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Syriana

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SONDERBAR Dietmar Kesten 25.2.06 10:25
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sogar äußerst sonderbar Dietmar Kesten 3.3.06 11:51
Die Crux des Films? Schade, die Versalien fehlen 4.3.06 21:38
Die Crux des Films? Dietmar Kesten 5.3.06 09:00
Die Crux des Films? Crux? Klimax? KNACKPUNKT ?? 6.3.06 03:09

SYRIANA

SONDERBAR

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 25. FEBRUAR 2006.

Es ist schon sonderbar, dass es Filme gibt, die den Anschein erwecken, politisch sein zu wollen, oder eine Programmatik zu entwickeln, die auf einen politischen
parteiischen Standpunkt hinauslaufen könnten. George CLOONEY hat freimütig zu „Syriana“ zu Protokoll gegeben, dass „wir ein Ziel brauchen“, wie es unter Kennedy formuliert wurde: “In zehn Jahren werden wir auf dem Mond sein. Heute müsste es heißen. In zehn Jahren haben wir Motoren, die nicht auf Öl angewiesen sind. Dann würde die Opec nicht länger unsere Wirtschaft kontrollieren und es müsste kein Land mehr bombardiert werden.“ (zitiert nach: WAZ, 23. Februar 2006)

Über eine gewisse Blauäugigkeit des Herrn CLOONEY soll kein Disput geführt werden. Er hat aber umrissen, womit er sich politisch auseinandersetzt. Eine ähnliche Auseinandersetzung in den Mittelpunkt stellen, das will auch „Syriana“. Ein Netzwerk aus Politik, Wirtschaft, Nachrichtendiensten und Terrororganisationen sind in dubiose Geschäfte ums Öl verwickelt. Intrigen und Korruption verschärfen den Konflikt. Der ehemalige CIA Agent Robert Bear (George CLOONEY) verstrickt sich dabei in das böse Spiel ums Öl und soll helfen, einen unbequem gewordenen arabischen Ölmagnaten auszuschalten.

Stephan GAGHAN („Traffic“, 2000, „Rules - Sekunden der Entscheidung“, 2000, “Alamo - Der Traum, das Schicksal, die Legende”, 2003) kehrt wieder zu parallelen
Handlungssträngen wie in „Traffic“ zurück und erzählt aus verschiedenen Perspektiven. Was sich einmal bewährt hat, bleibt nicht immer gut, was einmal von Erfolg gekrönt war, bleibt nicht immer auf der Erfolgsspur. Und was einmal aussagekräftig war, ist nicht immer so. Selbst dann nicht, wenn provozierende Fragen aufgeworfen werden, oder wie bei „Syriana“ im Vorfeld von einem „politischen Thriller“ und von CLOONEY als einem „engagierten Politfilmer“ geredet wird.

„Syriana“ ist ein Beispiel dafür, was heute den Kinokritiker antreibt. Von seinem Wohlwollen hängt es ab, ob ein Film durchfällt oder nicht, wie er ihn bewertet, ob er ihn empfiehlt oder zerreißt. Anders würden sich wohl kaum Filme in der Welt verkaufen lassen können. Und niemand würde sie sehen wollen. Der Filmrezensent, der sich immer auf einem schmalen Grat bewegt, wird vielleicht so ungewollt sogar zum Zuträger von Filmverleihen, Filmgesellschaften und Produktionsfirmen. Das hat zur Folge, dass er auf ein objektive - filmisch und kulturelles Erbe insistiert und doch nur in der eigenen Subjektivität dümpelt.

Der Film „Syriana“ will ein emotional anrührender Polit -Thriller sein. Doch ist er das?
Der Kampf ums Öl, Aufhänger für zahlreiche Filme, das ist das Thema seit den Irak – Kriegen, in der Presse, am Stammtisch, im Fernsehen. Überall wo der Konsens mit den Ölländern im politischen Diskurs beschworen wird, klingt auch der Unterton mit, dass man sich nicht länger einer Kommandowirtschaft unterwerfen will. Und dass kein Krieg mehr um den begehrten Rohstoff geführt wird. Hier schießen sich rechte und linke Kritiker übrigens gemeinsam und gerne auf die USA ein, die diese Verhältnisse erst hervorgebracht hätten. Und dass dieser „amerikanische Geist“ einer Sekte gleicht, die scheinbar kollektiv inkarniert.

Dass die Ölwelt korrupt ist, ein verschlungenes System, in dem ein Rädchen nach dem anderen greift, ist eine Binsenweisheit. Dennoch sind Regisseure im Film auf die große Verschwörung aus, an die völlig unmotiviert Schicksale geknüpft werden. Man sieht es an „Syriana“. Zum Marktforscher Bryan Woodman (Matt DAMON) gesellt sich der Wirtschaftsanwalt Bennett Holiday (Jeffrey WRIGHT), ein arabischer Prinz (Alexander SIDDIG), der kommende Selbstmordattentäter Mazhar MUZIR und CLOONEY als undurchsichtiger CIA - Mann, der überall auf der Welt zu Hause ist, sich immer an anderen Orten zeigt, der Prinz Nasir, der natürlich zum aufstrebenden und reformwilligen Menschen wird und seit langem die böswillige Verstrickung ahnt, und der Anwalt Dean Whiting (Christopher PLUMMER), der mit sorgenvoller Mine die zur Prüfung anstehenden Verträge in Augenschein nimmt und schmutzige Wäsche waschen muss.

Dass mit „München“ (Regie Steven SPIELBERG, 2005) gleich wieder eine Reihe von vermeintlich politischen Filmen in die Kinos gekommen ist, verwundert indes nicht. Auffallend ist, dass der Anstrich „Politfilm“ dazu benutzt wird, unterschwellig Propaganda zu machen. Hier gegen die USA, dort gegen die GUS - Staaten, hier für „wahre Demokratie“, dort gegen die Ölgesellschaften, gegen Korruption, politische Verstrickung und Wirtschaftsmacht. Und am Ende ist alles so feurig, dass vor lauter Detonationen vergessen wird, dass diese Filme nun gar nichts mehr erklären oder erklären wollen.

„Syriana“ ist geradezu ein Beispiel dafür, dass er dort versagt, wenn es darum geht, die Zusammenhänge des globalen Wildwuchses zu erklären, globale Barbarisierungsprozesse als das, was sie sind zu bezeichnen: eine Kultur des Raubes und des Mords, wobei der „Kampf ums Öl“ eine von vielen Schlachten ist. Und wahrlich nicht die unmittelbar wesentliche. „Syriana“ ist Vulgärökonomie, wenn er darauf beharrt, sich in diesem diskurspolitischen Kontext bewegen zu wollen. Die Welt wird nicht am Öl hängen. Der Film tut aber so. Er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die inneren (verborgenen) Zusammenhänge von Produktionsagenten und Produktionsverhältnissen noch nicht einmal in Betracht gezogen zu haben. Ansonsten ist seine Befeuerung nur ein Griff in die Kiste der
alt bewährten Abenteuerfilme und der angesagten Action.

Fazit:

Ein gesellschaftlich wichtiges Thema wird wieder einmal durch Hollywoods Filmwolf gedreht. Damit wäre die Eingangsthese bestätigt: will ein Kritiker ehrlich sein, dann pfeift der auf die landläufige Meinung vom guten Politfilm, der zum Nachdenken anregen soll. So nebenbei fällt sehr negativ auf, dass wieder Araber generell Attentäter und Koranschulen Ausbildungslager für Terroristen sind. Das kann nicht verwundern; denn schließlich ist der Film ein amerikanischer.

Dietmar Kesten 25.2.06 10:25