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Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs

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Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs Dietmar Kesten 19.12.03 13:11
Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs Cub_744 7.1.04 02:35
Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs Bregolas 4.1.04 18:42
Beitrag verschoben Dietmar Kesten 26.12.03 15:28
Beitrag verschoben Dietmar Kesten 26.12.03 15:26
Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs Stefan Amolsch 23.12.03 18:39
Der Herr der Ringe - Die Rückkehr des Königs Dietmar Kesten 24.12.03 11:10

Stefan Amolsch schrieb:

» Dietmar Kesten schrieb:
»
» » DER HERR DER RINGE – DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS
» »
» » RÖCHELN FÜR DEN MARKT
» »
» » von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 19. 12. 2003.
» »
» » Die Figuren kann man mögen oder nicht. Wie im
» » Buch, so im Film. Die Fantasy- und Hysteriewille,
» » die zur Zeit durch die Kinos rast, ist allerdings
» » ein schlimmer Rückfall in die Trivialität des
» » Aufbruchskinos, als mit Sagen- und Ritterfilmen
» » ferne Weltgegenden über den Kinematograph ins
» » heimische Wohnzimmer geholt wurden: tröstlich,
» » verlogen, sentimental.
» »
» » Sauron und die Hobbits, den Ringträger Frodo
» » (Elija WOOD), den Zauberer Gandalf (Ian
» » McKELLEN), Legolas (Orlando BLOOM), Aragon (Viggo
» » MORTENSEN), Arwen (Liv TYLER), die Unfigur
» » Gollum, Ringgeister, Elben, Olifanten,
» » Flugsaurier, Riesenspinnen und anderes Untier,
» » die Orcs, Chroniken und Karten, Stammbäume, die
» » saubere Landschaft, die Story, die Kamera,
» » Filmschnitt, den Einsatz der Computertechnik und
» » die atemberaubenden Bilder- all das, und das
» » gewaltigste Werk der Filmgeschichte machen
» » allerdings noch keinen grandiosen Film aus.
» »
» » Die Handlung zu erzählen, macht keinen Sinn mehr.
» » Jeder kennt sie bereits: Saurons Armee steht vor
» » den Toren von Gondor- bereit zur entscheidenden
» » Schlacht um Mittelerde. Die Schicksale der
» » verstreuten Gefährten laufen in einem einzigen
» » Showdown zusammen. Jeder weiß, wie die Ring-Saga
» » endet. Spätestens seit der Berliner Uraufführung
» » ist sie kein Geheimnis mehr: der Ring ist
» » vernichtet im Feuer des Schicksalsberges. Ein
» » engstirniges Machwerk feiert nun einen scheinbar
» » weiteren Erfolg, und hieraus zieht sich das
» » Potenzial der Handlungsstränge, die mit der
» » Postmoderne assoziiert werden können.
» »
» » Der dritte Teil ist trotz aller perfekten Tricks
» » nur Effekthascherei. Zeigt er doch die völlige
» » Konstruiertheit der Geschichte. Er offenbart
» » nämlich zwangsläufig eine der Schwächen des
» » Regisseurs Peter JACKSON, die bereits in den
» » vorhergegangenen Teilen zum Makel wurden. JACKSON
» » lässt Gandalf sagen: „Du kannst nur entscheiden,
» » wie Du die Zeit nutzen willst, die Dir gegeben
» » ist!“ Die Tolkien Fan-Gemeinde wird zwar in Jubel
» » ausbrechen, und über diese Sätze genauso
» » hinwegsehen wie über die Knebelung der
» » Filmverträge, mit denen Warner die Kinos bei der
» » Stange hält. Wie im Film, so ist auch dort die
» » Kleingläubigkeit bereits angekommen. Und am Markt
» » ist sie derart fortgeschritten, dass diese
» » hilflose Kommunikationskost einen Höhepunkt nach
» » dem anderen erreicht.
» »
» » Der zentrale Satz Gandalfs, der die Ring-Sage
» » durchzieht, nährt bei näherer Betrachtung eine
» » Spirale der Verunsicherung. Schwört er doch auf
» » Wesenszüge und Charaktereigenschaften, die die
» » Moderne schon längst als Platzhalter in ihrem
» » System begreift, und die zur dunklen Seite der
» » Gesellschaft gehören, wie der kindliche Hobbit
» » Frodo Beutlin. Wer kann heute noch entscheiden,
» » „wie er seine Zeit nutzen will?“ Die
» » Niederganggeschichte der Zeit, die mit der
» » Selbstgenügsamkeit beginnt, und mit den
» » Bewegungsformen des Kapitalismus endet, führt
» » zwangsläufig zu einer kompletten Destabilisierung
» » des Subjekts und seines sog. ‚freien Willen’.
» » Eine individuelle Freiheit, wie sie der „Herr der
» » Ringe“ suggeriert, gibt es nicht. Vielleicht zu
» » Hause am Kaminfeuer, im heimischen ‚Auenland’,
» » oder bei der Ring-Anhängerschar.
» »
» » Doch nicht nur das macht die Fragwürdigkeit aus.
» » Der drohende Untergang im Film, die
» » transformierenden Bewegungen, die
» » Geistererscheinungen im Reich der Unwirklichkeit,
» » selbst die Ordnung zwischen Rassen,
» » Geschlechtern, Männern und den wenigen Frauen,
» » zeigen ein Bild, dass rein äußerlich an
» » Wesenszüge und Charaktereigenschaften der
» » ‚Rassen’ anknüpft. Für den Philosophen Etienne
» » BALIBAR bestehen darin die Grundlagen eines
» » „neuen Rassismus“. Zwar sollte man JACKSON nicht
» » unterstellen, dass er mit seiner Trilogie einer
» » ‚Rassengeschichte’ Vorschub leistet. Streng
» » genommen ist aber die Schroffheit des Films und
» » die rückwärts gewandte Ideologie, die sich in dem
» » Versuch niederschlägt, die ‚blaublütigen’ und
» » ‚tapferen’ Menschen kategorisch einzuteilen, und
» » sie fein säuberlich von den Untoten zu trennen,
» » leider nichts anderes als ein Rauchvorhang,
» » hinter dem sich die Endlosschleife des
» » ideologischen Mythos vom Endkampf im „Kampf der
» » Kulturen“ (HUTTINGTON) in einer Spirale stetig
» » entwickelt.
» »
» » Nur der Stärkere siegt, es gibt keine „Freiheit
» » ohne Opfer“, und kein „Sieg ohne Leid“. Wer genau
» » hinhört und hinsieht, erfährt wie der „Herr der
» » Ringe“ sich mit diesen Zitaten schmückt, und wie
» » er sich die Quintessenz des Lebens vorstellt.
» » Wird die ganze Pracht des schönen Scheins aus dem
» » Film herausgenommen, dann bleibt Block-Denken und
» » ein Kriegsbild übrig, in dem selbst eine
» » Totenarmee als Bündnispartner gewonnen werden
» » kann. Die zum Endkampf hochstilisierte
» » Erlösererkenntnis, dass das Schicksal eine
» » Kreisbewegung ist und bis zum Schluss auf
» » zauberische Weise im Gestrüpp der Betroffenheit
» » beeinflusst werden kann, spiegelt auf seltsame
» » Weise die Ereignisse nach dem 11. September 2001
» » wider. Diese Vergangenheit, die mit einem
» » (mythischen) Schlag der horizontfüllenden Armeen
» » gegen das vermeintliche Böse begonnen hatte, und
» » die mit der Wortgewaltigkeit von BUSH, RUMSFELD
» » und WOLFOWITZ schnurgerade in den Schlachtruf
» » gegen den Terrorismus einmündete, ist nicht nur
» » eine Parallele zum „Herrn der Ringe“.
» »
» » Der ‚flexible’ Kapitalismus mit seinen
» » kurzfristigen Arbeitsverhältnissen, mit der
» » stetigen Sucht, globale, multinationale und
» » nationale Konflikte auszulösen, trägt in sich den
» » Zerfall fester Orientierungs- und
» » Identitätsgrößen. Diese irrationale Verarbeitung
» » findet im „Herrn der Ringe“ seine Entsprechung.
» » Es ist der Mythos von den ‚Guten’ und den
» » ‚Schlechten’, die sich im Kampf gegenüberstehen.
» » Man könnte auch sagen: die von der
» » Wohlstandsgesellschaft ausgeschlossenen sind
» » vergiftet und todgefallen von Anfang an. Für sie
» » gibt es keine Rettung mehr. Wenn am Ende Gandalf
» » zu einer letzten Reise aufruft, dann ist das
» » keine Magie, sondern plumpe Geschichtsmetaphysik
» » und Sicherheitsheuchelei. Gerade in seiner Person
» » ist die längst vergangene Kraft der Filmindustrie
» » vereint, die noch einmal die ganze Herrlichkeit
» » der Verpuppung der ‚richtigen’ Männer als
» » Ultraanachronismus ins Leben zurückbeordern will,
» » so als ob sie noch den Boden von historischen
» » Realitäten unter den Füßen hätte.
» »
» » Fazit: Hier schließt sich der Ring-Kreis
» » schlussendlich. Sein plakativer Entwurf ist der
» » eines kleinbürgerlichen Glücks mit übertragener
» » Schrebergartenidylle. Die Mythen-Verkitschung
» » Tolkiens mit seiner Zwangsmoral ist ein Beispiel
» » dafür, wie sich das Bildergetriebe im Leerlauf
» » drehen kann, und die Macher auch noch Freude
» » empfinden, wenn vor aller Augen ein Feuerwerk aus
» » Effekten aufsteigt um dann restlos zu verglühen.
» » Der Beifall ist ihnen gewiss. Die gedrillten
» » Krieger, die nun wieder Zivilisten geworden sind,
» » und die im mattweißen Licht dafür mit mehr als
» » fragwürdigen Tugenden belohnt werden, haben das
» » vorzivilisatorische Grauen durch die originäre
» » Barbarei ersetzt. Am Vorabend neuer kriegerischer
» » Auseinandersetzungen auf der Welt, steht der
» » „Herr der Ringe“ für die mörderische
» » Irrationalität des modernen Staates. Doch es
» » kommt die Zeit, wo dieser zeitgenössische
» » Edelkitsch, unterlegt mit der Ideologie und den
» » Denkmustern der Warengesellschaft, in den
» » Archiven verstauben wird.
»
» Herr Kesten,
» ich weiß nicht ob sie blind sind, aber "Die
» Rückkehr des Königs" ist nichts andres als genial.
» Wenn sie mit Fantasy nichts am Hut haben, dann
» schauen sie sich doch bitte andere Filme an und
» verderben anderen Leuten nicht den Spaß!


Blind sind diejenigen, die nicht einsehen wollen,
wie wir im Zeitalter des Massenkonsums manipuliert
werden, und welche Botschaften Filme wie "Herr
der Ringe" vermitteln wollen. Ihn als einfachen Fantasy- oder Märchenfilm abzutun, gehört mit zu
den Legenden, die verbreitet werden. Das hat wenig
mit meiner individuellen Begeisterung fürs Kino zu
tun.
Nicht ich "verderbe Ihnen den Spass", sondern
diejenigen, die mit der zeitgenössischen Bilderflut
die ideologische und politische Indoktrination
in einem verschärften Masse vorantreiben.

Dietmar Kesten 24.12.03 11:10