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The New World

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EIN ERBAULICHER STOFF Dietmar Kesten 3.3.06 13:39
EIN ERBAULICHER STOFF? Joshua 4.3.06 17:40
EIN ERBAULICHER STOFF? Dietmar Kesten 5.3.06 08:50
EIN ERBAULICHER STOFF? Joshua 5.3.06 10:04
EIN ERBAULICHER STOFF? Dietmar Kesten 5.3.06 11:37
EIN ERBAULICHER STOFF? Joshua 5.3.06 12:15
EIN ERBAULICHER STOFF? Dietmar Kesten 5.3.06 14:38

Joshua schrieb:

» Nein, religiös bin ich nicht und denke hier auch
» nicht religiös - da müssen Sie sich keine Sorgen
» machen, dass sie mir zu nahe treten.
» Zum Ursprünglichen:
» Ich denke, dass Malick hier seinen Blick auf das
» Ursprüngliche richtet, das die Frage nach dem
» Ursprung immer fragt WIE etwas ist und WAS etwas
» ist. In einem seiner seltenen Interviews weist
» Malick genau darauf hin:
» "You hope that the picture will give the person
» looking at it a sense of things." (zitiert nach
» Morrison und Schur aus 'The Films of Terrence
» Malick' von 2003).
» Auch wenn man nicht behaupten kann, dass er einfach
» Philosophie oder Heideggers Denken im Film
» illustrativ umsetzt, so bewegt er sich sehr nahe an
» diesen Fragen nach dem Wesen der Dinge (nicht so
» sehr nach Seins-Fragen).
» Mit dem Vorwurf der Stereotypen meine ich etwas
» ganz bestimmtes und wichtiges: Sie beschreiben
» darin
» nicht den Film, sondern wie Sie den Film sehen.
» Genauer: Malicks Filme sind immer eine
» Herausforderung an den Betrachter ohne dass wir
» dies zwingend so wahrnehmen, und die
» Herausforderung die sich uns stellt fordert dass
» wir nicht den Film, sondern unser Verstehen vom
» Film überprüfen. Wenn man wie Herr Theweleit nicht
» genau hinsieht und sich auch nicht fragt, weshalb
» man glaubt, dass Malick nichts weiter als
» "Magazinfotografie" betreibt, dann bleibt man
» letztendlich an den eigenen Stereotypen hängen. Die
» bieten keinen Widerstand und erscheinen zudem
» sinnvoll.
» Das ist doch auch einer dr Gründe, weshalb Malick
» immer wieder und immer wieder auf die gleiche Weise
» Missverstanden wird.
»
» Das mit dem Hinweis auf die „ökologischen
» Katastrophen“ die Sie in "Der Schmale Grad" sehen
» und die sich auch in "The New World" fortsetzen
» sollen ist einfach nicht das Thema der Filme (auch
» wenn sie sich auf den ERSTEN Blick anzubieten
» scheinen - es lohnt einen ZWEITEN Blick darauf zu
» werfen). Das ist wirklich arg aus dem Kontext
» herausgerissen. Etwas anders sieht es mit der
» „Modernisierungsbewegung“ aus, aber hier müssten
» Sie etwas genauer werden damit deutlich wird was
» sie im Sinn haben.
» Zum einen Der Schmale Grad: Malick richtet sich
» hier (auch wenn er neben James Jones noch andere
» Bezüge nutzt so wie die Illiad, Also sprach
» Zarathustra, Fitzgeralds The Great Gatsby,
» Heidegger, John Steinbeck, Stephen Crane) nach dem
» Buch von Jones und es lohnt wirklich einmal dieses
» zu lesen und auch darauf zu achten wie Jones Natur
» auffasst:
» "When compared to the fact that he might very well
» be dead by this time tomorrow, whether he was
» courageous or not today was pointless, empty. When
» compared to the fact that he might be dead
» tomorrow, everything was pointless. [...] Whether
» he looked at a tree or not was pointless. It was
» pointless to the tree [...]." (Seite 121, James
» Jones The Thin Red Line).
» Dies hatte ich mit dem Begriff der
» "Gleichgültigkeit" der Natur im Sinn. Und dies
» setzt sich als Motiv, wenn auch thematisch
» verändert, auch in The New World fort.
»
» Ganz zum Schluss noch ein Hinweis auf Heidegger:
» Sie schreiben "Heidegger, der sowieso in Verruf
» gekommen ist, hat einen sehr eingrenzten Begriff
» einer Naturbeschreibung gehabt, um nicht zu sagen,
» einen unmaterialistischen Blick."
» Ich weiss zwar nicht, was Sie von Heidegger gelesen
» haben, denn das stimmt einfach nicht. Zum
» Naturbegriff finden Sie sehr gute Ansätze in der
» "Einführung in die Metaphysik", "Der Ursprung des
» Kunstwerkes" (hier erscheint die Natur als
» "eigenwüchsiges" und "zu nichts gedrängtes
» Seiendes" und damit dem Schellingschen Begriff der
» schaffenden anstelle der geschaffenen Natur sehr
» ähnlich) und in Bezug auf das angebliche Fehlen des
» materialistischen Blickes "Die Frage nach der
» Technik."
»
» Am Ende der Betrachtung dieses Filmes von Malick
» könnte
» man das Fazit ziehen, dass es nicht darum geht das
» Rätsel zu lösen, sondern das Rätsel zu sehen.
» Grüsse,
»
» Joshua


Ich glaube nicht, dass wir hier ohne die Einwilligung des Webmasters eine philosophische Diskussion führen können. Zuerst könnten wir uns jetzt gegenseitig gelesene- und nichtgelesene Heidegger Literatur um die Ohren schlagen. Gerade die „Einführung in die Metaphysik“ strotzt nur so von Ungereimtheiten. Z. B. die Trennung von „erster und zweiter“ Natur und seine Gedanken um das unreflektierte Dasein. „Eigenwüchsig“, wie Sie schreiben ist hier nur ein naturalistischer Blick, eine konservative Naturauffassung, eine Formkonstitution wie bei Kant. Der „Verruf“ Heideggers ist seit Farias bekannt. Dahinter kann man nicht mehr zurück. Ich bin sehr skeptisch geworden, was die Übernahme von Begriffen anbelangt, die seit seiner Rektoratsrede in einem anderen Licht gesehen werden müssen (Vgl.: Altwegg: Die Heidegger-Kontroverse).

Das „Wesen der Dinge“, die „Seins-Frage“ ist überdies im Film nicht stringent nachweisbar. Das ist ein umgekehrter „Schmaler Grat“ und ein aufgedrungenes Problem. Man sieht immer das, was verobjektiviert erscheint. Und die Objektwelt besteht darin, zu Transzendieren. Malick verlässt an diesem Punkt die objektive Wirklichkeit und ersetzt sie durch einen Naturbegriff mit extremer Verengung, der viel von einem göttlichen Demiurgen“ hat.

Allerdings stimmt es, dass man interpretiert. Es ist wie bei einem Kunstwerk. Man begibt sich auf die Reise. Selbst wenn die Betrachtung eines Gemäldes falsch sein sollte, bliebe nur der Erkenntnisweg des Betrachters. Hier findet er seine eigene Welt vor. Und das „Wesen der Dinge“ ist dann gar nicht mehr der Sinn dessen, was der Künstler zum Ausdruck bringen wollte.

Theweleit hat nichts anders gemacht, als den Film auf seine ursprüngliche Falschheit zurückzuführen. Und hinter Theleweit zurückzugehen, ist schwierig geworden. Einmal ganz abgesehen von der Geschichte um „Pocahontas“, dem naturellen „Liebesfilm“ in denaturierter Umwelt, scheint mir die Crux des Films drauf hinauszulaufen, den urplötzlichen Einbruch des kommenden kriegerischen Zustandes in die „Unberührbarkeit“ zu schildern. Das alleine wäre der (mögliche) Zugang zum Film. Und hier deckte er sich mit „The Thin Red Line“.

Die „ökologische Katastrophe“ ist ja nichts anderes als die Einbindung in die Modernisierungsschübe des Unteergangs. Denn die Landnahme durch die Briten zog ja den Kreuzzug von „Freiheit und Demokratie“ nach sich. Und es war ein militärisches Abenteuer, auf den ersten und auf den zweiten Blick. Das wiederum setzt voraus, dass man sich mit dem blindwütigen Fundamentalismus der Entnationalisierung des Einfalls beschäftigen müsste, den Theweleit benennt. Womit man bei der kruden Philosophie über „Pocahontas“ wäre.

Die Betrachtung des Films alleine löst gar nicht das Problem. Malick hat den Horizont umrissen. Und die Globalisierung hat ihn fortgeführt. Deswegen gibt es keine „Rätsel zu sehen“. Und gar nicht im Rahmen der Mystik und der Transzendenz. Es gibt nur den Weg: die Totalgeschichte der Gegenwart zu begreifen. Darin liegt die Möglichkeit, Malick etwas abzugewinnen.

Dietmar Kesten 5.3.06 11:37