und Tricktechniken dekliniert. Eine glänzende Filmidee, elegant inszeniert.

 Sprößling von Anne Breymann.
Seine märchenhafte und zugleich erschreckende Wirkung bezieht der liebevoll gestaltete Knetfiguren-Film aus seiner Ernsthaftigkeit. Eine einsame Frau zieht ein Bausatz-Kind im Blumentopf groß, ins Bild gesetzt wird das als gefühlvolle Parabel. Welche Versuche werden Menschen in Zukunft unternehmen, um ihr Aussterben - oder auch nur die Einsamkeit - zu verhindern?

8.11.06 16:01